Zu Dr. Wernickes Gedächtnis

Veröffentlicht von Milan Koncz am

Von Artur Schiller. Bunzlauer Stadtblatt, 30. April 1938.

Dr. Ewald Wernicke ist durch seine vorzügliche, nun schon 54 Jahre alte Chronik der Stadt, um die uns viele Städte von Schlesien beneiden, für alle Zeiten mit Bunzlau verbunden. Deshalb gebührt es sich, seiner am 3. April, an dem sich sein Todestag zum 25. Male jährt, zu gedenken. Seine Eltern waren der Bergamtsrevisor Heinrich Wernicke und dessen Gattin, geb. von Woitowski. Ihnen wurde dieser begabte Sohn am 28. Oktober 1849 zu Brieg geboren. Er hatte eine ernsten Jugend, da ihm beide Eltern schon1853 zu Breslau wegstarben. Mit 25 Jahren war er schon Dr. phil. Seit 1876 war er im Lehramt, zunächst an der Landwirtschaftsschule in Brieg. Am 3. Oktober 1876 heiratete er in Bunzlau Meta Beisert, die schöne und geistvolle Tochter des Gymnasialdirektors Dr. Beisert, die noch hochbetagt in Berlin-Teltow am 7. Juni ihren 86. Geburtstag begehen konnte. Die druch den sprühenden Geist des redegewandten Bräutigams gewürzte Hochzeit fand im „Odeon“ satt. Ich war nach eben bestandenem Abiturium als fröhlicher Gast eingeladen. In Brieg wurden dem Paare zwei Kinder geboren. 1879 kam Wernicke als Waisenhauslehrer an die hiesigen Zahnschen Schulanstalten. Er wohnte im Waisenhause, wo ihnen weitere vier Kinder geschenkt wurden. Schon mit Ablauf des Jahres 1887 wurde er von dieser Stellung entbunden. Die Schulberichte, die berühmten „Fortgesetzten Nachrichten“ sagen über diesen Punkt: „Am 22. März 1887 erkrankte Dr. Wernicke. Er trat am Ende des Schuljahres in den Ruhestand.“ Aber er verharrte nicht lange in dieser Ruhe. Die Staatsbehörde sicherte sich die Kenntnisse und hohen Geisteskräfte des wieder genesenen Gelehrten und berief ihn 1890 in eine verantwortungsreiche Stellung am Berliner Heroldsamt, die er bis zu seiner endgültigen Pensionierung 1897 erfolgreich ausfüllte. In Steglitz wohnend, verstarb er am 30. April 1913.

Er war ein höchst liebenswürdiger Mann, trotz seiner Leistungen als echter Gelehrter bescheiden. Sein Wissen war überragend, sein Gedächtnis außerordentlich. Kein starrer Philologe, sondern ein für alles Schöne eingenommenen, besonders von seinem musikalischen Empfinden. Er liebte die Natur und war auch dichterisch veranlagt. Ein Hauptcharakterzug war sein schalkhafter Humor. Über Spuren desselben in seiner Bunzlauer Chronik haben wir in dem Aufsatz „Wernicke als Humorist“ in Nr. 84 des „Bunzlauer Stadtblattes“ vom 11. April 1931 eingehend berichtet. Ich durfte mich seiner besonderen Zuneigung erfreuen und konnte ihn oft auf seinen Streifereien durch die Stadt begleiten. Dabei handelte es sich meistens um die Feststellung des wahren Opitzhauses auf der Großen Kirchstraße und des Feigehauses als mutmaßlichen Geburtshauses des Dichters Tscherning. Wernicke ahnte wohl nicht, daß er sich damit in mir einen Nachbeter heranbildete, der päter das reiche Material seiner arbeiten monographisch herausarbeiten sollte. Jeder, der über Bunzlau schreibt, findet ja in ihm die Grundlage. Nur seine Geringschätzung des Chronisten Bergemann war wohl etwas übertrieben. Berge Goldes hat er sich freilich mit seiner Chronik, die ihm eine unsinnige Arbeitslast auflud, nicht erworben. Ihre erste Lieferung kam Februar 1882 bei Kreuschmer heraus. Das Buch, das guten Absatz hatte, kostete 9,60 Mark. Der Redakteur der „Pharmaz. Zeitung“ Dr. Böttger schrieb über sie im „Courier“ von 1884 S. 161 eine blendende Kritik. Wernicke klagte mir manchmal, daß er von seinem Werke, wie das bei solchen Büchern nun einmal der Fall ist, trotz eines Zuschusses der Stadt doch nur ein Defzit gehabt habe. Er sagt denn auch in seiner Vorrede, daß er die Arbeit nur auf mehrfache Anregungen hin und mehr Lokalpatriotismus unternommen habe. Dafür missen wir ihm allezeit dankbar sein.

