Die Bunzlauer Infanteriekaserne

Veröffentlicht von Milan Koncz am

Heute feierliche Übergabe an das Bataillon

Karl Wiechmann. Erstveröffentlichung: Bunzlauer Stadtblatt, 19. 10. 1937

Wir haben das alles miterlebt, wie das da draußen wuchs, wie die roten Ziegelmauern aus der Erde schossen, wie alles Form bekam und von dem Dachwerk die Richtkronen grüßten. Noch vor anderthalb Jahren war hier an der Höhe der Acker bestellt, die Saaten grünten – da wurden die ersten Feldbahnschienen gelegt, und zum ersten Male der Spaten in die Erde gestoßen. Mit der Arbeitslosigkeit in Bunzlau war es im Nu vorbei. Jeder bekam Arbeit. Welche Riesenarbeit war allein durch die Erdbewegungen zu leisten. Wochenlang sauste die Picke in den Erdboden, wochenlang fuhren vollbeladene Loren das Erdreich nach dem tiefer gelegenen Teil des abgegrenzten Baugeländes. Die Anhöhe und alle Unebenheiten mußten an dieser Stelle verschwinden. Hier sollten Plätze entstehen, die eben sind wie ein Brett.

Und ringsum wuchsen aus den Baugruben die gewaltigen Gebäude, die jetzt das gesamte Stadtbild beeinflussen und mit ihren hellen Fassaden weit ins Land leuchten.

Es ist kaum zu fassen, daß in so kurzer Zeit eine so ungeheure Arbeit bewältigt werden konnte. Baumeister, Arbeiter und Handwerker, die damals bei der Grundsteinlegung versprachen, ihre ganze Kraft an diesem großen Werk einzusetzen, haben Wort gehalten. großes Vorbild den Weg zu sich selber fand.

Allein aus der Tatsache, daß 1600 Meter Zaun die Infanteriekaserne und den sich anschließenden Sportplatz umgeben, ergibt sich der gewaltige Umfang des Bauvorhabens, das hier in kurzer Zeit ausgeführt worden ist.

Die Stadt hatte aber nicht nur das Gelände für die Infanterie-, sondern auch noch für die Artilleriekaserne zur Verfügung zu stellen. Ueber die schwierigen Vorarbeiten bei der Geländebeschaffung, bei den Kanalarbeiten, für die die Stadt 56000 RM. zur Verfügung stellten, und bei der Herrichtung der Straßen kann sich wohl nur der einen Begriff machen, der an den Verhandlungen beteiligt war. Darüber hinaus mußte noch ein Grundstück für ein Proviantamt und Gelände für einen Schießplatz gefunden werden. Wir wissen, daß diese Probleme alle aufs beste gelöst worden sind.

Seit einem Vierteljahr ist Bunzlau nun Garnisonstadt. Am 1. Juli 1937 hielt eine Abteilung Artillerie ihren Einzug in unsere Stadt, und am 19. Oktober folgte ihr ein Bataillon Infanterie. Wie den Artilleristen, so wird es auch den Infanteristen in ihrer neuen Kaserne sicherlich gut gefallen. Jedes von den Gebäuden, die rings um den großen Kasernenhof gelagert sind, fällt durch seine schmucken. hellen Räume, durch die breiten, luftigen Treppenhäuser und Flure auf, in denen mit Fenstern nicht gespart worden ist.

Für Licht und Lust ist hier im weitesten Maße gesorgt. Auf den steinernen Treppen und den mit Linoleum belegten Fluren ist die größte Sauberkeit gewährleistet. Die einzelnen Mannschaftsstuben sind ebenfalls hell und geräumig. Eine wohlige Wärme erfüllt die Gebäude. Zwei große Heizungsanlagen, die in den Kellern von zwei Gebäuden untergebracht sind, speisen die Heizkörper und sorgen für warmes Wasser. Die Waschräume zeigen in ihren hygienischen Anlagen neue Erzeugnisse der Bunzlauer keramischen Industrie in schönen Farben mit Siegersdorfer Wandplatten. Die Größe der Heizungsanlagen übertrifft alle Erwartungen.

Der große Adler am Hauptportal

Zehn riesige Kessel liegen da nebeneinander, die von einem Wagen aus, der auf Schienen die Kohlen aus dem benachbarten Keller heranfährt, befeuert werden.

Im Nebenraum befinden sich mehrere ansehnliche Wasserboiler, die die Waschräume mit Warmwasser versorgen.

Die Wache am Hauptportal ist nicht, wie bei der Artilleriekaserne, in einem besonderen Gebäude untergebracht, sondern befindet sich mit den Zellen des „Vater Philipp“ in dem rechter Hand liegenden Stabsgebäude.

Hier sind im Erdgeschoß die Revierstube, das Sprechzimmer des Bataillonsarztes, Krankenräume für 35 Betten, ein Röntgenraum mit Dunkelkammer, ein großer lichter Tagesraum mit hellfarbigem Anstrich und die Räume des Stabes und des Musikkorps untergebracht.

In den Wirtschaftsgebäuden sind Küche und die dazugehörigen Säle und Räume fast genau so eingeordnet wie in der Artilleriekaserne. Die Küche im Erdgeschoß weist drei Kessel auf, dazu einen riesigen Gasherd, einen Brat- und einen Wärmeofen.

Es schließen sich die Mannschaftskantine mit dem Kantinenraum, die Speisekammer mit Kühlanlage, die Geschirrspüle und der Kartoffelschälraum an. Im ersten Geschoß befinden sich die Unteroffizierskantine, der Aufenthaltsraum für Unteroffiziere, die Garderobe, im zweiten Stock der Raum für die Musikproben und zwei Wohnungen für den Kantinenpächter und einen Heizer. Mancher der Aufenthaltsräume zeigt schöne Wandmalereien. So sahen wir ein Zimmer mit den Insignien der Handwerker und passenden Sprüchen dazu, alles recht geschmackvoll ausgeführt.

