Kapelle

Veröffentlicht von Milan Koncz am

Grundsteinlegung auf dem neuen Friedhof

Erstveröffentlichung: Bunzlauer Stadtblatt, 30. 10. 1937.

Auf dem neuen evangelischen Friedhof am Wehrberge fand gestern die Grundsteinlegung zu der bereits im Bau befindlichen Friedhofskapelle statt Nach zwei Chören des Kirchenmusikvereins wies Pfarrer Demke darauf hin, daß heute der Grundstein an der Stelle gelegt werde, über der sich einst der hohe Turm und der Altarraum wölben werde.

Blick von Norden in den vom Friedhofsgelände völlig verdeckten Innenhof mit Zufahrt zu den Leichenkammern

Nach langen Vorarbeiten sei der neue Friedhof in seiner Ausgestaltung so weit fertig, daß er in kurzer Zeit der evangelischen Gemeinde übergeben werden könne. Das erste Grab solle jedoch nicht eher gegraben werden, bis diese Kapelle mit würdiger Totenkammer fertig ist. Er erbat den Segen Gottes für den Bau für de Ausführenden und für de Bauarbeiter die auf der Grundmauer Aufstellung genommen hatten. Dann verlas er die Grundsteinurkunde, die sich in einer von einem hiesigen Klempnermeister gestifteten Kapsel befindet und in den Grundstein, den ein hiesiger Steinmetz zur Verfügungen gestellt hatte, eingemauert wurde.

Im weiteren Verlauf der Feier ergriff Superintendent Lorenz das Wort. E dankte Gott, der unserem Führer die Kraft verliehen habe, Deutschland vor dem Blut- und Tränenmeer des Bolschewismus zu bewahren, so daß auch die Gemeinde hier an dieser Stelle auf deutschem Grund und Boden die Kirche bauen könne. Pfarrer König führte mit einem Bibelspruch die drei Hammerschläge aus. Es schlossen sich dann die Vertreter des Gemeindekirchenrates, der Patronatsvertreter, der Standortälteste der Wehrmacht, der Architekt Langmaack, der auch die Altenlohmer Kirche erbaute, und die Männer vom Bau mit den drei Hammerschlägen an. Die Feier, an der zahlreiche Gemeindeglieder teilnahmen, schloß mit Gebet und Gesang des Chorals „Nun danket alle Gott!“

Friedhofskirche in Bunzlau (Schlesien)

Architekt: Gerhard Langmaack, Hamburg

Erstveröffentlichung: Baugilde. Zeitschrift für die deutschen Architekten. Baukunst, Bautechnik, Bauwirtschaft. Heft 25. Berlin, 10 September 1940.

Heft 25. Berlin, 10 September 1940

Blick vom Westen über den Hügel

Die Töpferstadt Bunzlau trägt durch ihren alten Friedhof mit seinen edlen großen Sandsteinplatten an den hohen Friedhofsmauern eine besondere Verantwortung für die zukünftigen Friedhofsfragen. Solange die Toten innerhalb dieser bergenden Mauern und inmitten der alten Gräber bestattet werden, spannt sich der Bogen von den früheren Geschlechtern bis zu den lebenden von selbst und solange jene Grabplatten mit ihren Schilderungen vom Ablauf des Menschenlebens die Vorübergehenden immer wieder grüßen, bleibt ein rechtes Verhältnis vom Leben zum Tode, vom Werktag, zu dem Tag, da wir unser Werkzeug aus der Hand legen müssen und die Töpferscheibe zum Stillstand kommt.

Wenn aber immer wieder neue Generationen diesen Weg gehen, so kommt eines Tages die Frage nach neuen Gräbern, auch einen neuen Friedhof.

In kluger Voraussicht hat die Evangelische Kirchengemeinde Bunzlaus schon vor einer Reihe von Jahren ein neues Gelände unmittelbar vor den Toren der Stadt zu dem neuen Friedhof bestimmt und so kann heute schon, bevor die Bunzlauer dort ihre Toten bestatten, von einem in seinen Wegen und Plätzen und Grünanlagen fertigen Friedhof gesprochen werden.

In diesem Rahmen gab es nun die neue Friedhofskirche zu bauen und in diesem Rahm war die neue Friedhofskirche einzufügen. Aus enger Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber und aus dem Bestreben, traditionelle Haltung mit neuen Anforderungen zu verbinden, entstand der Bau. Die Kriegsmonate spielten bereits in die Fertigstellungsarbeiten hinein und ehe noch eine Einweihung erfolgte, fanden bereits die ersten Soldaten der Bunzlauer Garnison auf dem als Garnisonsfriedhof abgeteilten Platze ihre letzte Ruhe im Schatten der kleinen Kirche.