Wenn wir es nun noch unternehmen, seine Werke zusammenzustellen, so wollen wir uns nicht mit Vollständigkeit brüsten, die einzelnen Aufsätze auch nur kurz bezeichnen und von Genauigkeit der Zitierung der Kürze halber absehen. Es soll übrigens einen Roman geben, in den die Darstellung seines Lebensganges eingefügt ist. Ein Bunzlauer Hussitenspiel ist leider verlorengegangen.

Seine Stärke war die genaue Ausschöpfung der Quellen und seine Wahrheitsliebe. Schon als Student von 21 Jahren besichtigte er an 200 schlesische Kirchen und stellte literarisch ihre Kunstschätze fest. 1873 verfaßte er als Kandidat eine Verbesserung zu dem Calendarium der Minoriten von Görlitz. Seine Doktorarbeit von 1874 brachte die Baugeschichte der katholischen Kirche in Schweidnitz. Er schrieb über Brieg und um 1878 über Schweidnitz und Görlitz (Zeitschr. des Vereins für Geschichte Bd. 12 und Prov.-Blätter). 1880 erschien die erste Auflage seines kleinen, aber hocbedeutsamen Werkchens über den Gröditzberg, ein Juwel in jeder Bunzlauer Bibliothek. 1881 lieferte er Werke über die Orgelbaukunst, die Stadtpfeifer und besonders die schlesischen Steinmetzzeichen („Schles. Vorzeit“). In den „Fortgesetzten Nachrichten“ von 1882 und 1883 brachte er grundlegende Forschungen über den Waisenhausgründer Gottfried Zahn. Aus den Arbeiten und Vorarbeiten um seine Bunzlauer Chronik gab er im hiesigen „Courier“ allgemein interessierende kurze Aufsätze, den ersten 1879 über Kunstgeschichte von Bunzlau, 1880 elf, 1881 fünf (darunter über das Geburtshaus von Opitz), 1882 vier, 1883 neun, 1885, während des Erscheinens der Chronik, vierzehn und 1886 noch zwölf. Diese sind meist in die Chronik übernommen, deren Erscheinen von 1884 datiert. 1885 erschien (im „Wanderer“) eine Namensbearbeitung des Hirschberger Weichbildes nach unserer berühmten Fassionstabelle, 1886 österreichische Künstlergeschichten in „Schles. Quellen“, Joh. Büttner, der Bunzlauer Königsrichter (Ztschr. Bd. 20), die Vornamen der schlesischen Bauern („Allg. Zeitung“), auch das wichtige Werk über Adelsfamilien der Kreise Bunzlau und Löwenberg (Viertelj.-Schrift f. Heraldik), im Jahre 1888 ein Versuch über die Bunzlauer Brauntöpferei und über die Welschen Maurer in Bunzlau (beide Aufsätze in der „Schles. Vorzeit“). Ein schöner Aufsatz über Wendl Roskopf kam 1890 im Laus. Magazin heraus. 1908 eine Monographie über die Herren von Talkenberg, ein Aufsatz über schlesische Maler (Bd. 5 „Schles. Vorzeit“).

Undatiert seien erwähnt: Familiengeschichte derer von Strachwitz und Topographie von Brieg aus seiner ersten Zeit. Als Beamter des Heroldsamtes erteilte er auch unzählige Auskünfte und schrieb viel für den Adelsherold.

