Das Boberwiesenbad
Dietmar Plate, Bunzlauer Heimatzeitung 2018
Nun, da wir uns in den wärmeren Jahreszeiten bewegen, ist es vielleicht ein guter Gedanke, an das Bunzlauer Boberwiesenbad zu erinnern. Vor neunzig Jahren wurde das Bunzlauer Freibad am Westufer des Bobers eröffnet. Im Bunzlauer Stadtblatt können wir das nachlesen: „Am 6. Juni 1926 war die Bunzlauer Presse der Einladung des Magistrats nachgekommen und hatte die Anlagen des neuen Sommerbades der Stadt Bunzlau unter Führung des Stadtbaurates Fischer einer Vorbesichtigung unterzogen. Pressebesichtigung – Schon diese Tatsache deutet darauf hin, daß der Magistrat der Anlage eine ganz besondere Bedeutung beimißt, daß er sich bewußt ist, hier ist etwas Besonderes geschaffen worden, daß man nicht einfach hingibt, das man nicht hinnimmt als gegeben, sondern das man zuvor ansieht, wie ein Kunstwerk, betrachtet wird, bevor man es auf den Sockel stellt und den Augen der Allgemeinheit preisgibt. – Und wahrlich, so soll man das zuvor betrachten, was hier entstanden ist, ehe man sich der Einrichtungen selbst bedient, die das neue Sommerbad in so reichlichem Maße bietet.
Wer gefühllos an dem vorbeigeht, was alles das Auge fesselt, der verdient es wirklich nicht, mit dabei zu sein. Schon von der gegenüberliegenden Seite aus, wenn man die Höhe des Schweizerhauses erreicht hat, bietet sich die ganze Anlage den Blicken dar. Die freundlichen hellen Farben in ihrer Buntheit und doch harmonischen Anpassung an die grüne Umgebung ziehen schon unsere Aufmerksamkeit auf sich. Begeben wir uns nun über die Brücke, so sind wir versucht, schon sofort nach dem Eingange zu suchen. Aber er liegt gerade auf der Rückseite.
Man sagt sich, ehe man die Anlage besichtigt hat, er liegt zu versteckt, und würde sich einen Eingang sofort an der Brücke für geeigneter denken, aber hat man dann erst die ganze Badeanlage gesehen, dann muß man einsehen, daß es verwaltungstechnisch durchaus richtig war, gerade an die hintere Front den Eingang zu legen, denn hier liegen dadurch der Eingang, die Kasse, Verwaltung, Aufbewahrung, Garderoben usw. zusammen, und außerdem ist damit der Zugang auch vom Baderaum selbst nicht mehr getrennt, den sonst hätten die Ankommenden und Abgehenden immer durch die Badenden hindurch müssen.
Wir stehen im Bad – Was alles bietet sich dem kritisch prüfenden Auge. Zuerst fällt der Blick auf die breite Wasserfläche, die direkt zum Bade reizt, wandert an der schmucken Blumendekoration auf der Mittelwand, die den Auskleideraum nach außen hin abschließt, haftet auf den Speibecken, die an den beiden Ecken mit ständiger Wasserspülung angebracht sind und beweisen, daß hier die Hygiene mit an erster Stelle steht. Davon zeugen aber nicht nur diese Becken, sondern das zeigt jedes Stück der Anlage, wie z. B. die Garderobenräume mit den abgeteilten Schränken, so das keine Garderobe mit der nebenhängenden in Berührung kommt, die einzelnen Zellen mit ihren geradezu fabelhaften Neuerungen auf diesem Gebiet, die eigene Trinkwasseranlage, die Speibecken in den Wasserbecken selbst, die in zwei Reihen angelegt und daher bei hohem und niedrigen Wasserstande erreichbar sind, und vieles andere. Alles was man sieht, von der Bireka-Kasse an bis zu der mustergültigen Feuerlöschanlage, ist einfach vorbildlich. Ganz besondere Aufmerksamkeit ist der räumlichen Abtrennung der Zellen für Männer und Frauen geschenkt worden, ebenso den Aborträumen. Das ist zu begrüßen und wird sicherlich dazu beitragen, manches Vorurteil in Bürgerkreisen zu zerstreuen. Ein staatlich geprüfter Bademeister und eine ebenfalls staatlich geprüfte Bademeisterinwerden aufmerksame Augen auf den Badebetrieb haben, so daß auch die Eltern getrost ihre Kinder ihrer Obhut anvertrauen können. – Die Eintrittspreise sind äußerst niedrig und betragen einschließlich Benutzung des Wandschrankes pro Person 20 Pf. Für Wechselzellen tritt ein Zuschlag von 10 Pf. hinzu. Jahreskarten kosten 8 M., Dutzendkarten 2 M. Kinder zahlen die Hälfte. Die Sportvereine, wie der Schwimmverein 1919 und der Arbeiter-Wassersportverein, haben ihre eigenen Räume. Auch steht neben dem Eingang ein Erfrischungsraum, in dem man für das leibliche Wohl die notwendigen Artikel erhalten kann.“
