Aus dem Journal des Vorstands September 2024
Im letzten „Journal“ hatten wir ausführlich von Hans-Joachim Hoffmann berichtet, dem einzigen Bunzlauer, der es in der Nachkriegszeit bis zum Minister gebracht hatte. Er war von 1973 bis 1989 Kulturminister der DDR. Bemerkenswert ist aber auch: Das Interview, das er im Juni 1988 der FAZ gab, zeigte eine eigenständige Denkungsart, die beim westdeutschen Journalisten Erstaunen und bei den Partei-Dogmatikern massive Kritik auslöste. Uns erscheint noch eine dritte wenig bekannte Tatsache von Bedeutung: die in der DDR von Hoffmann maßgeblich mitverantwortete, nach außen sehr wohl sichtbare „Pflege des Nationalen Kulturerbes“. Wir veranschaulichten das durch drei Beispiele mit Bezug auf Schlesien und auf Bunzlau (S.28 oben), die im Layout allerdings etwas „verrutscht“ waren: Die Angabe Liebevoll gestalteter Eichendorff-Gedächtnis-Block der Deutschen Post der DDR auf S. 27gehört zum Bild S. 28, und die Erläuterung Ausschnitt aus der 832-seitigen „Kurze(n) Geschichte der deutschen Literatur, (Ost-) Berlin 1981 sollte direkt unter dem Zitat S. 27 links oben stehen.
Bemerkenswert hierbei: Die DDR-Literaturgeschichte spricht ganz selbstverständlich von „Schloß Lubowitz bei Ratibor“, von „der oberschlesischen Landschaft“ und dass Eichendorff in „Neiße“ (korrekt wäre: Neisse) starb.
Dagegen tun sich unsere Siegburger Paten bei öffentlichen Verlautbarungen mit diesen deutschen Ortsbezeichnungen nach wie vor schwer, zuletzt bei der Partnerschaftsfeier „60 Jahre Siegburg-Nogent / Frankreich“ im Rahmen des diesjährigen Stadtfests, bei der eine Abordnung aus „Boleslawiec“ begrüßt wurde.
Peter Börner, als Vertreter der Bundesheimatgruppe gleichfalls Gast der Veranstaltung, nutzte die Gelegenheit, um mit Bürgermeister Piotr Roman und seiner Mitarbeiterin Agnieszka Gergont zu sprechen. Beide sind ja langjährige Bekannte der Heimatgruppe.
Am Rande der Veranstaltung stellte sich heraus: Bürgermeister Roman hat keine Probleme, dass wir Deutschen in deutschen Texten die deutschen Ortsnamen verwenden.
Unsere sommerliche Gruppenfahrt nach Bunzlau kam bekanntlich nicht zustande. Aber wir konnten wie so oft Hilfestellung bei Heimatreise-Interessenten leisten, zuletzt bei Otmar Hersel mit Wurzeln in Ullersdorf und Ehefrau, die per Flugzeug via Breslau nachgelangten.
Einer Dame aus Aachen waren wir durch die Übersendung von historischen und aktuellen Stadtplänen und anderen nützlichen Unterlagen bei Suche nach der Wohnung ihrer Vorfahren behilflich. Sie hatte uns geschrieben: Mein Vater Otto Kalupke, Jg. 1919, hat seine Kindheit ab 1923/4 in Bunzlau verbracht. Die Familie wohnte zuerst in der Waisenhausstr. 2 bei Carl und Luise Köbisch. 1925 zog sie in das eigene Häuschen am Heimgarten. In der Volksschule war Vaters Lehrer Herr Iben. Schulfreunde waren Ernst Rothe, Hans Christiani, Herbert Rotkirch, Paul Voß. 1929 wechselte er zur Mittelschule. Mit ca.15 kam er zum Fußball zur Spielvereinigung Bunzlau und lernte da seinen besten Freund über Jahre Paul Kroi kennen. 1935 beendete er die Schule mit der Mittleren Reife und begann eine Buchdruckerlehre bei L. Fernbach, wo auch sein Vater arbeitete. Er schloß die Lehre nach 3,5 Jahren ab. Die Familie wurde nach dem 2. Weltkrieg vertrieben. Ich habe jetzt die Möglichkeit, nach Bunzlau zu fahren und würde gerne wissen, wo mein Vater gelebt hat, kann aber keinen Stadtplan aus der Zeit vor dem Krieg finden. Ich weiß, daß mein Vater in der Heimgartenstr. 32 gewohnt hat, aber ich weiß nicht, wie ich herausfinden kann, wie die Straße heute heißt, und nur so kann ich sie finden. – Dank jahrzehntelanger guter Kontakte nach Bunzlau konnten wir diesen Besuchern orts- und sprachkundige Helferinnen vermitteln. Leider wurde im Haus Heimgarte 32 niemand angetroffen.
Bunzlau. Straße Heimgarten einst.Foto Slg. Plate
Der Heimgarten, so berichtet Dietmar Plate, verband Damaschkering und Guttempler Weg und endete später an der Artilleriestraße. Die 1924 erbauten Häuser waren die erste neue größere Siedlung nach dem Ersten Weltkrieg. Sie waren an der einen Seite in Waschblau, an der anderen Seite in Rosa gehalten, was dem Heimgarten den Spottnamen ‘Indianer-Siedlung‘ eintrug.
Beim Sommerfest des Hauses Schlesien erfuhren wir, dass der Vorstand von Haus Schlesien dem von Gert Hartmann erarbeiteten Entwurf einer engen Kooperation mit der Bundesheimatgruppe zustimmen kann. Wir haben unsreren Mitgliedern und der Mitgliederversammlung für den 31. August ein Konzept zur Zukunft der Bundesheimatgruppe vorgelegt. Leider können wir das Ergebnis dieser wichtigen Beratung aus redaktionellen Gründen erst in der nächsten Ausgabe vorstellen. Bleiben Sie der Heimatgruppe weiter verbunden! Ihr /euer Peter Börner.