Die Bunzlauer Schulen
Erstveröffentlichung: „Der Bunzlauer Kreis am Bober und Queis“. 2. völlig neu bearbeitete Auflage 1964. Herausgegeben von der Bundesheimatgruppe Bunzlau in Siegburg.
Die erste Bunzlauer Urkunde, die eine Schule erwähnt, trägt das Datum vom 26. 6. 1452. Sie ist die Niederschrift eines Zeugenverhörs, wer das Patronatsrecht über die Schulen hatte, ob die Stadt oder die Geistlichkeit. Es ist daraus ersichtlich, daß die Schulen schon vor mindestens 60 Jahren als 1392 bestanden hatten. Es wurde ausgesagt, daß die Stadt stets Lehrer angestellt habe; einige Male seien Priester darunter gewesen, damit diese den Pfarrer bei Amtshandlungen vertreten konnten. Dabei werden Namen der damaligen Schulmeister genannt: die Priester Johannes Grelle, Nikolaus Wacker und Johannes Ottag. Diese älteste Schule stand in der Nähe der Kirche. Was wurde damals unterrichtet? Die mittelalterliche Schule unterschied zwei Stufen, das Trivium oder den Dreiweg (Grammatik, Rethorik, Dialektik) und das Quadrivium oder den Vierweg (Geometrie, Arithmetik, Astronomie, Musik), welche man die sieben freien Künste nannte. Das Trivium wurde in der Trivialschule gelehrt, das war der untere Lehrgang, dem als der obere Lehrgang das Quadrivium folgte.
1524 zog die Reformation in Bunzlau ein. Am 8. 5. hielt Jakob Süßenbach die erste evangelische Predigt in der Pfarrkirche, in der dann bis 1532 als Pfarrer wirkte. Von dieser Zeit ab sind wir über das Schulwesen genauer unterrichtet durch die Chronik des Pfarrers Friedrich Holstein. Er war am 23. 12. 1545 in Bunzlau geboren, wurde wahrscheinlich in der hiesigen Schule zum Studium vorgebildet, war von 1558 bis 1600 hier Pfarrer und ging dann nach Schweidnitz, wo er 1607 starb. Er machte uns lückenlos mit den Leitern der Schule bekannt. Bis 1523 leitete sie Jakob Steinbrecher, dann Johannes Liebalt, unter dem sie einige Zeit wegen Pest geschlossen war. Es folgte 1526 ein früherer Mönch Nasatus (Naseweis), später Joseph Klette, dem dann bis 1539 Mathias Holstein, ein Mann von hoher Gelehrsamkeit, der bei seinen Zeitgenossen in hohem Ansehen stand; viele tüchtige Leute haben ihm ihre Ausbildung zu verdanken und waren durch seine Empfehlung zu Ämtern gelangt. Sein Nachfolger Kaspar Schulmann ging nach Wittenberg, wo ihm Melanchthon später die Grabrede hielt. Es folgte 1542 bis 1546 Georg Seiler, bis 1548 Martin Jonas, bis 1553 Melchior Gerlach.
Während der nächsten Jahre weilte der berühmte Goldberger Schulmeister Valentin Trotzendorf in Bunzlau, der der Pest in Goldberg ausgewichen war. Damals leiteten die Schule Berthold Krumbhorn, Michael Knoll, Tobias Kober, Tilemann Krug. Die nächsten Rektoren waren 1558 bis 1564 Johannes Meisner, bis 1568 Georg Werner, bis 1585 Matthias Hilwig, der mit seinem Kollegen Sebastian Namsler an der Pest starb. Der folgende Leiter Salomon Gesner starb später als Professor in Wittenberg, sein Nachfolger Elias Namsler (1589 bis 1596) war wieder in Bunzlau geboren. Über die Jahrhundertwende bis 1604 war Christoph Opitz der Rektor, wieder ein Bunzlauer, der Onkel von Martin Opitz.
Es folgten von 1606 bis 1616 der Bunzlauer Valentin Senftleben, dann Zacharias Schubert aus Brieg, der bereits seit dem 15. 11. 1615 als Prorektor an der Schule tätig war und unter dem 1629 im Dreißigjährigen Krieg die Schule zugrundeging. Sie befand sich während der ganzen Zeit in der Nähe der Kirche, es läßt sich aber kein genauer Ort angeben. Unter Rektor Meisner wurde das Gebäude abgebrochen und von Pfingsten bis Michaelis neu gebaut. Der Schulleiter verfaßte eine lateinischen Spruch über die Haustür: „Freue dich, o Nachwelt deines Bürgermeisters Hanwald, welcher für dich das prächtige Gebäude der frommen Schule hat errichten lassen.“ Die Großbuchstaben ergaben die Jahreszahl 1561. Die Stadt hat sich also ihrer Schule fürsorglich angenommen.
Wir schließen es auch aus folgenden kurzen Berichten. 1593 zersprang die Schulglocke und wurde in Breslau neu gegossen. 1599 wurde das Haus erweitert, es bekam zwei Giebel, wir dürfen annehmen, daß der löbliche Rat seine Schule in der Bauweise der Zeit schmücken wollte. 1601 wurde ein großer Wassertrog hinter der Schule eingegraben, was wohl heißen soll, daß durch Anschluß an die Wasserleitung des Queckbrunnens eine bequeme Trinkgelegenheit geschaffen wurde. Alljährlich zu Beginn des Schuljahres an Ostern zum beliebten Gregoriusfest trat die Schule an die Öffentlichkeit, indem in fröhlichem Zuge die neu eingetretenen Schüler durch die Stadt geführt werden, unter Gesang und allerlei Späßen, wie Holstein mehrfach erwähnt. Leider erfahren wir sehr wenig von dem täglichen Leben der Schule und vom planmäßigen Aufbau ihrer Arbeit. Aber auch heute berichten die Zeitungen nur von besonderen Ereignissen der Schulen und solche hören wir von Holstein genügend, um ein Bild zu gewinnen.
Es handelt sich nicht um eine öffentliche Schule im heutigen Sinne, es war eine Lateinschule. Luther hatte in seiner Schrift von 1525 „An die Ratsherren aller Städte in deutschen Landen, daß sie christliche Schulen aufrichten und halten sollen!“ zur Errichtung solcher Schulen aufgefordert und Melanchthon, der praeceptor germaniae, hatte dies Mahnung 1543 wiederholt: „An eine ehrbare Stadt, von Einrichtung der lateinischen Schule nützlich zu lesen.“ Sie erreichten, daß jede Stadt, die sich eines gewissen Wohlstandes erfreute, eine Lateinschule gründete, also eine Schule, die nach Vermittlung von Kenntnissen in den alten Sprachen das Studium der griechischen und römischen Schriftsteller betrieb.
Das war der Weg jener humanisitischen Zeit zur Ausbildung von Predigern, Lehrern und Ratsleuten. Es gab damals weder Abschlußprüfung noch Reifezeugnis. Die Schulen entließen ihre Zöglinge mit genügender Vorbildung, um den Vorlesungen an der Universität folgen zu können. So ging denn eine ganze Reihe von Bunzlauer Schülern zum Studium nach Wittenberg. Die Bunzlauer waren stolz auf ihre Schule. Über die Tätigkeit des Rektors Matthias Hilbig berichtet Holstein, daß zu seiner Zeit die Schule „in großer Aufnahme kommen, denn viele von Adel, auch von weit abgelegenen Orten ihre Kinder anhero gesandt haben.“ Die Kenntnis der lateinischen Sprache ist so verbreitet gewesen, daß sogar Landsleute um Bunzau beim Pflügen lateinische Lieder gesungen haben sollen.
