Das Bunzlauer Gymnasium

Veröffentlicht von Milan Koncz am

Die Entstehung des städtischen Gymnasiums in Bunzlau

Artur Schiller. Erstveröffentlichung: Bunzlauer Stadtblatt, 17. 10. 1931

An der südwestlichen Ecke des alten Bunzlauer Gymnasialgebäudes befindet sich der Grundstein mit der Inschrift:

„18. Oktober 1861“,

der also in diesen Tagen seinen siebzigsten Geburtstag begehen kann. Dies gibt uns Veranlassung, die Geschichte der Entwicklung des Gymnasiumgedankens und der Erbauung des für Bunzlauer Verhältnisse so großartigen Gymnasialgebäudes kurzgefaßt in Erinnerung zu bringen. Die aufstrebende Stadt ging schon um die Mitte des 19. Jahrhunderts mit dem Gedanken um, für ihre Kinder eine höhere Schule zu schaffen.

Damals wurden schon in den beiden obersten Klassen der evangelischen Stadtschule einige Fächer des Gymnasialunterrichts: Latein, Französisch, Mathematik, nebenher in wenigen Stunden gelehrt. Man dachte zunächst an eine Realschule.

Am 23. Juli 1850 genehmigte auch die Behörde den Plan, der aber nicht zur Ausführung kam, weil die Rechte einer solchen damals schließlich zu eng begrenzt erschien.

Auf Antrag der Stadt genehmigte die Regierung in Liegnitz unterm 19. November 1857 zwei gesonderte Schulsysteme:

a) eine höhere Stadtschule mit vier Knabenklassen, entsprechend Sexta bis Tertia, zwei Mädchenklassen und zwei gemischten Vorbereitungsklassen.

b) eine sogenannte deutsche Stadtschule im bisherigen Umfange.

Weiterausbau war vorgesehen. Zum Leiter beider Systeme wurde am 31. Januar 1858 der Gymnasialoberlehrer Dr. Friedrich Wilhelm Beisert aus Lauban erwählt. Er war am 15. Januar 1816 in Oppeln geboren. Bis 1843 war er an verschiedenen Breslauer Gymnasien tätig (Zu Breslau war er auch Lehrer meines Vaters, Baurats Rich. Schiller, gewesen, den er deshalb stets seinen ältesten Schüler nannte). 1843 ging er nach Lauban. In Bunzlau amtierte er bis 1. April 1882. Zu Ehren ihres verehrten Direktors riefen damals der cand. theol. Bunzel, der cand. phil. Bienwald und der Referendar Schiller eine Beisertstiftung ins Leben, deren Kapital die Inflation geholt hat.

Bei der höheren Stadtschule wirkten von Anfang an mit der Gymnasiallehrer Fährmann aus Lauban, als Konrektor, und der hier seit 1847 angestellte Lehrer Heinrich.

Am 15. April 1858 begann das erste Schujahr der höheren Stadtschule mit den Gymnasialklassen Sextam 41 Schüler, Quinta, 19 Schüler, und Quarta, 5 Schüler. Zu jener Zeit müssen, wie uns erinnerlich ist, Schulklassen in Bürgerhäusern untergebracht gewesen sein, z. B. auf dem großen Boden des alten Appunhauses (jetzt Heinze, Markt 28).

Schon am 11. Februar 1859 faßten die Stadtbehörden einstimmig den Beschluß, ein Vollgymnasium zu errichten, wozu ebenso die Mittel bewilligt wurden. Die Stadtverordneten machten sich auch aus, daß das Gebäude eine Zierde der Stadt werden sollte. Zu Ostern 1859 wurde die Tertia mit zwei neuen Lehrern, Dr. Meyer und Dr. Adler, eröffnet, Ostern 1860 eine Obertertia mit den Lehrern Dr. Schmidt und Dr. Winde.

Der Ministerialerlaß vom 29. August 1860 erteilte die Genehmigung, die lateinische Schule zu einem Vollgymnasium zu entwickeln. Als am 11. September 1860 das Generalkommando Posen der Stadt drei Batterien als Garnison anbot, mußten diese im Hinblick auf die zu erwartenden Baukosten des Gymnasiums abgelehnt werden.

Ende 1860 wurde ein Wettbewerb zur Erlangung eines Bauplanes ausgeschrieben und 20 Friedrichsdors für den besten, 10 für den zweibesten ausgesetzt. Den ersten Preis erhielt Maurermeister Oppermann in Görlitz, den zweiten der Kgl. Baumeister Jakob in Bunzlau. Letzterer wurde zur Leitung der Bauausführung mit 600 Talern Jahresgehalt angestellt. Alsbald wurde der 4 Morgen 62 Quadratruten große Bauplatz angekauft.

Am 18. Oktober 1861, als am Jahrestage der Schlacht bei Leipzig und dem Tage der Königskrönung König Wilhelms I. in Königsberg – auch der spätere Kaiser Friedrich III. war am 18. Oktober 1831, also vor hundert Jahren, geboren – wurde der Grundstein gelegt. Am Abend vorher war ein Zapfenstreich der Schützengilde.

Am Tage selbst fand früh um 10 Uhr ein Gottesdienst statt, dann die Feier vor dem Gymnasium, bei der Schulrat Dr. Scheibert die Festrede hielt. Er sprach davon, daß diese Schulgründung eine patriotische und christliche Tat sei.