Daher ist sein Name auch in die Literaturgeschichte anerkennend aufgenommen. Erfreulich ist, daß die Stadt Bunzlau auch äußerlich seiner gedachte und eine im Ausbau begriffene Straße nach ihm benannt hat.

Seiner Gemahlin, die als solche sich ja einen Anteil an der Arbeit ihres Mannes anmaßen darf, wünschen wir heute an dieser Stelle einen geruhigen und gesund verlaufenden Lebensabend.

Quellen der Wernicke-Chronik

Chronik Dr. Ewald Wernicke, 1884.

Jede Bunzlauer Chronik geht naturgemäß auf die von allen Chronisten benutzte, unserer Einwohnerschaft wohlbekannte handschriftliche Geschichte des weiland Schweidnitzer Pfarrers Friedrich Holstein (Holstenius) zurück, die unter ihresgleichen zu einem respektablen Platze berechtigt ist.

Das Biographische über den Verfasser holen wir in der Bunzlauer Kirchengeschichte nach. Seine Arbeit hat viele Abschreiber gefunden; das Original besitzt wahrscheinlich das Breslauer Staatsarchiv.

In Bunzlau ist Holstenius in drei Exemplaren vertreten: das dem hiesigen Magistrat gehörige ist Abschrift einer Handschrift auf der Leipziger Universitätsbibliothek; das dem Königl. Waisenhause gehörige betitelt sich: Die Bunzlauische Chronik, aus etlichen alten und neuen Verzeichnissen zusammengezogen durch H. Mag. F. Holstenium etc. und ist von zwei verschiedenen Händen des 18. Jahrhs. abgeschrieben. Schluß 1599.

Hieran schließt sich Continuatio Chronici Boleslaviensis ab ao. Chr. 1600 ad haec usque tempora (1639). Dieses Mss. endigt mit zwei Seiten Eintragungen (1683 – 1741) von einem Unbekannten, der nach eigenem Geständnis an der Schlacht bei Salankemen (19. Aug. 1691) teilgenommen.

Das dritte (in Privatbesitz) hat neben einem vollständigeren Titel die Angabe: abgeschrieben von Christoph Buchwälder, Bürgern und Ratsherrn zu Bunzlau, seines Alters 74, und continuirt von einem Anonymo ab anno 1600 – 1642 ex schedis Elia Schwartz, der von Holsteins Nachkommen 1641 beinahe allein übrig war. Die Rückseite des Titels enthält in lateinischer Sprache eine Rezension des Werks und schließt mit den Worten: Die Urschrift befand sich in den Händen eines Sohnes von diesem Schwartz, welcher in Bunzlau das Töpferhandwerk betrieb.

Er bewahrte aber diesen vermeintlichen Schatz so eifersüchtig, daß er in sich weder durch Bitten noch um Geld entreißen ließ. – Der Abschreiber nennt sich Scharff (1696). Diese Handschrift geht ununterbrochen bis 1642 fort und bmerkt nur an der Stelle, wo ein Absatz sein sollte: 1600 den 19. Mart. am Sonntage Judica hat Herr M. F. Holstein, gewesener Pfarrher allhier seine Valetpredigt hier gethan und ist den 22. Mart. nach der Schweidnitz gezogen, dahin er zum Pfarrdienste berufen worden, nachdem er bis ins 16. Jahr Pfarrer allhier gewesen.

Da möglicherweise auch einmal unser Chronist unter den Scriptores rerum Silesiacarum Aufnahme findet, so möge einstweilen jedes weitere Eingehen auf sein Opus und dessen Redaktionen ausgeschlossen bleiben.

Selbstverständlich habe ich es außerordentlich häufig verwertet, ohne immer den Fundort anzugeben; das Citat wird sich voraussichtlich gleich durch seine Fassung verraten.