Der rasche Wechsel der Schulleiter fällt auf, auch der Lehrer deren Namen uns Holstein auch gelegentlich mitteilt. Das Unterrichten war noch nicht ein ausgesprochener Lebensberuf. Zwar stiegen einzelne vom Auditor und Baccalaureus zum Pro- oder Konrektor und zum Rektor auf, aber für die meisen war war die Lehrtätigkeit ein Übergang zum Studium zu Ämtern im kirchlichen oder städtischen Dienst. So ließ sich Liebalt in den Magistrat berufen, und Joseph Klette trat an die Stelle seines Schwiegervaters als Stadtschreiber. Senftleben, ein besonders tüchtiger Schulmann, schied am 10. 10. 1616 aus dem Schuldienst und wurde am 8. 9. 1617 zum Bürgermeister gewählt, sicher zur hohen Freude seines Vaters, des Pfefferküchlers Jakob Senftleben. Der Sohn war nachher noch mehrmals Bürgermeister, bis er 1627 starb. Auch mit anderen Städten war ein lebhafter Wechsel. Kaspar Schuhmann und Salomon Gesner gingen nach Wittenberg, Holstein nach Neisse. Noch lebhafter war die Bewegung unter den Schülern. Sie folgten berühmten Lehrern oder suchten in anderen Städten bessere Förderung.
Die „fahrenden Schüler“ gehörten zum Bild der damaligen Zeit. Nicht selten verfiel die Jugend dabei dem Wandertrieb und sank zu Landstreichern und Bettlern ab. Da mußten die Schulen darauf bedacht sein, ihren Ruf zu wahren. Am 7. 4. 1620 wurde der Auditor, Elias Hanewald, der erst am 19. 4. 1619 eingeführt worden war, wegen seines ärgerlichen Lebens entlassen. Von Mathias Holstein wird gerühmt, daß er „die Schule mit guter Disziplin aufgerichtet und alles in Ordnung gebracht hat.“ Die Lehrer waren angesehen, wurden oft in den Rat gewählt und standen mit den vornehmsten Familien der Stadt in freundschaftlichen und verwandtschaftlichen Beziehung-en. Wie geachtet die Schule war, ist auch daraus ersichtlich, daß ihre öffentlichen Aufführungen im Rathaussaal stattfanden. Solche „humanistischen Schülerkomödien“ waren damals allgemein üblich, um die Schüler im Gebrauch der lateinischen Sprache zu üben.
Unsere Chronik erzählt von einer ganzen Reihe solcher Aufführungen. Da wurden alte römische Komödie gespielt, wie am 12. 11. 1609 die „Gefangenen“ von Plautus oder am 4. 12. 1610 die „Brüder“ von Terenz, beide unter der Leitung von Rektor Senftleben, oder biblische Stoffe, die von Gelehrten der zeit in Wechselsprüche geformt waren, wie am 21. 10. 1594 „Rebekka“ von dem Tübinger Philosophie-Professor Nicodemus Frischlin (1547 – 1590), wobei Rektor Elias Namsler das Spiel führte, oder am 28. 8. 1606 unter Buchwälder, der damals den erkrankten Rektor Opitz vertrat, „eine neue christliche Komödie vor Heiligung und Entheiligung des Sabbaths“ und wieder unter Senftleben Regie am 21. 10. 1612 „Joseph“ vom „christlichen Terenz“, unter welchem Decknamen sich der Harlemer Rektor Cornelius Schonäus verbarg. An die Aufführung der zuletzt genannten Komödie schloß Senftleben eine deutsche von Vincenz Ladislaus, deren Titel nicht genannt wird. So hatte er am 10. 9. 1609 ein deutsches Speil „Vom verlorenen Sohn“ aufgeführt und am 12. 8. 1610 folgte in deutscher Sprache „Plagium“, wo der sächsische Prinzenraub dargestellt wurde, und am 26. 6. 1614 die deutsche Komödie „Aret Eugenia“. Nachher scheinen keine Aufführungen mehr stattgefunden zu haben.
Weil unter Zacharias Schubert 1623 Soldaten die Pest einschleppten, mußte die Schule vorübergehend geschlossen werden. Als sie an 25. 1. 1624 feierlich wieder eröffnet wurde, hielt der Rektor eine lateinische Rede und Pastor Wesselius (eigentlich Wenzel) in der Kirche eine Schulpredigt. Er hatte die Schule selbst besucht, denn er war 1571 in Bunzlau geboren. Am Sonntag Rogate, 25. 5. 1617, hatte er seine Antrittspredigt gehalten.
Es hatten sich damals 52 Pfarrer um die Stelle beworben, die ohne Ausnahme Bunzlauer waren und bereits in Ämtern standen, für die sie in der Schule ihrer Vaterstadt ausgebildet wurden. Seine Frau Helene war die Tante von Martin Opitz. Die Wahl stellte ihn unter das schwere Schicksal Bunzlaus im Dreißigjährigen Krieg. Davon erzählt nicht mehr Holstein. Seine Berichte gehen nur bis zu seinem Weggang aus Bunzlau im Jahre 1600. Die Fortführung der Chronik , die „Contenuatio“, die über vier Jahrzehnte bis 1640 berichtet, ist wahrscheinlich von Buchwälder geschrieben, denn bei der Schilderung der Plünderung
Bunzlaus 1639 heißt es: „wie sie denn mich alten Mann Christian Buchwälder braun und blau geschagen mit 73 Jahren“. Sein Leben ist kennzeichnend für seine Zeit. 1566 ist er geboren und 1641 starb er. 1589 war er unter dem Rektorat von Elias Namsler als Lehrer nach Bunzlau gekommen. 1604 kaufte er von Pfarrer Holstein dessen Haus am Katholischen Kirchplatz und wohnte dort. Während der langen Krankheit des Rektor Opitz und bis zwei Jahre nach dessen Tod führte er vertretungsweise die Schule. Am 29. 3. 1613 wurde er Kirchvater, am 12. 9. 1625 wählte man ihn als Beisitzer in den Rat. Als solcher erlebte er Bunzlaus schweres Kriegsschicksal unmittelbar wie Pfarrer Wenzel und Bürgermeister Seiler.
Wie das reichbewegte Lebend er wohlhabenden und fleißigen Stadt in Trümmern und Brandschutt versank, so ging auch die geistige Blüte zugrunde, und zwar nicht durch den Krieg an sich, sondern durch den religiösen Fanatismus der Habsburger, die ihre Religion zur alleinigen in Schlesien machen wollten,wie in allen ihren Ländern. Sie „betrachteten en Protestantismus als eine Wiederholung früherer Ketzereien, welche nicht allein ohne Berechtigung seien, sondern auch mit allen Mittel ausgerottet werden müßten“.
Daher erschienen 1628 die gefürchteten Liechtensteiner Dragoner in den schlesischen Herzog-tümern Schweidnitz und Jauer. Sie bemächtigten sich Januar 1629 hinterlistig der Stadt Bunzlau. Pastor Wenzel und seine Amtsbrüder wurden mit ihren Familien geplagt, geprügelt und mußten sich noch mit Talern die Erlaubnis zum Abzug erkaufen. Mit ihnen zogen am 24. 1. 1629 „die fünf Kollegen aus der Schule, nämlich Zacharias Schubert, der Rektor Balthasar Schultz, Konrektor Kaspar Demelius, Kantor Kaspar Bergmann, Baccalaureus und Heinrich Müller, Auditor“.
Damit war die Schule aufgelöst. Zwar wurden die zerstreuten Schüler gesammelt, um sie beeinflussen zu können, und mit Ersatzkräften wurde am 29. 1. 1629 der Unterricht wieder aufgenommen. „Rektor wurde der gewesene Naumburger Zolleinnehmer und zum Kantor einer aus Friedeberg der neulich zu Greifenberg abgefallen, angenommen“. Die Eltern, die ihre Kinder nicht zur Schule schicken wollten, wurden verhaftet und mit allerlei Beschimpfungen bedroht.
Vom Dezember 1632 bis 1637 stand Bunzlau wieder vorübergehend unter seinem evangelischen Rat, der sofort wieder beruflich vorgebildete Lehrer einstellte. Später verhinderte wohl das wechselnde Kriegsglück die völlige Durchführung der harten kaiserlichen Verfügung, aber die Schule war bedeutungslos geworden. Erst vom Februar 1656 ist wieder eine Nachricht über sie erhalten, nach der Andreas Köhler zu ihrem „Verwalter“ verordnet war. Bis zum Ende des Jahrhunderts ist dann nichts zu vernehmen. Vom 2. 8. 1706 ist zufällig der Name des Rektors erhalten: Andreas Brocke. Als der Tillendorfer Maurergeselle Gottfried Zahn lesen lernen wollte, ging er nicht nacht Bunzlau, sondern über die Grenze nach Thommendorf. 1732 ordnete Pfarrer Menzel an, daß die Kinder jedesmal vor Verlassen der Schule das Einmaleins aufsagen sollten. Das kennzeichnet den Zustand der Schule.