Nur zwei Jahre später berichtet das Stadtblatt: „Der Magistrat, Abteilung Amt für Körperpflege, stellte gestern abend das Boberwiesenbad mit seinen neu geschaffenen Anlagen vor. Die Badeengel und Gäste kamen diesmal bedeutend schneller hin, denn der Eingang befindet sich nicht mehr hinten am letzten Ende, sondern gleich vorn an der Brücke. Die Folge davon wird sein, daß die alten Umkleidezellen am Bober sich in Zukunft noch größerer Beliebtheit erfreuen werden. Aber wenn sie voll sind, wird es eben keine andere Wahl geben, als den Marsch durch den Sand anzutreten. Das kann auch jeder gern tun, denn was ihm hier geboten wird, übertrifft wirklich alle Erwartungen. Das Badeterrain ist erheblich erweitert, der Drahtzaun an der Außenseite ist bis an die Erfrischungshalle herangerückt, die auf der einen Seite die Badenden, auf der anderen Seite die Sportler von den Sportplätzen bedienen kann. Neben schönem Sand gibt es breite Rasenflächen, auf denen sich jeder nach Herzenslust austoben kann, ohne die anderen, die ruhig in der Sonne liegen wollen, zu stören. Der Sandkasten für die Kinder ist von der Westseite nach der Südseite verlegt worden, wo bisher die einzige schmale Rasenfläche war. Die neue Kasse und das Bademeisterhäuschen gewähren einen schmucken Anblick.
In ihrem Bereich befinden sich bereits Bänke für Mama und Papa, für Onkel und Tante, die nur einmal zum Zuschauen oder Abholen hinauskommen und natürlich ein paar Butterstullen mitbringen, denn Hunger hat man hier draußen immer. Um die Hauptsache nicht zu vergessen: die feine Wasserrutschbahn! Sie meinen, lieber Freund, man reißt sich da einen Splitter in die vier Buchstaben? Da irren Sie sich. Die Rutschbahn ist mit Linoleum ausgepolstert und wird fortwährend mit Wasser berieselt. Wenn Sie sich auf die Bahn setzen, rutschen Sie unweigerlich in die Tiefe, selbst wenn Sie Fliegengewichtsmeister sind! Gestern war die Rutschbahn so besetzt, daß dauernd ein Körpern hinter dem andern ins Wasser rutschte, bald mit den Füßen, bald mit dem Kopf zuerst, bald auf dem Rücken, bald auf dem Bauch. Das ist ein Spaß! Die Alten stehen wehmütig dabei, daß ihn in ihrer Jugend so viele Freude versagt blieb. Damals war man gerade dazu übergegangen, in der Turnstunde gelegentlich den Stehkragen abzubinden. In den Badeanstalten badeten vormittags die männliche und nachmittags die weibliche Linie des homo sapiens. Warum? Ja, warum wohl? Wir verstehen das heute nicht mehr, und viele von uns haben es nie verstanden. Familienbäder waren nur an der See möglich, im Binnenlande setzte es noch nach dem Kriege Kämpfe, ehe die gesunde Natürlichkeit siegte. Wenn man später einmal unseren Kindern erzählen wird, daß wir in der Jugend kaum zum Baden kamen, weil Wetter und Zeit mit den geöffneten Vor- und Nachmittagen der spießigen Badeanstalt schwer in Einklang zu bringen waren, so werden sie uns das nicht glauben oder mindestens annehmen, daß wir übertreiben. Aber genug davon. Wir haben jetzt unser schönes Bad und haben keinen Grund mehr, finster dreinzublicken. Gestern gab es Musik da draußen, Illumination und Johannisfeuer, daß es eine Freude war. Viel Leute waren draußen, Gäste und Zaungäste. Man hätte die Rutschbahn nur einen Tag früher einweihen sollen, da war es schön warm, gestern hingegen etwas kühl. Man hatte eine recht nette Johannisstimmung hervorgezaubert: Mondschein, Johannisfeuer und brennende Lampions, die sich bis in die Nacht hinein im Wasser spiegelten.“
In den Bunzlauer Zeitungen lesen wir in den folgenden Jahren:
1926: Am 11. August wurde der Weimarer Verfassung gedacht. Eine Feier im Boberwiesenbad mit Feuerwerk wurde abgehalten.