Bunzlauer Ratsarchiv, Außer der nicht über das 15. Jahrhundert hinausreichenden Urkundensammlung es Bunzlauer Ratsarchivs, wovon das Breslauer Staatsarchiv ein Repertorium besitzt, sind folgende Urkundenbücher res. Handschriften namentlich anzuführen:

Schöppenbuch, angefanngen 1581, auf dem Rücken bezeichnet „Gerichtsprotokoll,“ in Pergament  (theologischer Text) gebunden. Es beginnt mit den Worten: Im Tausendt Fünffhundert Fünff und Achtzig, und Zwei und Achtzigsten Jahre, als der ersambe Martin Rohtmann 1) Martin Opitz‘ Großvater mütterlicherseits. verordneter Stadtrichtr, Martin Beer, Christoff Gerlach, Andres Fischer, Elias Krüger, Melchior Scholtz, Christoff Binder und Hans Seidel geschworne Scheppen, sind folgende Gerichtshandlungen registriret worden. – Die letzte Verhandlung datiert vom 3. Nov. 1589.

Buch „der Stadt Unterthanen,“ in Leder gebunden, wie die beiden folgenden; wichtig für die Bestimmung der Lokalitäten der näheren Umgegend.

Erbschichtung. 1596. Foliohandschrift in gepreßtem Leder über Holzeinband. Die zierlichen Ornamente mit Heiligenfiguren zeigen in der Mitte das Bunzlauer Stadtwappen in einer dem heutigen ähnlichen Form, mit der Umschrift: Sigillum civitatis Boleslaviensis anno 1582, darunter ein Wappenschild mit N. G. 1) Bezeichnet wahrscheinlich den Buchbinder Nik. Grabener, der um diese Zeit auf der Nikolaistraße wohnte.

Dieses Urkundenbuch, welches meist Erbteilungen und Testamente enthält, umfaßt 445 Folioblätter. Am Schlusse ein alphabetisches Register, nach den Vornamen geordnet. Die Verhandlungen beginnen mit dem 14. Nov. 1596 und schließen mit dem 16. Aug. 1621.

Stadtbuch von 1613. Foliohandschrift in gepreßtem Leder ohne figürliche Ornamente, beginnt mit einem Bericht über die Ratswahl vom 13. Sept. 1613. Nur 168 Blätter, ungefähr ein Drittel des Buches, sind beschrieben. Als letzte Verhandlung ist eine vom 27. Nov. 1665 eingetragen.

Alphabetisches Register, wie vorhin, welches vom Wurmfraß arg gelitten hat.

Urbarium der Stadt Bunzlau, um 1750 angefertigt.

I. Protocollon conscriptum a Christiano Francisco de Klarenstein notario vom 23. Apr. 1653 ab. Foliohandschrift in Pappdeckeln, die mit Pergament (liturgischer Text) überzogen sind. Ohne Paginierung. Schlußverhandlungen am 10. Sept. 1660.

Von den Stadtrechnungen ist die älteste: Tabulae accepti et expensi senatus Boleslaviensis consule dno. Elia Namslero, praetore Josia Neuman. 1611/12. Die in Pergament (lit. Inhalt) gebundene Handschrift ist zugleich ein Geschoßbuch, welches die Namen aller Hausbesitzer nebst ihren städtischen Abgaben enthält.

Ich erachte hierbei die Bemerkung für geboten, daß unter  der Rubrik „Geschenke und Verehrungen“ drei bedeutungsvolle Posten verzeichnet sind, die die Quelle erraten lassen, woraus sich soviel dummes Zeug in unsere früheren Chroniken eingeschlichen haben mag: 1612 bezahlt der Magistrat am 3. Febr. Abraham Hosemann zum Lauban wegen etlichen gedruckten Sachen 1 ungarischen Gulden, ebensoviel am 1. Aug.; am 9. Jun bekommt der „Historicus“ wegen etlichen verehrten Sachen gar das Doppelte. Der Beschenkte ist kein Geringerer als der berüchtigte „greuliche Landlügner“ und „Lügenschmied“, welcher durch seine schablonenmäßig fabrizierten Märchen so heillosen Wirrwarr in den schlesischen Städtegeschichten angerichtet hat.