Im Dezember 1740 fiel der junge Preußenkönig in Schlesien ein. Am 16. 2. 1741 ließ er durch seinen Feldprediger im Lager von Rauschwitz bei Glogau die ersten Prediger für evangelische Gemeinden ordinieren, darunter Ambrosius Ferdinand Järschky für Bunzlau. Weil das neue Amt viel Arbeit mit sich brachte, erhielt er in dem Predigtamtskandidaten Fiebig aus Reibersdorf einen Gehilfen. Der übernahm auch das Amt des Kantors und dadurch wurde eine evangelische Schule möglich. Zwar ging er schon 1742 weg, und die Nachfolger wechselten mehrfach, doch 1743 wurden die Verhältnisse dieser Schule geregelt. Der Frieden zu Breslau vom 11. 6. 1742, der den ersten Schlesischen Krieg beendete, enthielt die Bestimmung: „Die katholische Religion bleibt im gegenwärtigen Zustand, jedoch unbeschadet der den Protestanten zu gewährenden unbeschränkten Gewissensfreiheit.“ Damit war die Religonsfreiheit der Fürsten, die 1648 festgesetzt war, nun zum Zeitalter der Aufklärung weitergeführt zur Religionsfreiheit der einzelnen Person. Nun war der Fortbestand der bisherigen Schule als einer katholischen Schule gewährleistet und die neue evangelische Schule bestätigt. Von jetzt an bestanden also in der Stadt zwei Schulen, getrennt nach der Konfession.
Am 22. 6. 1752 wurde auf dem Schloßplatz der Grundstein zum evangelischen Gotteshaus gelegt. Dabei hören wir zum ersten Male genaueres von der evangelischen Schule. Mit den Mitgliedern des Magistrats, den Geistlichen Järschky und Woltersdorf und den Lehrern Konrektor Am Ende, Kantor Rösler und Auditor Höflich versammelten sich die Kinder der 1., 2. und 3. Klasse im Kürschnersaal des Rathauses, wo bisher die evangelischen Gottesdienste gehalten wurden und eröffneten Paar um Paar den Festzug zum Schloßplatz. Am gleichen Tage ergingen aus Breslau einige Verordnungen über das Schulwesen. Konrektor Am Ende wurde beauftragt, dem 3. Lehrer an der Lateinschule Höflich und den Lehrern Horn und Siegmund an der Deutschen Schule aufzugeben, sich unverzüglich beim Inspektor Walter in Jauer zu melden, sich von ihm examinieren zu lassen und dann unter Verbringung seines Originaltextes binnen vier Wochen um Bestätigung einzukommen. Sodann wurde der unentgeltliche Unterricht angeordnet, jedoch sollten die Kinder wohlhabender Eltern vierteljährlich sechs Groschen bezahlen. Die Regierung in Glogau verfügte, daß die Stadt den Rektor einzusetzen habe, während die übrigen Kirchen- und Schulbeamten unter Zuziehung des Pfarrers zu berufen wären. Rektor und Kantor sollten ihre Besoldung aus der Kämmereikasse erhalten. Bei den Schulkonferenzen sollte ein Mitglied des Magistrats zugegen sein. Freilich hatte diese Schule jahrzehntelang kein eigenes Gebäude, der Unterricht fand in Privathäusern statt. Sie bestand aus einer Elementarschule mit zwei Klassen und einer Lateinschule mit drei Klassen. Bis 1777 gehörte Bunzlau zum Schulinspektionsbezirk Jauer, dann wurde Pfarrer Christian Ludwig Woltersdorf, der Direktor des Waisenhauses von 1762 bis 1804 mit der Beaufsichtigung der Kreise Bunzlau und Löwenberg beauftragt. So blieben die Verhältnisse viele Jahre. Auf Rektor Am Ende der am 2. 5. 1792 starb, folgte Rektor Engmann. 1809 amtierten außer ihm noch Kantor Munsky (gest. 1810) und die Schulkollegen Berthold Puschmann und Exner. 1812 vernachte ein edeldenkender und vermögender Mann, Kaufmann Bleul in seinem Testament eine Summe zur Erbauung neuer Schulhäuser und zur Verbesserung der Lehrergehälter. Der Betrag reichte aber nicht aus für einen
Neubau mit fünf Klassen und Wohnungen. Da entstand der Gedanke, aus dem aufgehobenen Dominikanerkloster und seiner Kirche die so lange entbehrte evangelische Schule zu erstellen. Der König stimmte der Bitte um Überlassung der Gebäude zu. Obgleich alle Baustoffe aus der Kämmerei geliefert wurden, fehlte es doch bald an dem nötigen Gelde. Die Erben des Kaufmanns verweigerten die Auszahlung des Vermächtnisses, so daß die Stadt in einen Prozeß verwickelt wurde. Aber der Bau war angefangen und wurde unter vielen Schwierigkeiten so weit geführt, daß die Klosterkirche in Schulklassen verwandelt und die Mönchszellen in Lehrerwohnungen eingerichtet wurden. Kaum bezogen, wurde das Haus im Franzosenkrieg teilweise als Lazarett und als Magazin für Lebensmittel verwendet. Als Bürgermeister Kürbis am 2. 5. 1814 feierlich eingeführt wurde, begleiteten ihn 24 weiß gekleidete Mädchen und überreichten ihm ein Gedicht. Dabei ist zum erstenmal von einer Lehrererin die Rede, Madame Scheller, die ihre Mädchen begleitete. Wenige Wochen später erfahren wir von einer Lehrerin Madame Petzold, die mit 20 geputzten Mädchen den durchreisenden Brüdern des Zaren Ehren erwies. – Die Schule des Waisenhauses hatte 1764 die drei ersten Abiturienten zur Universität geschickt und dann fast jährlich dieses Ziel erreicht. Als aber um die Jahrhundertwende die bedrängte wirtschaftliche Lage die Anstalt zu Einschränkungen zwang, war dies nicht mehr möglich. nach 1810 ist kein Zögling mehr unmittelbar auf die Akademie übergegangen. Den 1822 erlassenen verschärften Bestimmungen für die Abiturientenprüfung konnte die Schule in ihrer damaligen Verfassung nicht genügen.
1803 war das Waisenhaus vor der Auflösung bewahrt worden, indem es zur staatlichen Anstalt gemacht wurde. Nun erging am 23. 12. 1814 aus Wien, wo die Fürsten zum Kongreß versammelt waren, die Kabinettsordre, daß die Anstalt zu einer guten Bürgerschule eingerichtet werden sollte. Der von Direktor Hoffmann dafür aufgestellte Lehrplan sah für die im zehnten Lebensjahre eingetretenen Zöglinge zunächst eine dreijährige Ausbildung in den Elementarfächern vor, zu denen dann in einer zweiten, ebenfalls dreijährigen Stufe die fremden Sprachen, besonders Latein und Französisch kamen. Damit sollte die Vorbildung für alle Stände und Berufsarten gegeben werden, den Weiterstrebenden aber zugleich die Möglichkeit, nach etwa einjährigem Besuch des Gymnasiums die Reifeprüfung abzulegen. – Ferner sprach jene Ordre davon, daß die Anstalt die „Waisenknaben, welche die Anlage und Neigung zum Lehramt haben, auf diese vorbereite“. Das Bunzlauer Waisenhaus wurde dadurch bestimmt, eine Stätte der praktischen Ausführungen für die Ideen Pestalozzis zu werden. Deshalb wurde das bereits seit 1814 in Liegnitz bestehende Seminar nach Bunzlau verlegt und am 14. 10. 1816 eröffnet. Damit erhielt die Anstalt als Bildungsstätte für die Volksschullehrer für länger als 100 Jahre große Bedeutung für ganz Niederschlesien. In der in Verbindung mit dem Seminar am 25. Mai 1818 eingerichteten Übungsschule wurden arme Kinder aus der Obervorstadt unentgeltlich bei freien Lehrmitteln – daher Freischule – unterrichtet.
