Bedeutende Bunzlauer Frauen
Eine Spurensuche mit Peter Börner am 17.04.2014 in Haus Schlesien im Siebengebirge
Sind bedeutende Personen aus Bunzlau nur männlich…?
Keineswegs. Bitte Überzeugen Sie sich selbst!
- Hier ist zum Beispiel Ursel Burghardt. Sie war eine tüchtige Mitarbeiterin der Bundesheimatgruppe (* 25. 10. 1921 in Bunzlau +10.8.2021 in Bonn)
- …und das ist Maria Siemianowski. Die Witwe des letzten deutschen Bunzlauer Bürgermeisters war die erste und langjährige und erfolgreiche Vorsitzende der Bundesheimatgruppe Bunzlau.
Gibt es / gab es auch Bunzlauerinnen von wirklich überregionaler Bedeutung?
Blicken wir zurück in die Geschichte:
Napoleonische Zeit in Bunzlau
- Rosalie von Bonin * 1781 Wiesau, Kreis Bunzlau +1841 Potsdam
Nach einer in Bunzlau gern erzählten Geschichte vollbrachte die tapfere Frau während der napoleonischen Kriege eine Heldentat. Sie war erst 26 Jahre alt, als sie zur Gefangennahme des französischen Generals Le Brun beitrug. Im Winter 1807 brach sie zum Herzog von Pleß auf, um ihn über die Möglichkeit der Eroberung einer französischen Kriegskasse zu informieren. Der Herzog teilte ihr 70 Reiter zu, unter dem Kommando der Offiziere Schrader und Fischer. Am 10. 02. 1807 – noch vor dem Eintreffen der französischen Truppen – kehrte sie nach Bunzlau zurück und nahm den in der Stadt weilenden General Le Brun gefangen, bei gleichzeitiger Beschlagnahme der sich bei ihm befindlichen Militärkasse mit 70 Tausend Talern. Das Flachrelief am Bunzlauer Rathaus zeigt diese Episode.
Nach dem Aufruf „An mein Volk“ vom I7. März 1813 sammelte sie Freiwillige, pflegte in Lazaretten und auf dem Schlachtfeld verwundete Soldaten und ließ am 7. Dezember 1813 eine Aufforderung an die „Brüder und Schwestern Schlesiens“ ergehen, beizusteuern zur Milderung des Elends unter den erkrankten Verteidigern des Vaterlandes. 1815 folgte die heldenhafte Frau den verbündeten Heeren bis Nantes und Paris. Sie starb am 27. Dezember 1841 in Potsdam.
1913 wurde ein Gedenktafel oberhalb des Bonin-Brunnens am Bunzlauer Rathaus eingeweiht. Sie besteht bis heute. Geschaffen wurde das Flachrelief von
- Jenny von Bary-Doussin * 14.04. 1874 in Bunzlau + 16.08. 1922 in München
Die begabte Bildhauerin war Tochter des wohlhabenden Bunzlauer Grundbesitzers und einflussreichen Kommunalpolitikers Etienne Doussin. Nach Abschluss eines Kunststudiums in Dresden führte sie eine eigene Werkstatt. Sie zog später nach Berlin und 1913 in die damalige Kunsthauptstadt München. Verheiratet war sie mit dem Neurologen Dr. Alfred Erwin Cajetan Maria von Bary. Er war einer der bedeutendsten Wagnertenöre des frühen 20. Jahrhunderts.
Sie wurde berühmt durch Brustbilder von bekannten Opernsängern und Komponisten, u.a. von Richard Wagner, die in den Opernhäusern in Hamburg, Braunschweig, Magdeburg zu bewundern waren. Die Kritiker begeisterte ihre Vielseitigkeit: Sie gestaltete Bronze-Abgüsse, die in leichter Form bezaubernde Jungfrauen und realistische Tierfiguren vorstellen, aber auch Steinbüsten und Grabdenkmäler nach antiken Mustern und große monumentale Flachreliefe in vereinfachten Formen.