1927: 30. Januar: Einbruch ins Boberwiesenbad.
1927: Am 21. Mai begann im Boberwiesenbad die Sommersaison. Die Temperaturen betrugen ende Mai im Wasser 21° und in der Luft (an einer Mauer gemessen) 44° Grad. 1927: 2. September. Boberwiesenbad 8 Uhr vormittags: Bober 7 1/2, Becken 19, Luft 19 Grad.
1927: K. S. .. Wir wollen nicht alles namhaft machen um unseren Gästen Anreiz zu eigenen Entdeckungsreisen zu geben. Eine solche versäume niemand bis zum Boberwiesenbad, um daß uns manche Großstadt beneidet, zu unternehmen. Auch der neue Sportplatz dicht beim Boberwiesenbad ist der Besichtigung wert.
1928: Städtisches Museum zu Bunzlau. Bunzlauer Stadtblatt, 3. April 1928. Sechs aktuelle Photographien von den jetzigen Arbeiten am neuen Boberbade verdanken wir der Aufmerksamkeit des Dentisten Schaefer.
1928: 30. Juli. Temperaturen im Boberwiesenbad: Bober 17, Becken 20, Luft 25 Grad Celsius.
1935: Artur Schiller. Das Boberwiesenbad wurde in seiner jetzigen Form 1926 erbaut. Die Gesamtwasserfläche beträgt 5000 Quadratmeter und ist aufgeteilt in ein Schwimmbecken von 100 mal 25 Meter, ein Nichtschwimmerbecken von 60 mal l25 Meter und ein Planschbecken von 40 mal 25 Meter. Das Freigelände – Sonnenbad und Liegewiesen – ist fast 10 Morgen groß. Zur Zeit ist eine gründliche Neugestaltung des Bades mit einer Verbesserung der Wasserverhältnisse geplant.
1937: 16. 7. Morgen Sonnabend spielt um 17 Uhr im Boberwiesenbad die Stadtkapelle.
1939: 1. 5. Die Erfrischungshalle im Boberwiesenbad ist zu verpachten. Angebote sind bis 5. Mai einzureichen. Der Bürgermeister. (Stadtamt für Körperpflege).
Am 22. Mai 1937 schreibt Theo Körling (Karl Wiechmann) in seiner Bunzlauer Drehscheibe: „Die Badesaison hat in Bunzlau bereits begonnen, allerdings vorerst im freien Bober und ab Sonntag in unserem überraschend, denn in den anderen Jahren hatte er es nicht so eilig. Wenn man da im Juni die Pforten öffnen konnte,war es früh genug. Und es mußte ja auch noch allerhand hergerichtet werden. Das war gar nicht so einfach. Die Hauptarbeiten sollen ja noch kommen. Wie der Erste Bürgermeister kürzlich in seiner Etatsrede ausführte, sind 10000 RM. für die gründliche Instandsetzung des Boberwiesenbades vorgesehen.
Er wies auch darauf hin, daß dieser Betrag wohl bei weitem nicht ausreichen werde, um die Wasserverhältnisse im Boberwiesenbade zu verbessern. Das Bad wird einen erheblich verstärkten Besuch durch die Garnison erfahren.
Dadurch wird voraussichtlich auch die Schaffung weiterer Umkleidemöglichkeiten dringend werden. Nach Durchführung der dringendsten Arbeiten soll deshalb der übrigbleibende Restbetrag der 100000 RM. einer Rücklage für das Boberwiesenbad zugeführt werden, der allmählich so verstärkt werden soll, daß die erforderliche Erneuerung des Boberwiesenbades zugeführt werden, der allmählich so verstärkt werden soll, daß die erforderliche Erneuerung des Boberwiesenbades daraus bestritten werden kann. Bekanntlich ist das Schwimmbecken etwas zu hoch angelegt, so daß bei flachem Boberstand der Zufluß versagt. Vor einigen Jahren wurde dem Schaden durch Anlegung einer Pumpe, die Grundwasser zuführt, etwas abgeholfen, aber der Idealzustand wird erst erreicht werden, wenn das Boberwasser immer wieder zum Nachfüllen und Reinigen benutzt werden kann.
Dann werden wir auch im Herbst schöne Wasserverhältnisse haben. Daß wir jetzt durch die Soldaten mehr Andrang im Boberwiesenbad bekommen, kann nur begrüßt werden. Der Bunzlauer hat sich in den letzten Jahren nicht besonders badefleißig gezeigt. Wenn es nicht ganz heiß war, zeigte das Bad meist eine gähnende Leere. Aber in diesem Jahre wird ja die Sonne etwas gnädiger sein.“