1828/29 erhielt die katholische Schule ein neues Haus mit drei Klassenzimmern und Lehrerwohnungen an der Ostseite des katholischen Kirchplatzes. Immer noch unterrichteten an ihr ein Rektor und ein Kantor. Im Jahre 1813 erfahren wir wieder einmal die Namen der Lehrer an der evangelischen Schule. Auf Rektor Heinze war 1826 Rektor Vogel gefolgt (gestorben 71jährig am 13. 2. 1865), Kantor Buchwald, der die zweite Knabenklasse betreute, Lehrer Ende für die erste Klasse, Lehrer Vogel für die dritte, Hauptmann Traugott Höhne als Lehrer der ersten Mädchenklasse (1835 wurde er Kämmerer), Elementarlehrer Böhr, sodann Witwe Bachmann, Lehrerin an der weiblichen Industrieschule. Darunter haben wir uns eine Schule vorzustellen, die mit Spinnen, Nähen und Stricken beschäftigt war. Hier zeigte sich der Einfluß Pestalozzis auf das deutsche Schulwesen, der im Kriegselend der Schweiz die erziehliche Bedeutung der Handarbeit erkannt hatte. Direktor Hoffmann (1825 bis 1828) hatte 1815 in seinem Plan für Erziehung und Unterricht im Waisenhaus vorgesehen, „daß das vorteilhafte Stricken und Flechtenarbeit, Bast- und Korbarbeit, Gartenarbeit, besonders Baumzucht, Papparbeit, besonders im Winter eingeführt werden sollen. Auch sollen diejenigen Waisenknaben und Freischüler, denen es offenbar an geistigen Fähigkeiten mangelte, angehalten werden, täglich ein halbes Stündchen Holz zu sägen, alle aber, auch die fähigeren, im Ausbesssern der Kleider und Wäsche, im Nähen, Flicken und Stopfen unterwiesen werden.“ Dieser „moderne“ Zweig des Unterrichts ist also auch in die Städtische Schule eingeführt worden. Später sah man in einer solchen nützlichen Tätigkeit ganz im Sinne Pestalozzis eine Hilfe bei der Fürsorge für gefährdete Kinder. Der am 4. 10. 1850 gegründete Verein zu Abschaffung der Kinderbettelei (Leiter Lehrer Menzel unterstützt von Waisenhausrendant Kühn) beschäftigte nachmittags Mädchen mit Handarbeiten in seinem Arbeitsschule oder Spinnschule genannten Gebäude auf der Vorwerkstraße, bis nach dem Ersten Weltkrieg sich die sozialen Verhältnisse grundlegend änderten. Dann kaufte die Stadt das Haus und verwendete es für die Hilfsschule und die Mädchenberufsschule. 1831, als die Industrieschule als 6. Klasse der städtischen Schule aufgeführt wird, war Direktor des Waisenhauses (1828 – 1837) der Pestalozzischüler Peter Heinrich Kawerau.
Er hat 1832 eine Sonntagsschule eingerichtet, in der nachmittags von 1 bis 4 Uhr Handwerksgesellen und Lehrlinge in den zu ihrem Fortkommen erforderlichen Unterrichtsfächern weitergebildet wurden. Diese Einrichtung wurde nach kurzer Zeit in die Start verlegt. Das war der Anfang der Gewerblichen Fortbildungsschule in Bunzlau, denn vom 12. 11. 1869 ab war der besuch Pflicht. Direktor Kawerau erhielt bei seinem Scheiden am 3. 8. 1837 vom dankbaren Rat der Stadt das Ehrenbürgerrecht. – Das Gebäude von 1812 erwies sich bald als zu klein. Als 1838 die 7. Klasse der Bürgerschule eingerichtet werden mußte, wurde sie mit ihrem Lehrer Pilz, bisher Waisenhaushilfslehrer in das Weighaus an der späteren Poststraße gelegt, das am 16. 10. 1838 als Schule geweiht wurde. (Es war mit der Stadtmauer 1479/80 erbaut, hatte zuletzt als Tabakslager gedient und war schließlich nach 1910 Museum.) Die evangelische Schule wurde 1848 von 560 Kindern besucht, davon 25 katholischen (wohl wegen des fremdsprachlichen Unterrichts) und 13 jüdischen, also im Durchschnitt 80 Schüler in jeder der sieben Klassen! Die wachsende Kinderzahl, der Bildungseifer des Bürgertums jener Jahre, zwang die Stadt zum
Ausbau des Schulwesens. Jahrelang zogen sich die Beratungen hin, am 3. 7. 1857 beschlossen die Stadtväter eine gründliche Reorganisation der evangelischen Stadtschule, wobei gymnasiale Klassen gebildet werden sollten, und am 19. 12. 1857 die Errichtung einer Höheren Töchterschule. Am 31. 1. 1858 wählte man Gymnasialoberlehrer Friedrich Wilhelm Beisert aus Lauban zum Rektor der erweiterten Schule. Unter seiner Leitung war sie von Ostern 1858 ab gegliedert in eine deutsche Bürgerschule mit Knaben- und Mädchenklassen (ohne fremdsprachlichen Unterricht), in eine Höhere Töchterschule, in der auch Knaben aufgenommen wurden zur Vorbereitung auf den Besuch des Gymnasiums und in den Gymnasialklassen von Sexta bis Untertertia. In den nächsten Jahren entwickelten sich die Zweige dieser vielseitigen Anstalt zu selbständigen Schulen. Am 27. 4. 1860 wurde die Anstellung eines Leiters für die Töchter- und Bürgerschule beschlossen. Für dieses Amt wurde am 13. 1. 1861 Rektor Eckersberg gewählt. Unter dem 14. 9. 1860 genehmigte die Regierung die Erweiterung des Progymnasiums zu einem Vollgymnasium. Die Schule hatte damals in ihren fünf Klassen 7 Lehrer und 137 Schüler. Ostern 1861 begann der weitere Aufbau, den Direktor Beisert durchführte, der zu diesem Zeitpunkt die Leitung der anderen Zweige Rektor Eckersberg übergab. Damit war das Gymnasium selbständig. Die Höhere Töchterschule hatte 1862 auch bereits in fünf Klassen 105 Schülerinnen und 28 Knaben. Daher wurde an 3. 2. 1868 die Trennung von Töchter- und Bürgerschule beschlossen. Ostern 1867 wurde unter der Leitung von Rektor Eckersberg die Töchterschule selbständig. Zum Rektor der Knaben- und Mädchenklassen der Bürgerschule wurde am 30. 4. 1867 der bisherige Lehrer Menzel gewählt. Er starb am 24. 7. 1883. An der Schule wirkte auch Kantor Knauer, der durch viel Konzerte das Musikleben der Stadt förderte und durch die Gründung des Niederschlesischen Sängerbundes am 28. 12. 1864 weit über die Stadt hinaus Bedeutung gewann. Auch er starb 1883. Unter Rektor Kottwitz wurden 1899 Knaben- und Mädchenklassen getrennt, indem die ersteren mit Rektor Peschel einen eigenen Rektor bekamen.
Um die Jahrhundertwende bestanden also in Bunzlau folgende Schulen: die katholische Schule, die Mittelschule des Waisenhauses (1815 bzw. 1877), das Volksschullehrerseminar (1816), die Freischule des Waisenhauses (1818), das Gymnasium (1858/1861), die Höhere Töchterschule (1858/67), die Knabenschule (1858/59), die Mädchenschule (1858/99), die gewerbliche Fortbildungsschule (1869). Dazu hatte Bunzlau seit 1885 eine Kaufmännische Fortbildungsschule, seit 1897 eine Keramische Fachschule. 1920 richtete die Stadt eine simultane Hilfsschule für Minderbegabte ein. Im gleichen Jahr entstand die Landwirtschaftsschule. Nach 1928 wurde an die Keramische Fachschule eine Glasfachschule angegliedert. Nach 1920 hießen die Bürgerschulen Volksschulen und die Bunzlauer Volksschulen erhielten besondere Namen. Die katholischen Schüler gingen dann in die Eichendorffschule, die evangelischen Knaben in die Martin-Opitz-Schule, die Mädchen in die Dorotheenschule und die Hilfsschüler in die Pestalozzischule.