Das zweite von ihr in Bunzlau erhaltenes Kunstwerk sind zwei Flachreliefe im Innenraum der Städtischen Badeanstalt. Dort sind ermüdete, erschöpfte Menschen solchen gegenübergestellt, die nach körperlicher Ertüchtigung im Bade erquickt sind und Vitalität und Lebensfreude ausstrahlen. Der nach dem Krieg entfernte deutsche Text auf einer Tafel zwischen den beiden Reliefs lautete: Kommt und eilet nach der Stätte, die ein Freund euch hat bereitet, daß nach herrlicher Erquickung krafterfüllt ihr weiterschreitet.“
Die Reliefe wurden im 1914-15 gebauten Badehallengebäude unterbracht, das aus der Stiftung der Witwe des Max Tämmer finanziert wurde. (daher Tämmer-Bad) Beim Entwerfen des Gebäudes berücksichtigte man die Bastei, die einst zum Stadtwehrsystem gehörte. Der Architekt verband den modernen Badekomplex, die mittelalterliche Bastei und das im Neo-Renaissance-Stil 1895 errichtete Gebäude des exklusiven Stadtbades zu einem harmonischen Ganzen.
- Wally Bardehle. Eine Bunzlauerin bekämpfte die Schleppe
In der Bunzlauer Heimatzeitung 7/1968 war Folgendes zu lesen, mitgeteilt von Dietmar Plate:
„Die Haute Couturiers um die Jahrhundertwende schufen Röcke mit langen Schleppen. Mancher Bunzlauer, der damals noch ein kleiner Junge war, erinnert sich noch daran, daß seine Mutter nicht sein Händchen nehmen konnte, weil sie beim Spaziergang mit der einen Hand den Sonnenschirm, mit der anderen die Schleppe halten mußte. Die Bunzlauerin Wally Bardehle wandte sich in aller Öffentlichkeit gegen die Schleppenmode und trat für den knöchelfreien Rock ein. Man hielt ihre Forderung für schamlos!“
Einen Bunzlauer, der diese Zeit miterlebte, hat die Erinnerung an die Tapfere, die sich gegen modischen Unsinn aufbäumte, zu folgendem Poem gereizt:
Daß man vernünftige Mode empfehle,
Verlangte in Bunzlau einst Wally Bardehle.
Sie wallte im Zorn, weil dort die verehrten
Damen mit Schleppen die Straßen kehrten.
Sie brachten nach Hause den Straßenstaub,
Im Herbst aus der Zeche das welke Laub.
So mutig war Wally, den Vorschlag zu wagen,
Die Röcke frei bis zum Knöchel zu tragen.
Sie ahnte nicht, daß später, nach Jahren,
Sogar die Waden zu sehen waren
Und dann die Knie, Und wann die Lenden?
O Wally Bardehle, wo soll das noch enden!
- Barbara Bartos-Höppner * 04.11.1923 in Eckersdorf / Kreis Bunzlau + 7. 7.2006 in Nottensdorf / Landkreis Stade
„Sie ist anspruchsvoll und unabhängig von Moden. Sie ist konzentriert, wartet ab, ehe sie spricht, sagt kein Wort zuviel. Sie wirkt zurückhaltend, aber sie besitzt eine Leidenschaft für jene, von denen sie schreibt und erzählt, die ihre Stimme so tönen lässt, dass es die Zuhörer bezaubert.“ So Sybil Gräfin Schönfeld über Barbara Bartos-Höppner in der Wochenzeitung DIE ZEIT.