Die Rede ist im vierten Jahresberichte des Gymnasiums (der dritte hatte noch „evangelisches Gymnasium“ gesagt) abgedruckt. Sodann folgte das übliche Festdiner. Abends war die Stadt bei herrlichem Vollmondschein festlich illuminiert.

Mit ihren Baumeistern hatte die Stadt Unglück. Baumeister Jakob starb bald nach der Grundsteinfeier. Dann wurde ein Kgl. Baumeister Vogelsang (nach dem aber nicht der Kürschnerberg umgetauft ist) an seine Stelle gewählt. Als er den Bau fast bis zum Dache ausgeführt hatte, wurde er von seiner Dienstbehörde abberufen. Schließlich übernahm der Kgl. Kreisbaumeister Wronka in Bunzlau, ein überaus tüchtiger Architekt, die Fertigstellung. Ihm ist besonders die Ausgestaltung der Aula zu danken. Eine meiner größten Knabenerinnerungen ist, daß mich „Onkel Wronka“ einmal in der Aula mit hoch oben aufs Baugerüst nahm, wo ich, natürlich verständnislos, die großen Köpfe, deren dort unter der Kassettendecke zehn angebracht sind, betrachten konnte. Es sind dies Ptolemäus und Kopernikus, Sokrates und Kant, Sophokles und Schiller, Homer und Goethe, Vitruo und Winkelmann; an der Galerie befinden sich noch die Musiker Bach und Beethoven. Es wundert mich noch heute, daß diese Zusammenstellung in meiner Schulzeit nie zum Thema eines deutschen oder lateinischen Aufsatzes erwählt worden ist.

Störend wirkte auch der Bürgermeisterwechsel. Bürgermeister Flügel schied 1862 wegen Ablaufs seiner Wahlperiode aus. 1863 bis zu seinem am 15. April 1865 erfolgten Tode wirkte sein Nachfolger Ernst Schilke. 1861 zu Ostern war die Ober- und Untersekunda eingerichtet worden, und zugleich als Septima eine Vorbereitungsklasse unter dem Lehrer Engmann, der bis dahin die Schulklasse im jetzigen Museum geleitet hatte. Am 29. April 1862 wurde mit feierlichem Aktus im Rathaussaale die Prima eingerichtet, wozu zwei neue Oberlehrer, Dr. Güttling und Luchterhand, eingestellt wurden. Zu Michaelis 1864 wurde daneben eine sogenannte Realabteilung ohne Griechisch gebildet. Auch trat als technischer Lehrer ein Herr Schwarz aus Köpenick ein.

Am 19. Februar 1864 hatte unter Vorsitz des genannten Schulrats Dr. Schreibert die erste Abiturientenprüfung stattgefunden, die folgende Schüler bestanden: Heinrich Kirchhofer aus Gnadenberg, später Diakonus in Görlitz, Moritz Kittelmann aus Rabishaus, später Rektor in Namslau, Robert Liebich aus Bunzlau, später Dr. phil., Oberlehrer in Öls.

Der am 22. Juni 1925 verstorbene Geheime Justizrat Alfred Liebig, Sohn des hiesigen Kanzleirats Liebig, wohnhaft Görlitzer Straße Nr. 50, bestand hier das Abitur erst am 27. Februar 1865.

Am 3. August 1864 konnte die Einweihung des fertiggestellten Gymnasialgebäudes erfolgen. Dieser Tag ist im Vestibül des Gebäudes auf zwei Tafeln verewigt mit folgenden Worten:

Hanc arcem humanitatis Deo, patriae, Literitis consecratam. anno Domini 1864

Juventuti erndiendae apernit civitas Boleslaviensis tertio die mensis Augusti.

(= Diese Gott, dem Vaterlande, den Wissenschaften geweihte Burg hat für den Unterricht der Jugend am 3. August 1864 eröffnet die Stadt Bunzlau.)

Schade ist, daß alles andere opulent ausgestattet worden ist, diese kleinen Tafeln aber, marmorartig gestrichen, aus inzwischen schon gesprungenen Holzbrettchen gemacht sind.

Die Gesamtkosten haben 70000 Taler betragen. Die Vorderfront ist 1671/2 Fuß lang, die Schmalseite 631/2 Fuß (1 Meter = 3,1865 Fuß). Die Aula ist 28 Fuß hoch und 583/4 mal 423/4 Fuß groß. Die Fenster – von denen übrigens zwei durch den großen Sturm am 7. Dezember 1868 arg beschädigt wurden – sind 22 Fuß hoch. An der Decke der Aula prangen die Wappen von Deutschland (damals noch Doppeladler), Preußen, Schlesien und Bunzlau. Die Aula hat von Anfang an Gasheizung in zwei eisernen Heizkörpern.

Der Turm ist 123 Fuß = 38,60 Fuß hoch. Ursprünglich war ein dicker Turm projektiert (Abbildung im 4. Gymnasialprogramm von 1862). Am 3. Oktober 1865 wurden 550 Taler für die das Gymnasium umgebenden Promenadenanlagen bewilligt.