Betrachten wir nun die Entwicklung der einzelnen Schulen. Am 11. 2. 1859 hatten die Stadtväter den Bau eines Gymnasiums beschlossen, hatten dafür im folgenden Jahr vier Morgen Land zwischen dem 1857 eröffneten Stadttheater und der 1846 vollendeten Eisenbahn gekauft und legten dann am 18. 10. 1861 den Grundstein zum Gebäude. 220 Schüler aus den Klassen Septima bis Sekunda zogen bei der Feier mit ihrer Schulfahne auf, die ihnen der Jungfrauenverein gestiftet hatte. Am 11. 6. 1861 war sie vor dem Ausmarsch nach Neu Warthau zum Sommerfest der Schule geweiht worden. Als Ostern 1862 die Prima aufgesetzt wurde, hatte die Schule unter 254 Schülern 100 auswärtige. Am 19. 2. 1864 legten die ersten drei Schüler die Reifeprüfung ab, genau 100 Jahre, nachdem die ersten Abiturienten aus dem Waisenhaus zur Universität gegangen waren. Einige Monate später wurde das neue Schulgebäude eingeweiht. 37000 Taler waren 1861 für den Bau bewilligt worden, der genaue Anschlag von 1862 forderte 43160 Taler, die Schlußabrechnung wies 70000 Taler nach. Dafür war aber auch ein Gebäude entstanden, das der Stadt Bunzlau und ihren Vertretern zur Ehre gereichte. Der Bunzlauer Maurermeister Jakob hatte es nach den Plänen des Görlitzer Maurermeisters Oppermann gebaut. Bei der Einweihung trat der Festzug am Rathaus zusammen und ging unter Geläut aller Glocken zum Schulhaus. Am Portal überreichte Wronka die Schlüssel Bürgermeister Schilke, der sich wie sein Vorgänger Flügel hohe Verdienste um Schule und Haus erworben hatte. An die Feier in der Aula schloß sich ein Festessen im Blücher an. Zur Nachfeier unternahmen alle Angehörigen der Schule tags darauf eine Spazierfahrt zum Gröditzberg. Die Stadt schenkte jedem Gymnasiasten ein photographisches Bild des neuen Gebäudes. – Am 20. 6. 1866 nahm der Krieg einige Räume als Lazarett in Anspruch. In den nächsten Jahren wurde der 3. Juli, der Sieg von Königgrätz, durch einen Schulspaziergang gefeiert. Nach 1871 war es der 2. September, der Tag von Sedan. Ostern 1872 veröffentlichte Direktor Beisert eine Ehrenliste mit den Namen der Kriegsteilnehmer der Schule. Am 1. 4. 1882 endete seine Amtszeit. Sein Nachfolger war Dr. Bouterweck aus Treptow. 1886 übernahm der Staat die Schule und ihr Gebäude. Die Stadt zahlte dabei 400000 Mark als ihre Beihilfe zur Betreuung dieser höheren Schule durch den Staat in aller Zukunft. Das Waisenhaus mit seinen Schulen und das Gymnasium wurden dabei unter der Leitung des bisherigen Provinzialschulrats Sander vereinigt. Ihm folgte 1894 der bisherige Direktor des Gymnasiums zu Hadersleben Ostendorf. Nach dessen Versetzung in den Ruhestand 1906 erhielt das Gymnasium im Oktober 1909 wieder einen besonderen Leiter in Geheimrat Dr. Reinhold Biese (geb. 19. 2. 1851 in Putbus auf Rügen, gest. 12. 11. 1929 in Essen). Er führe die Schule durch die schweren Jahre des Ersten Weltkrieges bis zu seiner Versetzung in den Ruhesand im Januar 1919. 1921 trat die Schule wieder in den Verband des Waisenhauses zurück unter Oberstudiendirektor Friedrich Oelze, geb. 11. 9. 1871, gest. 10. 10. 1954. Da dieser seit dem Jahre 1915 als Abgeordneter zum Preußischen Landtag beurlaubt war, führte Oberstudienrat Dr. Friedrich Glöckner die Schule, der seit 1905 an ihr tätig war. Unter ihm wurde die alte Form des humanistischen Gymnasiums aufgegeben, das ab Sexta Latein, ab Untertertia Französisch und ab Untersekunda Griechisch lehrte. von 1919 ab konnten die Schüler in der Untersekunda an einem englischen oder einem griechischen Unterricht teilnahmen. Damit begann die Umformung zum Realgymnasium. Sie wurde Ostern 1922 für die neue Sexta durchgeführt, indem diese jedoch mit Englisch begann, worauf in Untertertia Latein und in der Untersekunda Französisch folgte. Für den nächsten Jahrgang ab Ostern 1923 wechselten Französisch und Englisch, also ab Sexta Französisch, ab Untertertia Latein, ab Untersekunda Englisch. Also war die Schule nach Ostern Reformgymnasium. Doch ging man in den folgenden Jahren, wohl schon Ostern 1924 wieder zu Latein als Anfangssprache zurück, so daß die Schule die Form des Realgymnasiums erhielt. Sexta Latein, ab Quarta Englisch, ab Untertertia Französisch. Bei diesen Übergängen in eine andere Schulform veränderten sich natürlich die Stundentafeln noch weiter, aber das mag genügen, um zu zeigen, wie sich die Schule bemühte, den Zeitströmungen gerecht zu werden, freilich oft zum Nachteil der betroffenen Schüler und Eltern. – 1929 wurde der Anschluß an die Waisen- und Schulanstalt auch äußerlich vollzogen, indem die Schule in deren neues Klassenhaus von 917 übersiedelte. Dabei wurde Ende Oktober die Einweihung des wesentlich erweiterten Gebäudes mit der 175-Jahrfeier der Anstalt verbunden. 1938 änderte sich unter der neuen Regierung der Lehrplan der Schule nochmals. Als „Deutsche Oberschule“ bevorzugte sie dann die deutschkundlichen Fächer Deutsch, Geschichte, Erdkunde und lehrte ab Sexta Englisch, ab Quarta Latein, ab Untertertia Französisch. Es wird zweckmäßig sein den Bericht über die anderen staatlichen Schulen anzuschließen, die der Waisen- und Schulanstalt angehörten. Die Stadt hatte 1858 gymnasiale Klassen eingerichtet, weil damals keine Schule in der Stadt zum Studium führte, da ja die allgemein bildende Schule des Waisenhauses seit 1815 eine Bürgerschule war. Die Reform des Schulwesens im jungen Kaiserreich verwandelte diese 1877 in eine Mittelschule. Diese neue Schulform, die im Gegensatz zum Gymnasium auf die Erfordernisse des praktischen Lebens ausgerichtet war, baute auf den unteren drei oder vier Jahren der Elementarschule sechs Klassen auf. Aber die Anstalt konnte diese Schule nicht voll entwickeln, weil ihren oberen Klassen die Schüler fehlten, da diese meist nach Erreichung des geforderten Alters in die Vorbereitungen für den Lehrerberuf übertraten. Die wichtigste Schule der Anstalt war doch damals das Seminar. Um die Anwärter hierfür besser auszubilden, richtete das Waisenhaus 1889 eine Präparandenanstalt ein, die Schüler nach 8 Schuljahren aufnahm und zunächst in zwei, seit 1901 in drei Jahreskursen auf die Seminaraufnahmeprüfung vorbereitete. Die im Jahre 1818 eingerichtete Freischule war dreiklassig. An ihr unterrichteten unter der Aufsicht der Seminarlehrer die Seminaristen des letzten Jahrganges zur Einführung in die Unterrichtspraxis. Um sie auch mit den Schwierigkeiten einfachster Schulverhältnisse bekanntzumachen, wurden 1831 von der Freischule eine sogenannte einklassige Schule abgezweigt, in der Schüler aller acht Jahrgänge in einem Raum von einem Lehrer unterrichtet wurden.