Der Bau ist nicht nur zweckbestimmt durch die mancherlei Anforderungen an Versammlung der Trauergemeinden, musikalischer Ausschmückung von Feiern, Bereitstellung von Blumenschmuck, an Unterbringung und Aufbahrung der Leichen usw., sondern der Bau zugleich die Aufgabe aller Baukunst, die Landschaft gleichsam erst gültig zu machen und die Aufgabe selbst zu versinnbildlichen.

Orgelempore mit der von Sauer aus Frankfurt a. O. gebauten Orgel.

Dem allen dient nun die Friedhofskirche, sowohl mit ihrer Lage, hineingeschoben in den Berghang mit dem breit vorgelagerten Friedhof, als auch mit ihrer Material- und Formensprache, im hellen rauhen Verputz der Wände, dunkelbraun gebeizten Holzteilen und den mit kupferfarbenen Biberschwänzen gedeckten Dach- und Turmflächen.

Die rechts und links vom Hauptbaukörper angelegten breiten Freitreppen binden die Anlage in Platz und Hügel ein und leiten vor die Doppeltüren der beiden Ein- und bzw. Ausgänge des Kirchenraumes.

Auf der einen Seite sind die Aufenthaltsräume für den Pastor und die engste Trauergemeinde, auf der anderen solche für Träger und ein Raum für Blumen und Geräte angegliedert.

Der Hauptraum selber mit seinen 200 Sitzplätzen und seinen zahlreichen Stehplätzen wirkt bewußt durch die hellen Wände, die großen Fenster und durch das helle Kiefernholz der Bänke und Empore würdevoll aber freudig. Die Sammlung und Ausrichtung des Raumes geschieht durch den unterm Turm liegenden, sich um drei Stufen erhebenden Altarraum mit seinem großen Rundfenster und dem schweren sandsteinernen Blockaltar.

Vor den Stufen wird der Sarg aufgebahrt, der, inmitten der Trauergemeinde, diese gleichsam mit hineinnimmt in die vom Altar her anklingende Mahnung von Gericht und Verheißung der Auferstehungsbotschaft, sichtbar dargestellt im Rundfenster durch den richtenden und wägenden Sankt Michael, dem Engel der Deutschen, und den alles überhöhenden „Kyrios“. Aufgenommen und von der Gemeinde her unterstrichen wird dieses Bild durch die Musica sacra von der Empore aus mit der Orgel.

Einzelheit der Tür mit profilierten überschobenen Füllungen,

Die kassettierte Holzdecke ist in den Rippen hell gehalten, in den Feldern dunkel gestrichen. So überspannt sie den Raum in gerader Fläche, nur leicht unterbrochen durch die hervorstehenden Balken der Sprengkonstruktion des Daches. Die Decke im Altarraum, unterm Turm also, liegt höher und läßt die Deckenbalken sichtbar mit verschalten Feldern. Über dieser Decke steht der schwere Glockenstuhl mit der Totenglocke, deren Inschrift „Siehe, ich habe dir geboten, daß du getrost und freudig seiest“, den echt christlichen Sinn von Tod und Trauer unterstreicht.

So ist es denn auch die Absicht, im ganzen Bauwerk und in allen seinen Teilen diesen Ton von Trost und Freudigkeit zum Anklingen zu bringen. Und durch die bis ins kleinste durchgeführte handwerkliche Ausbildung wird der Bau in Form und Material unter bewußter Wahrung der Tradition zum Träger der geistigen Idee. So bedeutet die Bauaufgabe dieses: Den letzten Sinn des Friedhofes der Menschen in dem Bau der Friedhofskirche sichtbar zu machen!

Neue Kirchenbauten in Hamburg und Bunzlau

Erstveröffentlichung: Kunst und Kirche. Zeitschrift für Kirchenkunst. 18. Jahrgang/Neue Folge. Heft 1/2 1941. Martin Kautsch.