Im 1870er Kriege eroberte mein ehemaliger Vorturner, Sekundaner Meschter, die erste französische Fahne bei Weißenburg; er wurde, verwundet, mit dieser der Kaiserin August in Berlin vorgestellt. Zeichenlehrer Schwarz fertigte für die Aula ein richtiges Erinnerungsgemälde an den Krieg 1870/71, zu dem wir Schüler alle unser Scherflein beitragen mußten. Es war aber so steif, daß es bald in den Zeichensaal kam. Es stand noch vor wenigen Jahren umgekehrt auf der Bodentreppe. An die 187 ehemaligen Schüler des Gymnasiums, die den Krieg mitgemacht haben, erinnert die „Patriotische Gedenktafel“, die Direktor Beisert 1872 erscheinen ließ.

Das Entstehen von Konkurrenzanstalten in Nachbarstädten brachte es mit sich, daß man an Übergabe unserer Anstalt an den Staat denken mußte. Der Vertrag vom 29. Dezember 1885/5. Januar 1886 war das Ergebnis langer Verhandlungen. Bunzlau ließ mit dem 1. April 1886 das Gymnasium auf den Staat übergehen. Anstatt eines jährlichen Beitrages hatte es ein für allemal eine Abfindung von 400000 Mark zu zahlen.

Am 12. Oktober 1929 fand das letzte Mal Unterricht im alten Gymnasium statt, am 16. Oktober der erste im neuen Gebäude. Am 9. Mai 1930 wurde das alte Gebäude dem Justizfiskus übergeben. Nach einer größeren Reparatur nahm das Amtsgericht Ende Juni 1931 davon Besitz.

Vielleicht tauft man den überholten Namen „Gymnasialstraße“ in Verknüpfung mit dem Gymnasialgedanken in „Beisertstraße“ um.

Die Einweihungsfeierlichkeit des neuen Gymnasial-Gebäudes am 3. August 1864

VII. Jahresbericht über das Gymnasium zu Bunzlau, womit zu der öffentlichen Prüfung am 5. April und zu dem Valedictions-Actus am 7. April 1865 ehrerbietigst und ergebenst einladet der Director Dr. F. W. Beisert. Bunzlau, 1865. Druck von C. A. Voigt.

So stellte man sich 1861 das geplante Gebäude vor

An Stelle der für das diesmalige Osterprogramm bestimmten wissenschaftlichen Abhandlung ist eine Darstellung der Einweihungsfeierlichkeit getreten *1) getreten, um den vielfach geäußerten Wunsche der Festgenossen zu entsprechen und zugleich das in den früheren Schulprogrammen zu einer Geschichte des neubegründeten Gymnasiums dargebotene Material zu vervollständigen. Unter Bezugnahme auf das letztere wird es hier genügen, eine gedrängte Uebersicht der das Gebäude selbst betreffenden Notizen voranzuschicken. Der Grundstein zu demselben wurde an dem patriotisch bedeutungsvollen Tage des 18. October 1861 gelegt. *2) Der zweimal nothwendig gewordene Wechsel des leitenden Baumeisters *3) verzögerte die Vollendung des Baues bis in den Sommer 1864.

Das nach dem Plane des verstorbenen Maurermeisters Herrn Oppermann aus Görlitz im gothischen Styhle ausgeführte Gymnasial-Gebäude nimmt die Mitte eines freien, 4 Morgen 42 Ruthen großen Platzes zwischen der Promenade und dem Eisenbahndamme ein, und besteht aus Souterrain, Parterre und 2 Etagen. Die 167 1/4 Fuß lange Vorderfront ist nach Süden der Promenade zugewendet. In ihrer Mitte erhebt sich über dem Portale ein 123 Fuß hoher, mit Gallerien versehener und mit Zinnen geschmückter Thurm, in welchem die Gymnasial-Uhre aufgestellt ist und leicht die etwa künftighin erforderliche Einrichtung eines Observatoriums vorgenommen werden kann.

Die schmalen Seiten des Gebäudes erstrecken sich in einer Breite von 63 1/4 Fuß nach Osten und Westen. Der Haupteingang des Gebäudes befindet sich im Süden von der Promenade aus über den 60 Fuß breiten und längs der ganzen Front ausgedehnten freien Platz, der mit angemessenen Anlagen versehen werden und durch das zu errichtende Opitz-Denkmal eine local bedeutungsvolle Zierde empfangen soll. Durch das vorspringende Portal tritt man in ein geräumiges Vestibül, welches an den beiden Wänden einander gegenüber zwei Votivtafeln enthält, links mit der Inschrift „Hanc arcem humanitatis Deo, Patriae, Literis consecratam – Anno Dom. MDCCCLXIV.“, rechts mit der Inschrift: „Juventuti erudienadae aperuit Civitas Boleslaviensis. Tertio die mens. Augusti.“ 8 Stufen führen durch eine Glasthür auf den Corridor des Parterres. An der östlichen Seite des Gebäudes befindet sich ein Nebeneingang zur Wohnung des Directors; an der Nordseite die in den Schulhof führende Hinterthür.