Diese einklassige Schule wurde 1898 aufgehoben, 1906 aber wieder eingerichtet. 1917 wurde die Freischule – im Hinblick auf die städtischen Volksschulen – in sieben aufsteigende Klassen gegliedert, das neue Klassenhaus bot die Räume dazu. – Die erhöhten Anforderungen an das gesamte Schulwesen nach dem verlorenen Kriege wirkten sich in einer grundsätzlichen Reform der Lehrerbildung aus. Diese begann mit dem Abbau der alten Lehrerbildungsanstalt, die in Vertretung des Oberstudiendirektors seit vielen Jahren Prorektor Grohmann geführt hatte. Um Ostern 1925 wurden die Schüler der Freischule den beiden Stadtschulen zugeteilt. Schon von 1920 an wurden keine Präparanden mehr aufgenommen. Der von 1919 ab laufende letzte Jahrgang legte am 24./25. 9. 1925 die Lehrerprüfung ab. Am 3./4. 10. 1925 kamen mehrere Hundert frühere Schüler des Seminars zu dessen feierlicher Auflösung zusammen. Es hinterließ in der Aula die in der Holzschnitzschule Warmbrunn gefertigten, am 5. 4. 1922 feierlich enthüllten Eichentafeln zum Gedächtnis an seine 134 Gefallenen aus dem Ersten Weltkrieg.
Da die Mittelschule nun nicht mehr in die Präparandenanstalt übertreten konnte, wurde die Mittelschule ausgebaut. Im Herbst 1920 erhielt sie die Berechtigung zur Erteilung des Abgangszeugnisses, das als Zeugnis der „Mittleren Reife“ mit dem früheren „Einjährigen“ der höheren Schule gleichgewertet wurde. Den Aufbau der Mittelschule führte in Vertretung des Oberstudiendirektors zunächst Studienrat Kuhlendahl und nach 1926 Oberlehrer Rothkirch (gest. 28. 4. 1939) durch. Die Schule gewann hohe Bedeutung für Handwerk, Gewerbe und Handel der Stadt.
Die Waisenanstalt eröffnete außer dem Gymnasium noch einen zweiten Weg zum Reifezeugnis. Die Lehrerbildungsanstalt war früher die einzige Schule gewesen, die nach abgeschlossenem Besuch einer Volksschule die Möglichkeit zur Weiterbildung geboten hatte. Durch Vertrag zwischen Unterrichts-ministerium und Stadt vom Januar 1923 gelang es, eine Schule neuer Art in die Anstalt zu bringen, die auf sieben Schuljahre aufbaute und die Klassen Untertertia bis Oberprima umfaßte. Am 1. 4. 1923 wurde diese „Aufbauschule“ eröffnet: durch die erste Reifeprüfung Ostern 1929 erhielt sie ihre Anerkennung. Sie wurde anfangs von Studienrat Hasting aus Waldenburg, dann von Studienrat Kuhlendahl geleitet.
Von 1929 an wurden also an der Anstalt jährlich zwei Reifeprüfungen abgehalten, eine am Gymnasium und eine an der Aufbauschule. 1938 waren es gar vier, denn um beim Aufbau der Wehrmacht genügend Offiziersnachwuchs zu haben, verkürze der nat. soz. Staat die Ausbildungszeit an den höheren Schulen um ein Jahr, so daß einmalig an jeder der beiden Schulen gleichzeitig zwei Primen abgingen. Der diktatorische Staat zog wie alles so auch das Schulwesen in den politischen Machtbereich. Damals hatte die Anstalt schon schwere Erschütterungen hinter sich.
Am 17. 8. 1933 wurde Studienrat Kuhlendahl aufgrund von verhetzten Schülern und Arbeitern der Anstalt vom Oberpräsidenten und Gauleiter seines Amtes enthoben. Zwar gelang es die Aufhebung dieser Verfügung durch das Ministerium zu erreichen, aber Kuhlendahl wurde als Oberstudienrat nach Beuthen O/S versetzt, damit verlor die Anstalt einen unermüdlichen fleißigen und selbstlos tätigen Lehrer und Leiter, geb. 3. 5. 1881, gest. 3. 6. 1950. Im Herbst gingen gleichzeitig in den Ruhestand Oberstudiendirektor Oelze mit 63 Jahren und Oberstudienrat Dr. Glöckner mit 58 Jahren (gest. 20. 10. 1948). Der Staat machte wie überall Platz für jüngere Kräfte.
Das waren die Jahre, in denen der nationalsozialistische Staat langsam sein wahres Wesen erkennen ließ. Wie er alles „gleichschaltete“, wie er jedes Eigenleben in der Person und in der Gemeinschaft verhinderte, wie er die Kirche in ihrem Einfluß auf das Volksleben einengte, so drängte er die Anstalt vom Geist ihres Gründers ab. Sie verlor immer mehr ihren stiftischen Charakter. Dem Selbstbewußtseín der Zeit entsprach nicht der alte Name „Waisenhaus“, man änderte in also in „Staatliche Zahn‘sche Schulanstalten“, bot das Denkmal der evangelischen Gemeinde an und löste die Mittelschule aus dem sinnvollen Organismus und damit aus der Aufsicht des Oberpräsidenten in Breslau, das die Anstalt im ganzen betreute und stellte sie unter die Regierung in Liegnitz, die – wiederum ohne Verständnis für die Eigenart und besondere Aufgabe dieser Schule, – eine allgemeine Hauptschule daraus machte. Der Geist der Anstalt flüchtete vor dem Ungeist der Zeit, ehe ihre Menschen vor dem Russen flüchteten. Am 1. 6. 1936 übernahmen Oberstudiendirektor Dr. Blaß aus Lauban die Leitung der Anstalt, die er bis 31. 3. 1942 führte. Zuletzt fiel Dr. Hempel aus Oldenburg das schwere Los zu, als erfahrener Schulmann in der wachsenden Not und Verwirrung des Kriegsausganges machtlos der langsamen Auflösung der Anstalt zuzusehen.
Wir wenden unsern Blick auf die städtischen Schulen. Die sich unter der Leitung von Rektor Eckersberg gut entwickelnde Höher Töchterschule erhielt im Jahre 1872 ein eigenes Heim neben der Klosterschule.
Der Bau wurde am 30. 11. 1869 beschlossen, das Richtfest am 10. 11. 1871 begangen. Das große Gebäude nahm in seinem mittleren Teil die Töchterschule und in den Flügeln Mädchenklassen der Bürgerschule auf. 1879 erhielt die Schule eine Turnhalle, die erste in Bunzlau an der Kreuzung der Zollstraße mit der Promenade, wo 1877 das alte Salzhaus niedergerissen worden war. 1886 wurde eine Erweiterung des Schulgebäudes nötig. Unter dem Nachfolger Eckersberg, Direktor König wurde die Schule zum neunstufigen Lyzeum ausgebaut.
1912 überließ dieses das Haus ganz der wachsenden Mädchenschule, denn die Stadt hatte ihm am Odeonteich ein geräumiges und freundliches Heim im Jugendstil errichtet. Direktor König war Anfang 1903 verstorben und im Mai dieses Jahres hatte Direktor Steffens die Leitung übernommen, die er bis 1935 innehatte. Da nach dem ersten Weltkriege die für alle verbindliche vierstufige Grundschule geschaffen wurde, fielen die untersten Jahrgänge weg, nun bestand das Lyzeum aus 6 Klassen, Sexta bis Untersekunda, und führte zur sogenannten Mittleren Reife. Die Stadt erstrebte nach 1935 mit dem neuen Direktor Walter Müller einen Ausbau der Schule bis zur Reifeprüfung.
Mit Rücksicht darauf, daß schon zwei Schulen der Stadt diesen Abschluß ermöglichten, wählte man die hauswirtschaftliche Form der Oberschule für Mädchen. Dazu wurde 1938 ein Anbau nötig, der die Räume mit den Einrichtungen für den hauswirtschaftlichen Unterricht aufnahm. 1941 fand die erste Reifeprüfung statt, bereits unter dem folgenden und letzten Direktor Gisbert Kirchner, der die Schule von 1940 bis 1945 leitete. Während der Übergänge 1935 und 1940 hatten Studienrat Matull und Oberstudienrat Dr. Zobel die Schule geführt.