Einzelheit der Tür mit profilierten überschobenen Füllungen,

… Welche Sondergestalt die Landschaft dem Kirchenbau aufprägt, wenn der Architekt auf diesen Klang stammhafter Eigenheit hört und darauf einzugehen versteht, beweist die neue Friedhofskapelle in Bunzlau (Schlesien). Ihr Erbauer ist ebenfalls Gerhard Langmaack, der den Schlesiern schon aus dem Jahre 1937 durch die schöne Altenlohmer Kirche bekannt ist (s. „Kunst und Kirche“ 1, 1937). Der Friedhof der evangelischen Gemeinde ist hier vor der Stadt angelegt worden, und zwar in einem leicht hügeligen Gelände; belegt ist er noch nicht. Die Kapelle bildet also Kern und Ausgangspunkt der Grabfelder auf dem entstehenden Gottesacker. Sie ist nicht in erster Linie Aufbahrungs- und Feierhalle, sondern wirklicher Kirchenraum; als solcher dient sie auch zu reinen Gemeindegottesdiensten. Das Innere mit dem klar abgesonderten Altarraum und dem beherrschenden Rundfenster darin hat trotz der weiten Proportionen des Schiffes und der lichten Farbigkeit eine entschiedene Ausrichtung. Die farbige Verglasung im Osten sammelt den Blick der Gemeinde auf den kämpfenden Erzengel Michel und den über ihm thronenden Christus zwischen Gestirnen und Engeln. Das holzfarbighelle Gestühl (2 Blöcke), der backsteingepflasterte Boden, die Holzdecke mit dunkel gebeizten Feldern und hellen Trennhölzern, die Orgelempore mit dem kleinen Rückpositiv-Orgelwerk – alles erinnert an Ochsenzoll. Ein betonter düsterer Ernst, der der landläufigen Vorstellung einer Friedhofskapelle entspräche, ist bewußt vermieden; er ist ja in Wirklichkeit nicht christlich, wie uns ein blick auf die Katakomben mit ihrer farbigen Ausmalung oder auf die Herrnhuter Friedhöfe, auf denen die Gemeinen den Anbruch des Ostermorgens zu begehen pflegen, bewiest.

Blick in das Kirchenschiff gegen den im Osten liegenden Altarraum

Der Außenbau der Bunzlauer Kapelle spiegelt die landschaftliche Eigenart der schlesischen Bauüberlieferung noch stärker als das schlichte Innere. Über dem Altarraum steht der Turm mit seinem steilen, schlanken Helm. Der Turmbau wächst ohne Gliederung oder Abtrennung aus der Ostwand mit seinem Rundfenster heraus. An der einen Langseite (Süden) führt eine breite Bahn im Ausmaß der Länge des Schiffes zu den Totenkammern hinunter, die unter dem Kirchenraum liegen; diese vertiefte Zufahrt, dem hügeligen Gelände abgewonnen, ist durch kleine Mauern und Bepflanzung dem Blick fast ganz entzogen. Auf der anderen Langseite führt am westlichen Ende eine schöne freie Holztreppe (schles. Bauform) zu einem vorgebauten Altar und zur Orgelempore hinauf; darunter liegt die westliche Eingangstür.

Die Westfront eignet sich wegen des hier ansteigenden Geländes nicht als Eingangsseite; sie ist unten verputzt und durch eine Reihe kleiner Fenster zur Beleuchtung des Raumes unter der Empore ausgenutzt. Darüber zeigt sie bis in den Giebel hinauf eine dunkle Holzverschalung (mitteldeutsche und schlesische Eigenheit). Seitlich der Ostfront führen niedere Anbauten (Sakristei und Raum für die Angehörigen) mit ihren klaren Pultdächern die Linie des Turmhelms, der am Fuß leicht ausschwingt, gleichsam zur Erde herunter. Eine Fortsetzung dieser Verwurzelung im heimatlichen Grund bedeuten die beiden Treppenläufe, die hier in verhaltenem Fall von den Terrassen an beiden Langseiten nach Osten in das Friedhofsgelände hinunter „fließen“.

Doppeltür an der Brüstungsmauer zum Innenhof

Die hier beschriebenen Kirchen kennzeichnen die Lage im gegenwärtigen Kirchenbau: Die stärksten und glaubwürdigsten Lösungen – zu denen Langmaacks Kirchen zweifellos gehören – liegen auf dem Gebiet des Kleinkirchenbaues. Von hier aus werden die entscheidenden Ansätze zur Gesundung und Klärung für die Zukunft zu erwarten sein; das ist nicht nur erzwungene Folge äußerer Gründe, sondern Zeichen innerer Besinnung. Und das neue Fragen nach den gottesdienstlichen Voraussetzungen des Bauens verträgt und ergänzt sich mit der bewußten Sprache und Überlieferung.

Kategorien: Texte vor 1945