Das Innere des Gebäudes enthält außer den Räumlichkeiten des Souterrains, wo sich auch die Wohnung des Kastellans befindet, im Parterre, durch einen durchgehenden 12 Fuß breiten Corridor getrennt, links die Klassenzimmer der Sexta, Quarta, Ober-Tertia und Quinta, rechts der Ober-Secunda, Unter-Secunda, Septima, das Conferenzzimmer, der Unter-Tertia imd das Amtszimmer des Kastellans; im 1. Stock links 2 bis jetzt reservirte Zimmer, die Prima und den Zeichensaal, rechts das Vorzimmer zur Aula, die Realklasse, die Zimmer für Bibliothek und naturhistorische Sammlungen; im 2. Stock die Wohnung des Directors, den physikalischen Saal und ein reservirtes Zimmer. Sämmtliche Klassenlocale sind mehr als ausreichend geräumig, hell, gesund und mit zweckmäßigem Inventar (bequemen schwarz polirten Subsellien, Schreibtafeln, Kleiderrechen, Lehrertischen, Ventialations-Apparaten) versehen.

Der Zeichensaal ist mit einer hinreichenden Anzahl von breiten Zeichentischen mit Gestellen ausgestattet. Das Local für den Carcer befindet sich 3 Treppen hoch im Thurme. Die große Thurmuhr schlägt, im ganzen Gebäude deutlich vernehmbar, die vollen Stunden. Es ist die sehr zweckmäßige Einrichtung getroffen, daß 10 Uhr zweimal schlägt, 5 Minuten vor und 10 Minuten nach der wirklichen Zeit, wodurch die 15 Minuten des Respiriums auf 2 Lehrstunden vertheilt werden können.

Die Hauptzierde des Gebäudes und in der That eine Sehenswürdigkeit der Stadt ist die mit großem Kostenaufwand geschmackvoll ausgestattete Aula, welche sich  in einer Höhe von 28 Fuß durch beide Etagen erstreckt und, 58 1/4  Fuß lang und 42 3/4  Fuß breit, die westliche Seite des Gebäudes einnimmt. Auf dem Corridor der 1. Etage befindet sich die mit den Weiheworten der Anstalt „Deo, Patriae, Literis“ geschmückte Eingangsthür, an deren nach Innen gerichteten Seite auf 2 Consolen die Statuen Alexander von Humboldt‘s und Friedrich August Wolf‘s hervortreten. Der erste Blick des Eintretenden fällt auf die der Tür gegenüber unter Baldachinen aufgestellten Büsten des regirenden Königs und Friedrichs des Großen.  Die beiden Längeseiten des Saales sind mit je 5 Büsten, – rechts Ptolemäus, Sokrates, Sophokles, Homer, Vitruv, links Copernicus, Kant, Schiller, Göthe, Winkelmann – geschmückt. Unter denselben sind die Himmelszeichen, über denselben ein hervortretender Fries in Stuccatur angebracht. Die südliche, der Promenade zugewandte Breitseite nehmen 3 buntbemalte, 22 Fuß hohe Glasfenster ein.

In ihrer Nähe sind auf einer Estrade 2 Rednerbühnen errichtet, die hintere, mit den Büsten Pestalozzi‘s und Lavater‘s geschmückte, für die Lehrer, die vordere niedrigere für die Schüler bestimmt. Links und rechts derselben befinden sich die den Behörden und dem Lehrer-Collegium reservirten Plätze, vor ihnen die Genien des Glaubens und der Hoffnung. Den Rednerbühnen gegenüber bietet die Tiefe des Saales die für die Schüler und ein zahlreiches Auditorium ausreichenden Räumlichkeiten.

An der nördlichen Breitseite springt ein 12 Fuß breites, von 3 Säulen getragenes Empore hervor, dessen Bestimmung für Musik- und Gesang-Aufführungen durch die Büsten Haydn‘s und Seb. Bach‘s gekennzeichnet wird. In der Mitte der Kassetten-Decke wölbt sich eine Kuppel, bestimmt zur Aufnahme des Kronleuchters. Die Decke zieren außer mannigfaltigen Arabesken die 4 Wappen Deutschlands, Preußens, Schlesiens und Bunzlaus.

Wie die Grundsteinlegung an einem patriotisch bedeutungsvollen Tage erfolgt war, so sollte nun auch die Einweihung und Uebergabe des glücklich vollendeten Baues von der Auswahl des Tages eine erhöhte Bedeutung empfangen. Es wurde der 3. August dazu bestimmt. Auf den Wunsch der Städtischen Behörden trat mit Genehmigung des Königl. Provinzial-Schul-Collegiums eine Verlegung der Sommerferien derart ein, daß der Wiederbeginn des Unterrichts sich unmittelbar an die Feierlichkeit anschließen konnte.

Der Director hatte im Namen des Lehrer-Collegiums durch ein besonderes Programm *4) zur Theilnahme eingeladen; an die betreffenden Hohen Staatsbehörden waren schonvorher die Einladungsschreiben der Stadt ergangen.

Am Festtage selbst versammelten sich die Königlichen und Städtischen Behörden, Geistlichkeit und Lehrer im Rathhaussaale, von wo sich um 10 Uhr der Festzug, voran die Schüler des Gymnasiums, unter feierlichem Glockengeläute nach dem Gymnasialplatze bewegte. An dem Portal des Gebäudes empfing Herr Kreisbaumeister Wronka, umgeben von den bei dem Baue beschäftigt gewesenen Gewerken, den Zug und übergab mit einer kräftigen Ansprache *5) den Schlüssel an den Bürgermeister Herrn Schilke, der darauf „zur Ehre Gottes und des Vaterlandes“ die Pforten eröffnet. Nachdem die Theilnehmer des Zuges in der Aula, wo bereits ein zahlreiches Damenpublicum anwesend war, ihre Plätze eingenommen, wurden die zur Erhöhung des Festes erschienenen Hohen Staatsbehörden, der General-Superintendent von Schlesien Herr Dr. Erdmann, der Königliche Provinzial-Schulrath Herr Dr. Scheibert, der Königliche Regierungs-Schulrath Herr Stolzenburg, der Königliche Regierungs-Baurath Herr Bergmann, feierlich eingeholt und empfangen.