Die Geschichte von unserm heldenmäßigen Bürgermeister Bleihahn und der keuschen Jungfrau Anna Kath. Reiner 2) Der doppelte Vorname ist für jene Periode überhaupt schon ein Unding. beim Hussiteneinfall 1427, welche die Silesiographia cap. VII S. 44 ff. Rasos Phoenix refivivus so romantisch und rührend nacherzählt, kommen jedenfals auf des sauberen Hosemanns Rechnung.

Die zweitälteste Stadtrechnung betrifft das Etatsjahr 1627/28. Die darauf folgenden Jahrgänge sind äußerst lückenhaft.

Für die Einteilung der Stadt in Bezirke, die Bestimmung der Häuserzahl und der Besitzer waren von erheblichem Nutzen folgende Register:

1) Geschoß, Einkommen und Ausgaben (stehen aber nicht darin!) der Stadt Bunzlau auf Michaelis Annorum Domini 1549. Auf der Rückseite des Umschlags ist zu lesen: „Ihm roc (1500) u. xlviii (48) Jhare, Sonnobend noch Omnium Sanctorum (Allerheiligen) haben die ehrsamen Caspar Holnstein, Bürgermeister, Mathes Beier, Bastian Nmsler, Fabian Hewer, Valten Preibisch, Rathmanne, von allen und jeden Eynkommen und Ausgeben der Stadt eyne vollkommene Rechnung gethaen, also daß sich das Ausgeben mith dem Einnhemen wol vorgleicht, welch die ersamen Stentzel Holtzmann, nhewer (neuer) Bürgermeister, Caspar Schuman, Hans Widtwer, Cristof Günter, Hans Hanewalt, Rathmanne, zusamt den Geschwornen aller Handtwerger und den Herrn von Scheppen als genüglich myth Danksagung angenommen und haben ahn bharem Gelde entpfangen achthundert Margk.

2) Heerschauungk (Heerschau) der Buergerschaft den 8. und neunden Decmebris des 1563 Jhares auff denn Eintzug des Allerdurchlauchtigisten und Großmächtigisten Königes Maximiliani, unsers allergnädigsten und natürlichen Königes und Erbherren.

3) Verzeichnis der Bürgerschaft, 1578 den 4. Januar übergeben.

4) Heerschauung der Bürger- u. Pauerschaft, gehalten am Tage Simonis und Judä (28. Okt.) 1587 in praesentia domini Consulis et Senatorum.

5 u. 6) Heerschauung vom 6. Juni 1594 und 30. Sept. 1602.

Königliches Staatsarchiv zu Breslau. Eine vorzügliche Quelle für die Bunzlauer Geschichte im 13. bis 15. Jhrh. bietet das Kopialbuch der Bunzlauer Kreuzherren-Kommende (Hospital St. Quirini) (D. 26.), auf 32 Seiten im 16. Jahrh. niedergeschrieben; speziel wichtig für die Kenntnis der ehemaligen Magistatualen.

Die Urkunden des früheren Dominikanerklosters hierselbst gewähren nur geringe Ausbeute, erheblich mehr das Repertorium der Magdalenerinnen zu Naumburg, für Stadt und Umgegend von gleich hohem Werte. Die Landbücher des Fürstentums Schweidnitz-Jauer habe ich leider unterlassen müssen, meinen Zwecken dienstbar zu machen. Hingegen wurde mir mit besonderer Güte ein Stoß Akten „Bunzlauer Ortsnachrichten“ zur Benutzung im Rathause überwiesen, welche für die Geschichte des herzoglichen Schlosse und Burglehns, der klösterlichen Stiftungen und zur Ergänzung der städtischen Privilegien unentbehrlich waren.

Von einschlägigen Druckschriften hebe ich hervor die Publikationen des Vereins für Geschichte und Altertum Schlesiens, vor allen aber die bis gegen Ende des 13. Jhrhs. gediehene Regestensammlung, welcher jede in diesem Zeitraum fallende Notiz entnommen ist, sobald das Gegenteil nich ausdrücklich bemerkt wird. – Der verdienstlichen Schrift von Herrn Rendant Beck „der Kreis Bunzlau“ verdanke ich mancherlei Belehrung und Anregung.

