Theodor Blätterbauer, ein schlesischer Maler

Veröffentlicht von Milan Koncz am

Hans Christiani, Erstveröffentlichung: Bunzlauer Heimat-Zeitung 8/77

In der alten Glogauer Zeitung „Niederschlesischer Anzeiger“ vom 5. Mai 1850 fand ich folgende Anzeige: „Da ich mich hier einige Zeit aufzuhalten gedenke, erlaube ich mir hiermit, mich im Portraitiren in Öl in jeder Größe zu empfehlen und bürge für die genaueste Ähnlichkeit. Theodor Blätterbauer, Portraitmaler. Meine Wohnung ist neben der Hauptwache des im Hause des Herren Goldarbeiters Weitz.“ Nun wird jeder Bunzlauer gleich denken, der Name Blätterbauer ist mir doch bekannt. Hatten wir nicht in der Aue eine Blätterbauer-Straße? Was hatte der gute Mann mit unserer Heimatstadt zu tun? Unter dem Titel: „Theodor Blätterbauer, ein schlesischer Maler“ fand ich im schlesischen Jahrbuch von 1956 einen Aufsatz von Professor Günter Grundmann. Aus diesem Aufsatz möchte ich Ihnen einen Teil abschreiben, den Lebenslauf des Malers. Mit 81 Stahlstichen und 152 Holzschnitten erschien etwa 1885 bei Flemming in Glogau ein dreibändiges Werk, das die schöne schlesische Heimat dem Betrachter näherbringt. Der Herausgeber dieses Werkes Dr. Franz Schroller hatte sich für diese reiche Bebilderung unter den damals in Schlesien lebenden Künstlern umgesehen und in dem in Liegnitz lebenden Theodor Blätterbauer einen Kenner der schlesischen Landschaft, Städten und Dörfern für seinen Zweck gewinnen können.

Es stammen in der Tat die meisten Vorlagen für die Stahlstiche und Holzschnitte von Theodor Blätterbauer. Theodor Blätterbauer wurde am 24. Dezember 1823 in der alten Töpferstadt Bunzlau geboren. Da sein Vater Kaufmann war, die Eheleute lebten getrennt, und er zuviele auf Reisen war, ließ er seinen Sohn bei Verwandten in der Nähe von Küstrin erziehen. Später schickte man ihn auf die berühmte „Teyn-Schule“ in Prag, denn zu dieser Stadt hatte sein Vater als Deutsch-Böhme mancherlei persönliche Beziehungen. So kam es auch, daß nach dem Besuch der „Teyn-Schule“ für die weitere Ausbildung  die Stadt Reichenberg in Böhmen gewählt wurde, ehe der Knabe noch einmal in die Mark Brandenburg, nämlich in Frankfurt/Oder geschickt wurde. So entsprach gewissermaßen dem unsteten Leben des Vaters auch der ein wenig unsteter Ausbildungsgang des Sohnes, der offenbar für die wissenschaftlichen Fächre weniger begabt zu sein sheint, als für eine Betätigung mit der Hand. So gab man ihn nach seiner Schulzeit zu einem Instrumentenbauer in Glogau in die Lehre, aber wiederum zeigte sich sein unstetes Wesen. Er hielt es auf diesem Gebiet nicht lange aus und wechselte die Berufsausbildung, in dem er das Buchbinden erlernte. Als er auch hierin keine richtige Befriedigung fand, denn seine künstlerische Begabung kam offenbar in jungen Jahren schon zum Ausdruck, so daß wir ihn schon in den Jahren 1842 und 1845 als Autodidakt zeichnend und malend in München finden.