Mit ihrem Eintritt eröffnete der Choralgesang: „Dir, dir Jehovah, will ich singen“ den in der Aula abgehaltenen Festactus. Zunächst bestieg Herr Bürgermeister Schilke die Rednerbühne und hielt die nachstehende Uebergaberede:

„Danket dem Herrn, die ihr wohnet in seinem Hause, lobet ihn immerdar den Herrn Zebaoth, euren König und Gott.

Diese Worte des Psalmisten mögen die ersten sein, welche an dieser Stelle tönen. Ich rufe sie Ihnen, hochgeehrte Herren Lehrer, ich rufe sie Ihnen, geliebte Schüler dieser Anstalt, die Sie fortan hier Wohnung nehmen, zu.

Danket dem Herrn, die ihr gebauet dieses Haus, lobet ihn immerdar, so tönt es in meinem Herzen und findet sicherlich Widerhall in alle den Herzen, die mit mir berufen sind, das Wohl dieser Stadt zu berathen.

Zu diesem Danke haben wir reiche Ursache, dazu fühlen wir uns Alle in dieser ernsten feierlichen Stunde gedrungen. Eine Feierlichkeit, wie die heutige ist ja nicht leere gehaltlose Spielerei, nicht ceremonielles Schattenspiel, nicht zeitvertreibende Tändelei, sie hat einen erhabeneren Grund, eine tiefere Bedeutung.

Der Schule soll ich ein Gebäude übergeben, – der Schule, die nicht im Dienste der Stadt, nicht im Dienste einer Partei, sondern im Dienste des Vaterlandes und der Menschheit arbeitet.

Wer fühlt nicht der Bedeutung Majestät.

Alles Gute, was hier gethan und geschaffen wird, fließt in den großen Strom des allgemeinen Guten, das, als die Ausbeute aller Bestrebungen der Menschheit, das große Weltreich der Ideen und der Menschheit begründen soll.

Der Genius einer guten Schule ist der Genius der Menschheit, und der Staat, der ihn hegt und pflegt, wie unser Vaterland, wird mit Recht ein großer genannt.

Darum fühle ich mich gedrungen, den Hohen und Höchsten Staatsbehörden noch einmal von dieser Stelle aus den tiefgefühlten Dank für ihre Zustimmung zur Errichtung dieser Anstalt im Namen der Stadt auszusprechen.

Die Stadt glaubte diesen Dank nicht besser bethätigen zu können, als daß sie ein dem erhabenen Zweck würdiges Gebäude herstellte.

Die städtischen Behörden, von dem Gedanken geleitet, daß die äußere Schönheit und Pracht auf die Schüler ihren Einfluß ausüben muß, haben die größten Opfer nicht gescheut.

Sie fühlten, daß die äußere Umgebung unendlich viel zur Geistes- und Herzensstimmung der Schüler beiträgt, daß sie auf ihr Inneres wirkt, ihre Anlagen entwickelt, ihre Gefühle anregt, ihre Phantasie belebt, ihre Thätigkeit bestimmt, und ihrem Gemüthe diejenige Richtung giebt, die sich später in ihrem Wirkungskreise äußert.

Dank ferner den Männern, die mit Ausdauer und Beharrlichkeit die Gründung eines Gymnasiums anbahnten und den Grundstein zu diesem Prachtbau legten, insbesondere meinen Herrn Amts-Vorgänger, ich rufe ihnen Allen als Dank zu:

Die Schulen sind die Pflanz- und Pflegestätten des Heiligen, Ewigen, sie haben Gutes und Großes geschaffen.

Diesen Dank wird die Mitwelt, diesen Dank kann die Nachwelt Ihnen nicht rauben.

Was sie hervorgerufen, steht heute vollendet da.

Mit Entzücken haftet das Auge des Beschauers an diesem architektonischen Prachtbau. – Der Wanderer fragt erstaunt, wer und wem errichtete man solch Gebäude, und die Antwort: die Stadt der Schule, durchbebt freudig seine Seele, er lernt, daß für die Erziehung der Jugend auch das Beste nicht zu gut sein darf.

Ein stattlicher Bau, steht das lang ersehnte Gebäude nun da, weit in die Stadt schauend, in deren Boden es festgewurzelt ist, wie seine Anstalt.

Viele, sehr viele Hände mußten sich regen, um den Bau zu vollenden, oft kamen die Bauleute bei der Ausdehnung, Größe und Höhe des Gebäudes in gefährliche Lage, und nur der umsichtigen Leitung ist es zu danken, daß kein Unglück geschah.

Die Erinnerung an den Bau wird nicht durch Schmerzenslaute und Seufzer solcher, die Schaden an ihrem Körper genommen haben, gestört. Der Weltenbaumeister hat seine schützende Hand über Alle ausgebreitet, die an diesem Bau täthig teilgenommen.