Alle andern Quellen werden erforderlichen Orts unterm Texte namentlich citiert werden. Aus Raumersparnis und besserer Übersichtlichkeit halber hat indes gerade bei dem, womit ich beginne, der Rekonstruktion der Stadt in früherem Zustande, nur ab und zu das maßgebende Dokument zur Bürgschaft herangezogen werden können. Doch mag man mir trauen, daß ich wissentlich nichts Falsches verzeichnet noch Thatsachen und Vorfälle mir erdacht habe. Den Herren Fachgelehrten steht ich mit meinen Excerpten jederzeit zur Kontrole bereit. An den unkritischen Bergemann habe ich mich nur im Notfalle gewandt und gewöhnlich nur inden Perioden, die seiner Zeit näher liegen.

Dr. Ewald Wernicke

Erstveröffentlichung: „Der Bunzlauer Kreis an Bober und Queis“. 2. völlig neu bearbeitete Auflage 1964. Herausgegeben von der Bundesheimatgruppe Bunzlau in Siegburg

Sein Werk hat den Titel „Chronik der Stadt Bunzlau von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart“. Wernickes Chronik besitzt wegen ihrer Zuverlässigkeit großen Wert. Sie hatte einen Umfang von über 600 Seiten. Sie erschien bei Kreuschner 1884. Wernicke wurde 1849 in Brieg geboren und wirkte eine Zeit lang als Waisenhauslehrer in Bunzlau. Zuletzt lebte er in Berlin und Steglitz. Er starb 1913. Sein Plan, die Chronik durch einen Nachtrag zu erweitern, ist infolge seiner Erkrankung nicht zur Ausführung gekommen.

Von Johannes Wernicke: Unser Chronist wurde am 18. 10. 1849 in Brieg geboren. Mit vier Jahren verlor er seine Eltern und hatte so keine rechte Kindheit und Jugend. In Breslau studierte er Philologie, war Mitglied der schlagenden Verbindung Raczek, deren Wappen er entwarf, und bestand sein Doktorexamen mit einer Arbeit über die Schweidnitzer Pfarrkirche, 23jährig. Bereits 1870, im heißen Kriegssommer, wanderte er zu etwa 200 Dorfkirchen, um deren Kunstschätze festzustellen, was in der Fachzeitung für schlesische Altertumskunde abgedruckt wurde. Von 1875 ab war er als Lehrer in Bunzlau tätig, erst an der Schule des Waisenhauses, dann am Gymnasium.

Er vermählte sich am 3. 10. 1876 mit der Tochter seines Direktors, Margarethe Beisert. Nach vorübergehender Tätigkeit in Brieg kehrte er 1879 wieder nach Bunzlau zurück. 1890 ans Heroldsamt in Berlin berufen, mußte er 1896 wegen eines Nervenleidens aus dem Dienst scheiden. Sein glänzendes Gedächtnis und seine ungewöhnliche Fähigkeit im Lesen auch ältester Urkunden, dazu seine unbestechliche Liebe zur Wahrheit, mit der er ohne Rücksicht auf Überlieferung jeder Sache auf den Grund ging, machten ihn zum geschätzten Chronisten.

Außer der Bunzlauer Chronik, die 1884 erschien und von Archivrat Brünhagen, Breslau, als streng wissenschaftliche Arbeit anerkannt wurde, ließ er auch eine Geschichte der Gröditzburg veröffentlichen. Er verwendete seine reichen Kenntnisse auch privat, so fuhr er oft nach Schlesien, um Familenforschungen zu fördern, so z. B. um alten Adel wieder aufleben zu lassen. Er schrieb eine große anzahl von Abhandlungen, die in der Adelszeitschrift „Herold“ erschienen. Bescheiden in seinem ganzen Wesen, ging er mit Vorliebe unter die einfachen Menschen, um deren Meinungen zu hören. Er starb nach kurzem Leiden am 30. 4. 1913 zu Steglitz bei Berlin. Wir Bunzlauer wollen sein Andenken hoch in Ehren halten.