Der Bunzlauer Pfarrer Paul Sauer (1892-1946)

Veröffentlicht von Peter Börner am

Ein vorbildlicher Seelsorger und ein Märtyrer der Nächstenliebe

Immer wieder ist in unseren Medien vom Versagen katholischer Geistlicher die Rede. Gänzlich unerwähnt bleibt oft, dass es zu allen Zeiten vorbildliche, ja bewundernswerte Priester gab und gibt, in denen der Geist des Christentums und die Sendung der Kirche hell aufleuchten.

Einer von ihnen war der Bunzlauer Priester Paul Sauer

Gedenktafel für den Märtyrerpriester Pfarrer Sauer im heutigen Jugendkulturhaus Bunzlau. Nach dem Krieg war das Gebäude in der Luther-Straße Dienststelle und Gefängnis des polnischen Geheimdienstes UB.

Paul Sauer wurde am 26. September 1892 in einer Bauernfamilie in Bielitz (Oberschlesien) geboren. 1921 wurde er in Breslau zum Priester geweiht. 1938 wurde er Stadtpfarrer an der Kirche St. Maria und Nikolaus in Bunzlau. Dort fiel er durch hohe Musikalität und eine schon damals wie selbstverständlich praktizierte ökumenische Einstellung auf. Die Einwohner Bunzlaus waren in deutscher Zeit zu 90% evangelisch. Aber Paul Sauer war ein Ökumeniker der Tat.

Bemerkenswert auch sein mutiges Verhalten in der NS-Zeit. Wegen „staatsabträglicher Bemerkungen“ kam er 1942 für drei Wochen in „Schutzhaft“. Ausländischen Zwangsarbeitern ermöglichte er entgegen den damaligen Vorschriften die Teilnahme an Sonntagsmessen.

Eine ganz neue Phase der Bewährung begann im Februar 1945. Pfarrer Sauer schützte bei Einmarsch der Russen die Kirche vor mutwilliger Zerstörung, gab verfolgten Frauen Zuflucht im Pfarrhaus und war ein unermüdlicher Seelsorger für alle in Bunzlau lebenden Menschen.

Die letzte und schwerste Bewährung kam 1946. Pfarrer Sauer hatte bei der „Caritas-Post“ mitgewirkt, einem unerlaubten Postdienst für Deutsche, die den Kontakt mit ihren geflohenen oder vertriebenen Angehörigen suchten. Am 30. April 1946 wurde er verhaftet und in das berüchtigte Gefängnis des polnischen Geheimdienstes UB in der Bunzlauer Luther-Straße eingeliefert. Man beschuldigte ihn, ein Rädelsführer einer angeblichen Untergrundorganisation „Freies Deutschland“ zu sein. Wie alle anderen Gefangenen wurde er brutal misshandelt. Dennoch hielt er in den ersten Wochen der Haft improvisierte Andachten für die Mitgefangenen: Gefangenen-Seelsorge eines gefangenen Seelsorgers! Am 24. Juni 1946 kurz nach seinem Silbernen Priesterjubiläum erlag er den Misshandlungen.

Nachwirkung: Die deutschen Bunzlauer haben ihn nie vergessen. 1988 errichtete man in Siegburg, Bunzlaus Patenstadt und Partnerstadt, einen Gedenkstein. Im Jahre 2004 fand im heutigen Bunzlau (Bolesławiec) eine internationale Tagung über Paul Sauer statt. Sein Grab wird von einer polnischen Familie gepflegt. 2014 konnte auf dem Gelände seines Leidens eine Gedenk-Stele errichtet werden.

Die Aufschrift erinnert nicht nur an seine Musikalität (siehe Abbildung!) und an seine ökumenische Wirksamkeit. Denn Pfarrer Paul Sauer war viel mehr als das:

Er war ein Seelsorger, der in einer sehr schwierigen historischen Situation unter Einsatz seines Lebens seine priesterliche Aufgabe wahrgenommen hat, ungeachtet von Konfession oder Nation.

Er hat Respekt, ja Verehrung verdient.

Kategorien: Persönlichkeiten