Und diesen Dank, ich spreche ihn nächst Gott freudig und herzlich aus gegen Alle, die hier zusammen gearbeitet, gegen alle die ehrenwerthen Männer und Meister, welche mitgewirkt haben, diesen Tempel der Wissenschaft fest und stattlich aufzuführen.

Vor Allen gegen Sie, Herr Kreisbaumeister Wronka, der Sie den Bau zum glücklichen Abschluß brachten. Mit Staunen und Bewunderung sehen wir den Gedanken des dahingeschiedenen Baumeisters Oppermann aufs Herrlichste ausgeführt. Dieser schöne Raum, worin wir uns befinden, so ganz eigentlich Ihr Werk, gibt redendes Zeugniß für Ihre bewährte Treue und hingebungsvolle Thätigkeit, namentlich wenn die Schwierigkeiten, womit Sie oft zu kämpfen, in Erwägung gezogen werden; gibt Zeugniß von Ihrem Sinne für das Schöne und Erhabene.

Des Lobes bedarf es weiter nicht, das Werk lobst sich selbst.

Die äußere Einrichtung für den Unterricht jedoch, und wäre sie die vortrefflichste, wurde nicht genügen, um die Aufgabe, die hier vorliegt, zu ermöglichen.

Es bedarf, soll dieses geschehen, eines lebendigen Princips, von dem der Unterricht getragen, durch welches er in allen seinen Theilen zu einer Einheit verbunden wird.

Dieses lebendige Princip sind Sie, hochverehrte Herren Lehrer.

Jahre lang haben Sie ohne eigne Stätte, unter wahrlich oft schwierigen Verhältnissen segensreich gewirkt. Von heute ab, wo Sie diese stattlichen Räume beziehen, wird Ihnen eine Last vom Herzen genommen, welche, wie ich weiß, schwer auf Ihrer Berufsthätigkeit lastete.

Diese Burg der Wissenschaft, die ich Ihnen heut überweise, sei eine feste.

In ihr mag es Ihnen vergönnt sein, noch lange zu wirken, in ihr werden Sie das große Werk der Erziehung der Ihnen anvertrauten Jugend fortan fördern können.

Es ist weder meines Amtes, noch ist es nöthig, Sie auf Ihren Wirkungskreis hinzuweisen, aber ich bin im Namen der Stadt zu der Bitte berechtigt.

Sie wollen Sich durch diese herrlichen Räume gestärkt und von Neuem für Ihren schweren Beruf erwärmt fühlen. Möge der Geist, der Sie bisher geleitet, in dem neuen Zeitabschnitte ferner walten.

Ich wende mich noch an Sie, geliebte Schüler dieser Anstalt. Vergessen Sie nie die hohe Bestimmung, zu welcher Sie hier vereinigt sind, auf daß Sie sich würdig vorbereiten zu dem Berufe, den Sie erwählt haben, dann, ja dann wird die Zeit gesegnet sein, die Sie hier zubrachten.

Pünktlicher Gehorsam, ernster Fleiß, sittsames Verhalten, sittlicher Wandel sind Tugenden eines Schülers, auf die ich aufmerksam zu machen nicht berufen bin; – wohl aber bin ich berechtigt, auf eine Tugend, nämlich die Liebe zur Ordnung hinzuweisen.

Ich erinnere Sie an die Worte des Sokrates, der einem feinen aber ungebildeten Jüngling zurief: „Würdest Du Dich nicht schämen, aus einer elfenbeinernen Hülle ein bleiernes Schwert zu ziehen?“

Die elfenbeinerne Hülle ist dieses Haus, Ihre Bildung das Schwert.

Die schönen Formen, die Sie fortan umgeben, die lichten freundlichen Räume, die Sie aufnehmen, mögen Sie mahnen, Sich nicht selbst durch Beschädigung derselben zu entehren.

Sie würde sonst der schwerste Vorwurf, der der Rohheit treffen, den ein öffentliches Denkmal (und ein solches ist dieses Gebäude) zu verunstalten, ist stets ein Zeichen der Rohheit.

Dulden Sie keinen Frevler, keinen Zerstörer unter Sich. Wie sich einst das athenische Volk gegen den Dichter erhob, der es wagte, in einer seiner Tragödien etwas Unwürdiges vorzubringen, so erheben Sie Sich gegen den Verächter jeder guten Sitte.

Das ist meine Bitte, das ist die Bitte der Stadt.

Ihnen, hochverehrter Herr Director, unter dessen Leitung die Lehranstalt steht, überweise und übergebe ich im Namen der Stadt diese Räume zu treuer sorglicher Obhut und bestimmungsmäßigem Gebrauche für die Zwecke der Anstalt mit dem Gebete:

„Gott segne Ihren, er segne unser Aller Eingang.“

Ihnen allen hochgeehrteste Festgenossen aber sage ich hiermit den besten Dank für die Ehre, die Sie dieser Anstalt dadurch erwiesen, daß Sie Sich an diesem Feste betheiligen und schließe mit dem innigen Wunsche, daß die lebendige Theilnahme für die Entwickelung des Gymnasiums sich im Laufe der Zeit unverändert erhalten und zu einer immer engeren Verbindung von Schule und Haus  zu gemeinsamer Pflege und Förderung edler Jugendbildung führen möge.