Nun aber regte sich mächtig der Wandertrieb und der junge Blätterbauer bereiste in den folgenden Jahre Ungarn und die Türkei, um nun mit der Fülle der erlebten und in mancherlei Studien festgehaltenen Reiseeindrücken sich ernsthaft mit der Malerei zu beschäftigen und bei den Malern Rasp, Stademann und Lange eine gründliche Ausbildung zu erhalten. Dann zog es ihn wiederum nach Glogau in Schlesien zurück (Also Mai 1850, siehe Anzeige im Niederschlesischen Anzeiger). Aber von dort besuchte er noch einmal Berliner und Düsseldorfer Ateliers, um sich dann nach einer freien Stelle umzusehen. Es glückte ihm, diese als Zeichenlehrer an dre Ritterakademie in Liegnitz zu finden und damit von 1854 an endlich zur Ruhe zu kommen. So wurde Liegnitz seine eigentliche Heimat und Jahr für Jahr lehrte er den Schülern der Ritterakademie, also meistens jungen schlesischen Aristokraten ein wenig Zeichnen und Malen, was ihm schließlich den wohlverdienten Professorentitel eintrug. Aber diese Lehrertätigkeite füllte den Wander- und Reiselustigen keineswegs aus. So durchstreifte er in den kommenden Jahrzehten besonders seine schlesische Heimat malend und aquarellierend, bis der Tod am 30. Juni 1903 dem 83jährigen in Liegnitz den Zeichenstift aus der Hand nahm. Die schlesischen Museen besaßen einst eine Füle von Zeichnungen und farbigen Blättern seiner Hand, so vor allem das Liegnitzer Museum, das den größten Teil seines Nachlasses aufbewahrte, das Museum für Kunstgewerbe und Altertümer in Breslau und das Riesengebirgsmuseum in Hirschberg …“Außer den Bildern, die in den Büchern von Dr. Schroller zu finden sind, (das Buch finden wir in der Bücherei des deutschen Ostesn in Herne unter der Ziffer Fa 25) wird es nur noch wenige Bilder von ihm geben. Fast alle Stiche und Schnitte habe ich reproduziert. Bei der Beschreibung des Queistales fand ich: Die Kirche in Gießmannsdorf bei Naumburg/Queis, die Bunzlauer Kaffeekanne bei Klitschdorf, das alte Schloß von Klitschdorf vor der Restauration und dem Altar in der Kirche zu Klitschdorf. Wir alle kennen den Rechenberg-Altar in der kath. Kirche, der nach 45 von „Kulturmenschen“ verheizt wurde.

Vom Bobertal finden wir das Schloßportal von Kroschwitz bei Bunzlaue, Bunzlauer Ansicht mit Viadukt und das Schloß zu Kittlitztreben. Etwas habe ich noch vergessen, das Teufelswehr zu Klitschdorf. Ich besitze wohl alle Bilder, aber nur für ein paar Bilder wird mir der Verlag Platz zu Verfügung stellen. Das Sandsteingebilde queisaufwärts von Klitschdorf, die Bunzlauer Kaffeekanne ist noch nie  in der Heimatzeitung veröffentlicht worden, das Teufelswehr und der Rechenbergaltar zeigen ein Kupferstich (Teufelswehr) und zwei Holzschnitte.  Wie photographisch genau Blätterbauer zeichnete , können sie an dem Bunzlauer Bild, die Ansicht von Tillendorf mit dem Viadukt, dem Jungfernstieg, erkennen, ich fand in meiner Sammlung eine Fotografie etwa vom gleichen Standpunkt aus. Es fehlt wohl der Jungfernstieg (der ja vor dem 1. Weltkrieg wegen Mangel an Jungfern abgerissen wurde) aber sonst hat er genauestens gezeichnet. Sie müssen wissen, daß nach der Zeichnung von dem Künstler ein anderer Künstler das Bild stach und so ein paar eigene persönliche Züge verloren gehen. Rund 50 Jahre vorher durchwanderte Ludwig Richter von Görlitz kommend über Bunzlau, Breslau, dann ins Riesengebirge und zeichnete Schlesien in 30 Zeichnungen, auch dies Stiche besitze ich als Reproduktionen. Es sind einfach Kostbarkeiten. Sie werden wohl auch Kreuzworträtsel raten und bei dieser Rätselart fällt immer „Bayrischer Alpenschilderer“. Und der gute Mann hatte drei Buchtaben und da schreiben sie ohne zu denken „Noe“ hin. Wissen Sie, daß Bläterbauer auch für Noe durch die Alpen wanderte und Sehenswertes zeichnete? Wohl kaum. Ich hätte es auch nicht gewußt, wenn nicht im 3. Band von Dr. Franz Schroller eine Anzeige darüber gestanden hätte. Diese Anzeige brachte ein Bild: Trafoi. ich weiß nicht, ob ie den Ort kennen werden, es ist der letzte Ort auf dem Stilfser Joch. bekannt ist wohl Gustav Thöny, das Ski-As der Südtiroler, er kommt aus Trafoi. So lange er gewann wurde immer vom Italiener Thöny gesprochen und wie er bei der letzten Olympiade nicht mehr siegte, hieß es dann der Südtiroler. Doch wieder zurück nach Trafoi. Der Talschluß gen Süden reizte damals Theodor Blätterbauer und er zeichnete dieses Motiv.