In der Schmiede, Stellmacherei und Waffenmeisterei sind bereits die Maschinen und Schränke mit den Ersatzstücken für Gewehre und Maschinengewehre aufgestellt. In einem der Kellerräume sehen wir steinerne Waschtröge zum Waschen des Drillichzeuges, das bei jedem Wetter nicht mehr wie früher, auf dem Kasernenhof gewaschen werden braucht.

Der Soldat von heute hat es in mancher Beziehung leichter als die Kameraden in den alten Kasernen. Das Kohlen-, Wasser- und Essenholen hat aufgehört. Aber seine Sachen muß er sich noch von der Kammer abholen, der wir auch einen Besuch in dem feuersicheren Bodenraum abstatteten.

An der Beschlagschmiede und dem Stall für kranke Pferde vorbei ging es in einen der Ställe, die mit automatischer Tränke versehen sind, wie man sie heute schon vielfach in den Ställen auf dem Lande antrifft. An den Pferdestall schließt sich die hohe, luftige Reitbahn an, die bereits mit Sägemehl gestreut ist. Die Exerzierhalle soll am Nordrande des Kasernenhofes zu stehen kommen und wird den gesamten Gebäudekomplex nach der Stadt hin abschließen.

Blick in die Reitbahn (2 Aufn. Karl Wiechmann)

Dort, wo der Feldweg vom Kürschnerberg über die Wiesen und Felder einst nach der Zeche und dem Waldschloß führte, dehnt sich heute ein großer Sportplatz aus, der bald eine Aschenbahn, einen Hochsprung- und Weitsprungplatz und eine breite Erdtribüne haben wird. Hier werden sich sicherlich manche schöne Sportfeste abspielen, hier wird aber vor allem der Körper im Wettkampf geschult und gestählt werden.

Karl Wiechmann

Die Adler-Plastik an der Infanteriekaserne

Karl Wiechmann. Erstveröffentlichung: Bunzlauer Stadtblatt, 19. 10. 1937

Ein Mitglied unserer Schriftleitung unterhielt sich gestern mit dem Görlitzer Bildhauer Heinz Grunwald über seine Plastik am Eingangsgebäude der Infanteriekaserne. Heinz Grunwald ist ehemaliger Schüler der Keramischen Fachschule in Bunzlau und Schöpfer der Helden-Gedächtnisstätte in der hiesigen evangelischen Kirche. Wie er uns mitteilt, war es seine Aufgabe, die am Haupteingang zur Kaserne gelegene Wache aus der großen Bauanlage besonders hervorzuheben.

Daß diese Betonung einen monumentale Plastik und natürlich das Symbol des neuen Reiches sein mußte, erklärte der Bildhauer in der Unterredung, erschien mit selbstverständlich.

Ich versuchte also, bei der Ausführung des Adlers, die Werte des neuen Reiches zum Ausdruck zu bringen. Stolz und angriffsbereit mußte er werden. Die Sauberkeit und Gradheit des Geistes unserer Zeit sollte eine würdige Verkörperung finden. Wie ein Schiffsbug dachte ich mir den Schnabel, die Wellen der Angriffe zerschneidend. Die Schwingen wollte ich halb fliegend und doch schützend gebreitet. Der Adler mußte sich mit der Architektur zu einer schönen Einheit verbinden. Ich hoffe, daß meine Aufgabe gelöst wurde.

Vom Technischen ist folgendes zu sagen: Ich modellierte zunächst ein Modell, einhalb der natürlichen Größe, das, in Gips ausgeführt, der bekannten Firma Zeidler & Wimmel in Bunzlau zur Übertragung in Sandstein übergeben wurde. Unter der bewährten Leitung des Bildhauermeisters Patschke entstand nun in mühevoller Meißelarbeit der Adler, der eine Größe von 3,60 Meter und eine Schwingenspanne von nahezu 7 Meter hat.

Major Hemmann, der Kommandeur des I. Bataillons Inf.-Reg. 51. Photo: F. Heimann.

Unser Vertreter sprach dann dem Bildhauer noch seine Anerkennung über die dekorativen Seitenteil und Türsteine aus, die sich zum Teil in humorvoller Art mit der Magenfrage des Soldaten befassen. Ja, meinte Heinz Grunwald, in einem gesunden Körper wohnt ein gesunder Geist, und der Körper ist nichts ohne die nötige Zufuhr.

Da habe ich in den Türsteinen die schlesischen Klöße, die Falsche Bier und die Tabakspfeife verewigt und lasse sie zu dem Soldaten sprechen.

Eine kleine Aufmunterung nach schwerem Dienst, die  sicherlich nicht ihren Zweck verfehlt. Die ersteren Motive sind aus dem gleichen Geist erstanden, der mich bei der Gestaltung des Adlers erfüllte.

Anmerkung

Dem aufmerksamen Leser wird aufgefallen sein, das es in den vorstehenden Texten kaum Hinweise auf den „Führer“ oder die „Partei“ gibt. Es waren tatsächlich nur wenige Zeilen, die ich aus dem Text gekürzt habe.

Ich hielt die Veröffentlichung von Jubeltexten und Bildern mit Nazisymbolen für nicht angebracht. Es soll hier nichts vertuscht werden. Bunzlau war keine Insel der Seligen im tausendjährigen Reich. Auf das obige Bild der Plastik konnte ich nicht verzichten, da es wesentlicher Teil des Textes ist.

Dietmar Plate

Kategorien: Texte vor 1945