Das walte Gott. Amen.“

Das Gymnasial-Sängerchor trug demnächst eine Motette und einen Gesang vor, worauf der Königl. Provinzial-Schulrath Herr Dr. Scheibert die Rednerbühne betrat und nachfolgende Weiherede hielt:

„Im Namen Gottes des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes.

Zu diesem Hause hier, welches soeben der Bauherr seiner Bestimmung überwiesen hat, welches ich hiermit im Namen und Auftrage der Staatsbehörde in den Dienst der Jugend stelle, welches heute die Kirche für die letzten und höchsten Ziele aller und jeder Bildung weihen wird: Zu diesem Gebäude legten wir vor 3 Jahren einen doppelten Grundstein:

einen sichtbaren, gehauen aus einem lernfesten Fels des vaterländischen Bodens, auf dem der Meister und seine Gesellen Bunzlau‘s Namen mit Monument-Schrift einzeichnen sollten in die Liste der Städte, welche preußischem Streben und preußischem Geiste ein Opfer darbrachten,

und einen unsichtbaren Grundstein, den Gott der Herr selber in Zion gelegt, einen bewährten Stein, einen köstlichen Eckstein, auf dem die Gesellen des rechten Meisters aus Israel mit Glaubensschrift in den Jugendherzen dem HErrn einen Altar, Ihm seinen Tempel bauen sollten.

Der sichtbare Bau ist rasch gefördert. – Ihm wurden, Dank der unablässigen Sorge des leitenden Magistrates, alle Kräfte zur Förderung desselben reichlich zugewiesen; ihm sind, Dank der Munifizenz der städtischen Vertreter, die Mittel für alles Nöthige und Zweckmäßige reichlich zugewandt; ihm sind, Dank der hochherzigen Gesinnung der gesammten Bürgerschaft, die Spenden für alles Erwünschte und Schöne reichlich gestossen.

Der sichtbare Bau ist kräftig, zweckmäßig, schön: so bekennen wir mit Allen, die ihn betrachten. – Seine Mauern sind wie sein Grundstein aus felsenfesten Quadern urzeitiger Erdbildung aufgeführt und zeugen von Stärke; die Ueberbrückung der starken Wände, die Träger des schirmenden Daches sind aus dem reifften Holze des kräftigtste Waldwuchses genommen und sichern der Stärke die Dauer; die Bindemittel sind nach untrüglichen Regeln der Erfahrung und Wissenschaft gefertigt und verheißen dem Baue Widerstandskraft gegen Sturm und Wetter.

Ein kunstverständiger Baumeister hat die Zwecke des Gebäudes einsichtsvoll berechnet, alle einzelnen Theile darnach wohl bemessen, und wie sehr auch immer bei der Wahl der Stoffe an die Naturproducte gebunden, hat er die todte Masse hinaufgehoben in das Bereich des verständigen Gedankens, sie eingestellt in den Dienst vernünftiger Zwecke, und so das Todte zum lebendigen Zeugen menschlicher Weisheit auferbaut.

Kunstgeübte Hände der Meister und Gesellen haben die einzelnen Baustücke wohl bearbeitet, allen einzelnen Theilen das Gepräge des großen Ganzen aufgedrückt, und, wie sehr auch immer bei der Wahl der Formen an die Urtypen der Natur gewiesen, haben sie die starren Gebilde derselben belebt in dem Reiche des freien Gestaltens, sie beredt gemacht in dem Gesetze der harmonischen Schönheit, und so die sprachlosen Formen der leblosen Natur zum Zeugen künstlerischer Schönheit ausgemeißelt.

Nicht minder rasch wurde der unsichtbare Bau gefördert. – Auch hieführ gebührt Dank dem leitenden Magistrate, der diesem innern Bau alle geistigen Kräfte zur Förderung desselben reichlich zuwies; Dank den städtischen Vertretern, die mit Munifizenz die Ausgaben für die nöthigen und zweckmäßigen Lehrmittel bewilligten; Dank der hochherzigen Gesinnung der gesammten Bürgerschaft, welch durch warme und rege Theilnahme das Werk förderte.

Auch dieser unsichtbare Bau ist kräftig, zweckvoll, schön: so bekennen wir mit Allen, die ihn verstehen. – Seine Mauern sind aufgeführt aus Quadern vorzeitiger Völkerbildung, die in Geisteserzeugnissen auf den höhen der Cultur als festes Gestein zu Tage treten, und in ihrer hundertjährigen Dauer von Stärke zeugen; die Ueberbrückung der starken Mauern, die Träger des schirmenden Daches sind genommen aus den reichsten Gewächsen der kräftigsten Culturvölker und sichern der Stärke die Dauer; die methodischen Bindemittel sind nach sichern Regeln der pädagogischen Erfahrung und Wissenschaft gefertigt und verheißen dem Baue Widerstandskraft gegen die Anläufe wetterwendischer Zeitmeinungen.

Ein kunstverständiger Baumeister, dem der Patron die Leitung dieser Anstalt vertrauensvoll übergab, den ich heute hier zum erstenmale öffentlich im Namen der Behörde als Director begrüße: er hat die Zwecke des Lehr- und Erziehungsgebäudes einsichtsvoll berechnet, alle einzelnen Gliederungen darnach wohl bemessen, und wiesehr auch immer in der Wahl des Stoffes an die Culturproducte der Vergangenheit und Gegenwart gebunden, hat er das an sich Vollendete in das Bereich einer fortschreitenden Entwicklung hinaufgehoben, es eingestellt in den Dienst des Bildungs- und Erziehungszweckes, und so ein an sich Todtes zum lebendigen Zeugen menschlicher Weisheit auferbaut.