Wie sah unser lieber Theodor Blätterbauer aus? Ich glaube, daß noch kein Bunzlauer ein Bild von ihm gesehen hat. Ich fand in einem Liegnitzer Buch zwei Bilder von ihm, einmal eine Karrikatur von einem Kollegen, „der zerstreute Professor, der im Regen mit dem Regenschirm am Arm entlanglief“ und dann ein früheres Bild von ihm, da damals die Photographie in den ersten Kinderschuhen steckte, wird diese Aufnahme eine Qual gewesen sein. Man brauchte damals fünf Minuten Beleichtungszeit. sie sehen ja, wie der gute Mann den rechten Arm auf dem Bilde auflegt und den linken Arm am Bild festhält. Ein schön stattlicher Mann in der damaligen Zeit. Wie man es auf beiden Bildern sehen kann, trug er eine Brille. So, das wäre alles, was ich über unseren schlesischen Maler Theodor Blätterbauer in Erfahrung bringen konnte. vielleicht hat sie das ein wenig interessiert, wenn ja, dann bin ich zufrieden, denn dann hat sich meine Arbeit gelohnt. Es wäre interessant, wenn man Bilder von Ludwig Richter und Theodor Blätterbauer gegenüberstellt. Von den Künstlern habe ich den Kochelfall bei Schreiberhau als Stich, diesen könnte man eine Fotografie gegenüberstellen, dann sieht man, wie die Künstler genau bis ins Detail diese Landschaft zeichneten.

Hans Christiani, BHZ 8/77

Ehrung eines Bunzlauers

Liegnitz ehrt Theodor Blätterbauer

Bunzlauer Stadtblatt, 22. Oktober 1936.

Die Stadt Liegnitz hat, wie Bunzlau, nun ebenfalls eine Straße im jüngsten Liegnitzer Siedlungsviertel Theodor Blätterbauer zu Ehren „Blätterbauerweg“ benannt. Die Schlesier wissen gemeinhin gar nicht, daß sie in Blätterbauer so  etwas wie einen schlesischen Spitzweg haben, dessen Schaffensgut Gemeingut vieler werden sollte. Seine ganze Liebe gehörte der ländlichen und städtischen Idylle, sein Künstlerauge machte ihn zum zeichnenden und malenden Chroniste der altschlesischen Landschaft, ihrer Dörfer und Städte. Es trifft keinesweg zu, daß Theodor Blätterbauer, der auf der Höhe seines Schaffens durch die Verleihung des Professorentitels ausgezeichnet wurde, lediglich der Maler des alten Liegnitz ist. Die so urteilen, kennen ihn nur oberflächlich. Selbst die vielen Hunderte von Blättern, Zeichnungen, Aquarellen und Ölgemälden im „Blätterbauerzimmer“ des Niederschlesischen Museums zu Liegnitz lassen erkennen, daß Blätterbauer überall in Schlesien gut zu Hause war und als „Maler der Heimat“, wie er heute genannt wird, Motive festhielt, welche die Zeit mit rauher Rasur bereits seit langem ausgelöscht hat. Blätterbauer ist es zu danken, daß wir durch seine schier zahllosen Zeichnungen und Aquarelle genaue Vorstellungen von dem früheren Zustande so mancher Landschaft, manches Bauwerks, manches Altstadtwinkels erhalten haben. Eines seiner berühmten Blätter ist die Zeichnung des Liegnitzer Barockviertels am Kohlmarkt, das durch die Photographie in aller Welt verbreitet worden ist und für eine der bemerkens-wertesten Sehenswürdigkeiten von Liegnitz wirbt. Eine Tafel mit den wichtigsten Lebensdaten gibt schon im „Blätterbauerzimmer“ des Niederschlesischen Museums Aufschluß über seinen Werdegang.

Theodor Blätterbauer wurde 1823 in Bunzlau geboren und frühzeitig von seinen Eltern getrennt, die in unglücklicher Ehe lebten. In  Glogau mußte er – entgegen seinem Willen – das Buchbinderhandwerk erlernen. Als Königsgrenadier hatte er bereits seinen Hang zur Natur und zur Malerei entdeckt. Jede freie Minute nutzte er zur Förderung seiner Begabung. Nach mehrfachem Wohnsitzwechsel kehrte er 1845 aus Ungarn nach Schlesien zurück. Zunächst lebte Blätterbauer als Kunstmaler in Glogau. Sein Können verschaffte ihm jedoch bald eine Anstellung als Zeichenlehrer an der berühmten Liegnitzer Ritterakademie. Man schrieb das Jahr 1854. In Liegnitz fand er auch bald seine treue und verständnisinnige Lebenskameradin. Jahr für Jahr erweiterte er nun seinen Gesichtskreis durch mehr oder weniger ausgedehnte Reisen, auf denen er viele Anregungen empfing.

Blätterbauers Domäne ist das Aquarell. Seine Zeichnungen und Öl-gemälde sind jedoch kaum weniger vollendet. Wie so viele Künstler wurde auch er von der Heimat nicht erkannt.

Erst das Jahr 1897 brachte ihm mit einer Ausstellung den längst verdienten Ruhm. Später krönte der Professorentitel die allgemeine Anerkennung.

Nun blieben die Aufträge von Fürsten, Städten und Mäzenen nicht aus.

Vor dreißig Jahren endete sein Künstlerleben. Die neue Zeit wird an Blätterbauer eine große Freude haben.