Bunzlauer Eisenwerke Ferdinand Wiesner

Veröffentlicht von Milan Koncz am

Dietmar Plate. Erstveröffentlichung in der „Bunzlauer Heimatzeitung Oktober 2015

Im Jahre 1872 begründete Julius Pluskal an der Haynauer Landstraße eine kleine Eisengießerei, die ca. 50 Beschäftigte zählte und Rohguß- und einfache Handelsartikel herstellte. Am 5. Oktober 1888 verkaufte er seine Fabrik an den Inhaber der Dresdner Eisenhandelsfirma Florian Czockerts Nachfolger Ferdinand Wiesner. Vermutlich mit dem Erlös aus dem Firmenverkauf wurde Pluskal Teilhaber der am 1. 6. 1889 gegründeten „Bunzlauer Thonröhren- und Chamottewaaren-Fabrik Hoffmann & Co.“ an der Sprottauer Straße. Er hatte als Industriepionier offensichtlich einen guten Ruf in Bunzlau, denn man nannte nach ihm die Pluskalstraße, die als Verlängerung der Schwedenstraße von der Sprottauer Straße zur Modlauer Straße führte. Pluskal schied 1892 auch aus dieser Firma aus und starb als Rentier in Görlitz noch vor dem ersten Weltkrieg. Ferdinand Wiesner wurde am 15. November 1839 in Hermsdorf bei Liebau in Schlesien geboren.

Am 5. Mai 1863 trat er als Handlungsgehilfe in die Firma Czockert in Dresden ein. 1866 heiratet er die älteste Tochter des Inhabers. Am 24. Juli 1867 wurde ihm die Prokura erteilt, er übernahm schließlich am 1. April 1878 das Geschäft seines Schwiegervaters und führte es unter seinem Namen fort.

Durch die Neuerwerbung der Bunzlauer Firma erweiterte er sein Handelsgeschäft um eine Gußwarenabteilung, die vorwiegend Produkte aus Bunzlau verkaufte.

Ferdinand Wiesner verstarb am 12. Juli 1911. Der zunächst als Nachfolger vorgesehene Sohn Paul Wiesner war bereits im Jahre 1905 ebenfalls verschieden, daher übernahm nun der zweite Sohn Oskar Wiesner das Geschäft.

In der Jubiläumsschrift der Firma Florian Czockerts Nachfolger Ferdinand Wiesner, erschienen anlässlich des 75jährigen Jubiläums, lesen wir auch folgende Mitteilungen über das Bunzlauer Werk: „Am 5. Oktober 1913 war es dem jetzigen Inhaber vergönnt, die 25jährige Zugehörigkeit des Bunzlauer Eisenwerkes zum Dresdner Stammhause zu feiern. In diesem Zeitraume wurde auch dieses Werk bedeutend erweitert. Schon kurz nach der Erwerbung wurden Neubauten aufgeführt. Die maschinellen Einrichtungen wurden wesentlich verbessert und modernisiert.

Eine zweite Dampfmaschine und Reservekessel sowie elektrische Lichtanlage wurden beschafft. Werkzeugmaschinen aller Art machten sich notwendig, um den gesteigerten Ansprüchen und dem stetig wachsenden Absatz Rechnung zu tragen, und ist überhaupt das Werk mit den neusten technischen Errungen-schaften ausgerüstet.

Dem Gießerei- und Schlossereibetriebe wurde eine galvanische Anstalt angegliedert, die es ermöglicht, verfeinerte Waren zu produzieren und den Fabrikaten weitere Gebiete zu eröffnen. Eigener Gleisanschluß dient zum bequemen An- und Abrollen der Rohmaterialien und fertigen Güter. Die eingangs erwähnte Beamten- und Arbeiterzahl hat in dieser Zeit die stattliche Höhe von nahezu 200 Mann erreicht und haben zum Emporwachsen des Werkes die beiden jetzigen Prokuristen Gallasch und Kiesewetter nicht unwesentlich beigetragen. Die Hauptprodukte des Bunzlauer Werkes sind Roh- und Handelsgußwaren und als Spezialität: Ofenbauartikel in einfacher bis feinster Ausführung, ferner Kanalisationsartikel sowie Kunst- und Maschinenguß.

Das Absatzgebiet für genannte Fabrikate ist ganz Deutschland sowie verschiedene ausländische Staaten, besonders Rußland.

Auf der Niederschlesischen Industrieausstellung in Görlitz 1905 wurden schon die Erzeugnisse des Werkes mit der Goldenen Medaille ausgezeichnet, ebenso auf der Hygienischen Ausstellung 1911 in Dresden und 1913 auf der Baufachausstellung in Leipzig ehrenvoll prämiiert. Gegenwärtig ist man im Begriff, eine Maschinenbauabteilung einzurichten, in der Etikettier- sowie Einpackmaschinen angefertigt werden sollen.“

Oskar Wiesner wird noch 1935 als Besitzer der Eisenwerke in Bunzlau genannt. Fabrikdirektor war zu diesem Zeitpunkt Walter Rumpf. 1936 lesen wir in einer Anzeige:  „Bunzlauer Eisenwerke Ferdinand Wiesner. Seit 1888 in Familienbesitz; o. HG. F. 1891. Bunzlau, Haynauer Landstraße 9/11/13. Betriebsführer: Oskar Wiesner, Walter Rumpf. Gußeiserne Kanalisationsartikel, Ofenbauartikel, Maschinen- und Handelsguß. Galvanisierte Artikel.“

Mit Kanalisationsartikel sind in erster Linie Gullideckel gemeint, die man vor allem an alten Berlin Straßen noch heute finden kann. Von dem auf dem Bild zu sehenden großen Firmengelände ist heute nur noch das Wohnhaus des Firmeninhabers vorhanden. Wer in Bunzlau die Haynauer Landstraße entlang geht, sollte keine große prächtige Villa erwarten, tatsächlich ist es ein eher kleines Häuschen mit einem unverwechselbaren roten Dach.

Bunzlauer Eisenwerke, Ferdinand Wiesner

Inhaber: Oskar Wiesner, Bunzlau i. Schles. Reklame aus dem Jahre 1923

Die Firma besteht bereits seit dem Jahre 1888 und gehört zu ihrer Spezialität die Anfertigung von bestem, zähen Maschinenguß nach eigenen oder eingesandten Modellen, welche über Hand oder Formmaschine hergestellt werden. Als Hauptfabrikationszweig kommen Ofenbauartikel aller Art in Betracht, welche von der einfachsten Ofentür is zur geschmackvollsten, künstlerischen Ausführung erzeugt werden. Der Eisengießerei ist zur weiteren Fertigstellung der Gußstücke eine Schlosserei mit modernsten Arbeitsmaschinen angegliedert. Außerdem ist noch eine galvanische Anstalt vorhanden, in welcher Metallfärbungen ausgeführt und die Fabrikate vernickelt, vermessingt und verkupfert werden können, so da dadurch den Produkten im verfeinerten Zustand ein erweitertes Absatzgebiet eröffnet und gesichert ist. Auf der niederschlesischen Industrieausstellung in Görlitz 1905 wurde schon de Erzeugnisse des Werkes mit der goldenen Medaille ausgezeichnet; ebenso auf der Hygienischen Ausstellung 1911 in Dresden und 1913 auf der Baufach-Ausstellung in Leipzig ehrenvoll prämiirt. Diese Anerkennungen geben gewiß eine Empfehlung für die Güte der Fabrikate, Lieferungen erfolgten bisher nach allen Teilen des deutschen Reiches, sowie nach Österreich, Serbien, Rumänien, Schweden, Dänemark und Rußland.