Die Knabenklassen der Bürgerschulen erhielten am 1. 10. 1899 ein besonderes Schulgebäude an der Logenstraße und gleichzeitig einen eigenen Rektor, einen geborenen Bunzlauer, Bruno Peschel. 1902 wurde ihre Turnhalle in Benutzung genommen, sie lag auf der Wiese des Gutsbesitzers Seidel am Odeonteich, später im Hof des Lyzeums. Unter der Leitung von Rektor Peschel wuchs die Schule bis auf 20 Klassen. Er ging 1927 in den Ruhestand. (Er starb im Frühjahr 1945 auf der Flucht vor den Russen auf der Landstraße vor Klitschdorf). Ihm folgte 1928 Rektor Gutsche un dann am 1. 7. 1931 Rektor Karl Dürlich, der der Schule bis 1943 vorstand. Dann wurde die leitende Stelle vertretungsweise verwaltet, zunächst von Konrektor Paul Iben, dann vom Lehrer Ewald Rothe. In dem großen kasernenähnlichen Rohbau wurden 800 Knaben von 18 Lehrern unterrichtet. Die große Aula wurde vielfach zu öffentlichen Veranstaltungen benutzt, so nach 1920 auch zu den vielbesuchten Volksbildungs- und Unterhaltungsabenden des Jugendpflegers Walter Schmidt.
Nach der Abzweigung der Knabenklassen blieben die Mädchenklassen unter der Leitung von Rektor Kottwitz. Als die Schule 1912 das Gebäude der Höheren Töchterschule übernahm, war Rektor Michael der Leiter, aber nur für wenige Jahre.
Am 1. 4. 1914 berief der Magistrat Rektor Arthur Maroske aus Lindow in der Mark, unter dessen Leitung die Schule sich weiter gut entwickelte und wie die Knabenschule 20 Klassen umfaßte. Er sorgte zum Beispiel für den Ausbau des Dachgeschosses, um lichte Räume für den Handarbeitsunterricht zu gewinnen. Dort standen über 20 Nähmaschinen.
Am 1. 4. 1930 folgte er unter Berufung als Schulrat nach Namslau. Von dort kam er am 1. 7. 1933 als Schulrat nach Bunzlau zurück. Wegen Zugehörigkeit zur Freimaurerloge wurde er vom nat. soz. Staat trotz seiner Verdienste als Schulmann, Stadtrat und Kriegsteilnehmer seines Amtes enthoben; er starb 1947 in Wolgast/Pommern. Sein Nachfolger als Rektor wurde Otto Voigt, der leider schon am 22. 11. 1930 starb. Dann führte Rektor Karl Gebauer die Schule von Ostern 1931 bis zu seinem tragischen Tod im Frühjahr 1944 bei einem Bombenangriff in Berlin. Am 1. 6. 1944 wurde Konrektor Paul Iben von der Knabenschule ins Rektorat berufen.
Für die katholische Schule rechte nach 1870, als sie über 180 Kinder zählte und von Lehrer Heidrich geleitet wurde, das Gebäude neben der Kirche nicht mehr aus. Es wurden Klassen in das Haus der Arbeitsschule an der Vorwerkstraße gelegt – Hauptlehrer Hanisch wird zu dieser Zeit als Leiter genannt – und 1899 in die neue Knabenschule, damals war Hauptlehrer Wachsmann Schulführer.
1901 erhielt die siebenklassige Schule ein Rektorat, welches Rektor Dörner (geb. 29. 1. 1858, gest. Juli 1945) übernahm. Unter ihm übersiedelte die Schule 1913 in ein schönes neues Gebäude unweit des Lyzeums mit acht Klassenräumen und einer Aula mit Turnhalle und Zeichensaal. 1923 wurde sein Nachfolger Rektor Langer. Als dieser 1943 in den Ruhestand ging, wurde gleichzeitig das Schulgebäude für Lazarettzwecke beschlagnahmt. Das war für den Geist der Zeit die gesuchte Gelegenheit, den Bunzlauer Volksschulen den Charakter der Bekenntnisschulen zu nehmen. Die Eichendorffschule wurde aufgelöst, die Knaben wurden der Opitzschule, die Mädchen der Dorotheenschule zugeteilt.
Die Hilfsschule, später Pestalozzischule genannt, wurde am 1. 4. 1920 in der früheren Arbeitsschule an der Vorwerkstraße unter der Leitung von Hilfsschullehrer Soost eröffnet. Nach ihm stand der Schule von 1924 bis 1942 Rektor Reinhold vor. Sie zog in das frühere Verwaltungsgebäude der Firma Lengersdorff an der Hüttenstraße um und nachher in die Opitzschule. Zuletzt wurden etwa 45 Schüler in zwei Klassen von dem Leiter, Hilfsschullehrer Jost und Lehrerin Fräulein Werner unterrichtet.
1920 richtete die Stadt eine weltliche Schule ein, ohne konfessionellen Religionsunterricht, deren vier Klassen mit drei Lehrern in der Opitzschule untergebracht waren. 1933 wurde sie aufgelöst.
Für die Schüler aller Volksschulen waren Höhepunkte des Schullebens die jährlichen Schulspaziergänge, gewöhnlich am Sedantage. Die Kleinen zogen mit Lampions und Fahnen nach Neu Breslau oder Eckersdorf oder nach Klein und Groß Krauschen, Groß Gollnisch, Eichberg, Steinbruch Dobrau, die 6. bis 8. Klassen fuhren auf schöngeschmückten Leiterwagen bis Holstein, Klitschdorf oder zum Gröditzberge.
So war es um die Jahrhundertwende. Später wurden für die Oberstufe mehrtägige Ausflüge ins Riesengebirge üblich. Zum Beispiel verdiente sich 1903 der Knabenchor unter Lehrer Hanke eine dreitägige Fahrt dahin; 1905 folgten die Mädchen unter Lehrer Lehnik. Viel besucht waren immer die Ausstellungen des Handarbeits-, Werks- und Zeichenunterrichts. Erwähnt zu werden verdient auch der Schwimmunterricht im Sommer im Boberwiesenbad, im Winter im schönen Hallenschwimmbad.
Mit der Schulreform nach dem Ersten Weltkrieg fiel die geistliche Schulaufsicht weg, die zuletzt die evangelischen Schulen von Superintendent Straßmann (gest. 1917) und Pastor Müller, über die katholischen von den Erzpriestern Kreuz und Fiebiger ausgeübt worden waren. Die Kreisschulräte nach dieser Zeit waren Dr Damus, Dr. Kobelt, Britze, Ganzer, Maroske, Vater.
Die Pflichtfortbildungsschule in der 1869 83 Schüler unter der Leitung von Lehrer Heidrich betreut wurden, benutzte jahrzehntelang die Schulräume im alten Klostergebäude. Jeden Abend von halb acht bis halb zehn und am Sonntag von halb elf bis viertel vor eins unterrichteten hier Lehrer der Volksschule in den Elementarfächern, in Zeichnen und in Fachkunde. Lange Jahre bis 1920 leitete Konrektor Karl Seiffert von der Mädchenschule diese Klassen, der sich auch als Stadtrat um die Stadt verdient machte (gestorben 19. 3. 1942). Nach 1918 wurde die Verpflichtung zum Besuch dieser Schule auf alle männlichen und weiblichen Berufe, auch auf die sogenannten Haustöchter, ausgedehnt, wodurch die Schülerzahl ganz bedeutend stieg. So entstand die gewerbliche Berufsschule. Verwandte Berufe wurden in je drei aufsteigenden Klassen zusammengefaßt, jede Fachklassse erhielt an einem Tag der Woche durchgehend Unterricht bei dem der Fachunterricht und die Staatsbürgerkunde im Vordergrund standen.