Nach dem Schulbesuch im niederschlesischen Löwenberg und der Ausbildung und Geschäftsführung im elterlichen Hotel in Reichenbach bei Görlitz verschlug es sie in die Lüneburger Heide. Dort lernte sie ihren späteren Ehemann, den Großhandelskaufmann Christoph Bartos kennen. Später übersiedelte sie mit ihm nach Hamburg, wo ihr Sohn Burghard geboren wurde, der nach seinem Studium ebenfalls Schriftsteller wurde. 1959 zog sie mit ihrer Familie zunächst nach Buxtehude. 1969 fand sie ihre endgültige Bleibe in Nottensdorf an der Niederelbe. Hier lebte und arbeitete Barbara Bartos-Höppner in ihrem „Haus im Bärenwinkel“.
Barbara Bartos-Höppner gehörte zu den bekanntesten deutschen Jugendbuchautorinnen der Nachkriegszeit. Sie war auch Verfasserin großer historischer Romane. Sehr erfolgreich wurde sie mit der von ihr geschaffenen Kinderbuch-Figur Schnüpperle. 1970 wurde sie als erste deutsche Jugendbuchautorin in den PEN-Club aufgenommen. Ihre Geschichten fanden Einzug in viele Schulbücher. Sie wurde in achtzehn Sprachen übersetzt. 1978 erhielt sie den Friedrich Gerstäcker-Preis der Stadt Braunschweig, 1982 den Großen Preis der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur, 1999 das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse. Sie hat sich sehr für die Leseförderung an Schulen eingesetzt.
- Anna Bober-Tubaj. Eine bedeutende polnische Bunzlauerin * 24.05.1967 in Bunzlau / Boleslawiec
Besuch des Gymnasiums I LO Bolesławiec. 1986 -1992 Studium in Breslau, Bochum (Kunstgeschichte) und Krakau (Museumskunde). 1994 Magisterarbeit: Die Breslauer Villa Eichborn und ihre antiken Motive. Polnisch. 30 Ss. 1994 – 1996 Kunstlehrerin an Höheren Schulen in Bunzlau.
Seit 1995 Mitarbeit am Bunzlauer Keramikmuseum. 2001 Leiterin der Stadtgeschichtlichen Abteilung. – Seit 2002 Leiterin des Bunzlauer Stadtmuseums mit den Abteilungen Keramik und Stadtgeschichte. Viele Veröffentlichungen, hauptsächlich zur Geschichte Bunzlaus und seiner Umgebung sowie zur Bunzlauer Keramik: Zahlreiche Veröffentlichungen: u.a. zum Bunzlauer Dichter und Literaturtheoretiker Martin Opitz, zum Schlesischen Raubritter Schwarzer Christoph, zwei Bände „Bunzlau auf historischen Ansichtskarten“, ein ausgezeichnetes Buch über die Bunzlauer Keramik-Manufaktur Reinhold. Ausstellungen im In- und Ausland zur Bunzlauer Stadtgeschichte und zur Bunzlauer Keramik. Zusammenarbeit mit zahlreichen Institutionen u.a. dem Schlesischen Museum in Görlitz und der Bundesheimatgruppe Bunzlau in Siegburg.
- Das erste große gemeinsames Projekt mit der Heimatgruppe Bunzlau war die Sammlung und Ausstellung „Bunzlauer Stadtblatt“ 2007
- Anna Bober hat sich große Verdienste um die Dokumentation und Pflege des historischen deutschen Bunzlaus, seiner Stadtgeschichte und seiner Keramik erworben.
- Kurzinterview mit Anna Bober-Tubaj
Interessen und Hobbies?
Bunzlauer Keramik, Geschichte der Stadt Bolesławiec, Skilaufen, Tauchsport
Sympathie
für Menschen, die offenherzig, ernstlich sind und engagiert sind in das, was sie machen
Abneigung gegenüber … – Dummheit
Wichtig im Leben … –
Familie, Arbeit, heimatliche Stadt
Die Angaben zu den bedeutenden Bunzlauer Frauen verdanken wir großenteils der Fachbibliothek der Bundesheimatgruppe Bunzlau (jetzt im Besitz von Haus Schlesien) und dem Internet.