Handwerksmeister erteilten zunächst den Fachunterricht, erst nach und nach entstand der zweckentsprechend vorgebildete Stand der Gewerbelehrer. Direktor Bernhard Meyer führte den Aufbau der Schule nach den gesetzlichen Bestimmungen durch, oft unter Widerspruch der Lehrherren, die die Erweiterung des Schulbesuchs als Beeinträchtigung der praktischen Lehre auffaßten. Es dauerte Jahre, bis die Männer des praktischen Lebens den Vorteil der Beschulung ihrer Lehrlinge erkannten und eine verständnisvolle Zusammenarbeit zum Besten des Nachwuchses entstand. Auf Direktor Meyer – der Schulmann wurde 1933 wegen seiner Mitgliedschaft in der Sozialdemokratischen Partei aufgrund des Gesetzes zur Bereinigung des Staatsbeamtentums aus der leitenden Stellung entlassen und einstweilen in den Ruhestand versetzt, später als Gewerbeoberlehrer in Görlitz beschäftigt, nach 1945 war er Schulrat in Görlitz – folgte 1933 Direktor Jurgeleit. In diesem Jahr zog die Schule in das bisherige Gerichtsgebäude in der Löwenberger Straße um. Dieses Doppelhaus war 1844 von Maurermeister Engelhardt Gansel für Wohnzwecke gebaut und am 7. 2. 1849 von der Stadt für das Kreisgericht gekauft. Nach einem umfasenden Umbau entstand ein Schulgebäude mit hellen Räumen, hier hatte die Schule dann die Voraussetzung für ihre nicht leichte Aufgabe.
Im Jahre 1885 gründete der Verein selbständiger Kaufleute Abendkurse zur allgemeinen und beruflichen Weiterbildung der kaufmännischen Lehrlinge. Nach 1900 wurden sie nacheinander von den Lehrern Heininger, Voigt und Iben geleitet. In zwei Klassen wurden Mädchen und Jungen in Buchführung, Stenographie, Rechnen und Bürgerkunde unterwiesen. Gute Leistungen wurden jährlich durch Prämien ausgezeichnet. Diese Kaufmännische Berufsschule bewährte sich gut. 1931 wurde sie in die allgemeine Berufsschule eingegliedert und erhielt hauptamtliche, fachlich vorgebildete Lehrkräfte, die Diplomhandelslehrer. Hingewiesen sei in diesem Zusammenhang auf die Abendkurse, die der Deutschnationale Handlungsgehilfenverband nach 1920 für seine Mitglieder zusätzlich einrichtete. Um sie machte sich Oberlehrer Rothkirch verdient.
Als in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts die emaillierten Eisenwaren und das Steingutgeschirr den Absatz der Bunzlauer Erzeugnisse hemmte, erwog man zur technischen und kaufmännischen Förderung der Töpferei die Gründung einer Fachschule. Erst nach vielen Jahren ermöglichte ein Vertrag zwischen dem Preußischen Handelsministerium und der Stadt Bunzlau die Ausführung des Planes. Die Stadt erstellte das Schulgebäude, der Staat übernahm die Besoldung der Lehrkräfte und die laufenden Ausgaben, der Kreis beteiligte sich mit jährlich 3000 Mark. So entstand die „Königliche Keramische Fachschule Bunzlau“, die ihre Arbeit Anfang November 1897 aufnahm.
Die amtliche Eröffnungsfeier fand im Frühjahr 1898 statt. Die Schule sollte fähigen Nachwuchs für Handwerk und Industrie ausbilden, ferner den Betrieben bei der Überwindung von Schwierigkeiten und bei der Verbesserung von Arbeitsmethoden zur Verfügung stehen, sodann auch Gelegenheit zu wissenschaftlichen und praktischen Forschungsarbeiten des Fachgebiets geben. Deshalb wurde sie als kleine Fabrik eingerichtet mit Werkstätten und Brennhaus. Die Schüler kamen am Anfang von der Volksschule, später immer mehr von höheren Schulen, auch mit Reifezeugnis. Unterrichtsfächer waren Chemie und Physik, Mineralogie und Geologie, Keramik, zeichnen, Malen und Modellieren, dazu die technische Ausbildung. Die Leistungen und Erfolge der jungen Fachschule fand schnell Anerkennungen der Regierung wie der Fachkreis, doch verhinderte der erste Weltkrieg den geplanten größeren Neubau.
Um Einrichtungen und Aufbau der Schule hat sich Gewerbeschulrat Pukall hohe Verdienste erworben. Im Herbst 1925 trat er nach 28jährige selbstloser Tätigkeit in den Ruhestand. Als Nachfolger wurde Dr. Berdel aus Höhr im Westerwald der zweiten deutschen Keramischen Schule berufen. In seine ersten Amtsjahre fällt die Gründung der Glasfachschule, die an die Keramische Schule angeschlossen wurde. Dazu erweiterte die Stadt deren Gebäude durch Anbau eines Südflügels und übernahm die Kosten für den Betrieb. Als Direktor Berdel in seine frühere Stellung als Leiter der Schule nach Höhr zurückkehrte, wurde Diplomingenieur Weber von der dortigen Anstalt mit der Leitung in Bunzlau betreut. Seine Bemühungen wurden bald durch die im Zweiten Welkriege einsetzenden Verhältnisse gestört. Der gute Ruf der Schule war weit über die Grenzen Deutschlands gedrungen und hatte viele Schüler und Hospitanten aus allen europäischen Ländern und den anderen Erdteilen herangezogen. Mit dem Zusammenbruch 1945 riß eine erfolgreiche und zukunftssichere Arbeit ab.
Die Landwirtschaftsschule wurde im Jahre 1920 von der Landwirtschaftskammer Niederschlesien unter Mitwirkung des Landbundes, des Kreises und der Stadt Bunzlau ins Leben gerufen. Ihr Leiter war zunächst Landwirtschaftsrat Kessel und nach dessen Übergang in den Ruhestand 1933 Landwirtschaftsrat Hildebrandt. Sie war zunächst im städtischen Wilhelmshof untergebracht und zog später auf ein Grundstück des Landbundes in der Schwedenstraße um.
Ihr Zweck war jungen Landwirten das geistige Rüstzeug für eine nutzbringende Bewirtschaftung ihrer Höfe zu geben. Der Unterricht wurde in zwei Winterhalbjahren in einer Unter- und einer Oberstufe erteilt und erstreckte sich in der Hauptsache auf Deutsch, Rechnen, Bürgerkunde, Chemie, Physik, Acker- und Pflanzenbaulehre, Tierzucht und landwirtschaftliche Betriebslehre. 1925 wurde der Schule eine Mädchenklasse angegliedert. Die Bauerntöchter erhielten eine praktische Ausbildung (Kochen, Schneidern, Wäschebehandlung) und wurden in Ernährungslehre, Säuglings-pflege, Gartenbau, Geflügelzucht, Jungviehaufzucht und Milchwirtschaft unterwiesen. Wegen der Arbeitsplätze war die Zahl der Schülerinnen auf 24 beschränkt, die Zahl der Schüler schwankte um 65. In der Schwedenstraße konnten Heime für Schüler und Schülerinnen, ein Laboratorium für Bodenuntersuchungen und eine Halle für Maschinenpraktikum eingerichtet werden. Die Lehrkräfte der Schule waren noch als Wirtschaftsberater eingesetzt, sie hielten Arbeitstagungen für Bauern und Bäuerinnen ab und besuchten im Sommer die Bauernhöfe. Wenn die überall hin verstreuten Bauern des Kreises Bunzlau feststellen konnten, daß der Stand der landwirtschaftlichen Erzeugnisse im Kreise Bunzlau sich durchaus mit dem der besten deutschen Gebiete messen konnten, so hat dazu die Landwirtschaftsschule Bunzlau beigetragen.
Es ist ein weiter Weg von etwa 1400 bis 1945. Die Entwicklung der schlesischen Kultur auf einem kleinen Gebiet in fas 5 1/2 Jahrhunderten haben wir überschaut und dabei beobachtet, wie sich die Schule im engsten Anschluß an die Eigenart der Zeit bemüht hat, den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden.
Die Jahrzehnte nach 1900 mit der reichen Gliederung und Durchbildung des Schulwesens erschein uns recht eigentlich als krönender Abschluß dieses Bemühens. Es bleibt nur der Schmerz, daß ein sinnloser Krieg das alles vernichtet hat.