Kunstgeübte Hände erfahrener und getreuer Mitarbeiter haben die einzelnen Lehrstücke für die Bildungsstufen der Jugend weislich bearbeitet, allen einzelnen Theilen in seelen- und charaktervoller Einheit das Gepräge des schönen Ganzen aufgedrückt, und, wie sehr auch immer in der Wahl ihrer Lehrmittel und Wege von den vollendeten Typen der classischen Producte geleitet, haben sie doch die unwandelbaren Gebilde einer Vorzeit neu belebt in dem Reiche einer anderen, erweiterten Cultur, sie beredt gemacht in dem Gesetze einer harmonischen Geistesbildung und so die todte Sprache eines überwundenen Heidenthums zur Bildnerin einer hähern Geistesschönheit ausgemeißelt.

So steht nun dieser Doppelbau als ein vollendeter vor uns, der in Kraft und Schönheit seinen erhabenen Zweck selber verkündet.

Der Weihe dieses Doppelbaues gilt der heutige Festtag. – Ohne richtige Würdigung keine rechte Weihe. – Beide Bauwerke wollen, wenn wir sie vornehmen, als ein Kunstwerk aufgefaßt und gewürdigt sein, das seinen Werth und Zweck in sich selbst hat.

Der sichtbare Bau zunächst. – Herausgerückt aus Straßenlinien und Marktrevier, kündigt er sich als ein Gebäu an, dessen Maß und Zweck nicht aus Maß und Zweck des privaten oder öffentlichen Verkehrslebens entlehnt worden; entrückt dem Vergleiche mit allen niederen und hohen Bauten, kündigt er seinen freien Selbstzweck an, der das gesetzgeberische Maß für seine Structur nur in den naturgemäßen Verhältnissen aller seiner Theile, der die Wirkung auf den Beschauenden in der harmonischen Entfaltung aller seiner Gliederungen sucht und findet; hinausgestellt auf einen von ihm allein beherrschten freien Platz lenkt er das Auge der nahe und ferne Wandelnden auf sich, erzwingt sich Beachtung und fesselt wie jedes ächte Kunstwerk mit geheimnißvoller Macht den kunstverständigen Geist.

Ja noch mehr. Er befriedigt das kunstsinnige Gemüth, denn er redet ein ernstes Wort von dem Bleibenden im Wechsel, wenn aus festem Grunde und starkem Gemäuer sein Dauer-Antlitz ruhig hinausblickt in die sturmbewegte regenschwangere Atmosphäre; er redet ein erhebendes Wort, wenn der Blick an hohen Fenstern, Thurm und Spitzen hinaufgleitet in die lichten Höhen, wo die feinsten Linien des Baues sich in der klaren Bläue des heitern Himmels abgrenzen; er redet ein wohlthuendes Wort zu dem, der die tiefsinnige Durchdringung des erdentsprossenen Materials mit dem geistentsprossenen Gedanken, der die den todten Formen eingehauchten Harmonieen des Schönen ungestört auf sein Gemüth wirken läßt.

Und der unsichtbare Bau? – Herausgerückt aus den Anforderungen gewerblicher und industrieller Bildungsbedürfnisse kündigt er sich als ein Gebäu an, dessen Maß und Zweck nicht aus Maß und Zweck des privaten oder öffentlichen Verkehrsbedürfnisses entlehnt worden; entrückt dem Vergleiche mit allen andern niederen und hohen Schulen kündigt er seine freie Selbstbestimmung an, die ihr gesetzgeberisches Maß nur allein in der naturgemäßen Abgrenzung aller seiner Bildungsstoffe hat und die ihm eingeräumten Platz in den weite freien Felde des Wahren, Guten und Schönen lenkt er das Auge der nahe und fern Stehenden auf sich, erzwingt sich Beachtung und fesselt, wie jedes ächt wissenschaftliche Gebäude mit gewinnender Macht den denkenden Geist.

Ja noch mehr. Er befriedigt das Bildung suchende Gemüth, denn er redet ein ernstes Wort von dem Siege der Wahrheit über den Schein, wenn aus den geschichtlich gewordenen und bewährten Bildungsstoffen das Dauer-Antlitz des klassischen Alterthums ruhig und fest hinausblickt in die unruhige und nebelvolle Atmosphäre der Tagesmeinungen; er redet ein erhebendes Wort, wenn der Blick an den schlanken, hohen Säulen humanistischer Bildung hinaufgeleitet zu den heitern Höhen, wo ein italischer Himmel die tiefen Kammern des ernsten germanistischen Gemüthes durchleuchten, und eine griechische Sonne die hohen Zinnen des deutschen Denkens vergoldet; er redet ein wohlthuendes Wort zu dem, der die tiefsinnige Durchdringung der Gegenwart mit der Vergangenheit, der die dem Heidenthum und seiner Sprache abgewonnene Bildungskraft, der die in ihm niedergelegten und durch unsern Unterricht verlebendigten Ideen des Wahren, Guten und Schönen ungestört auf sich wirken läßt.

Doch dürfen wir auf solche Selbstwürdigung hin die Weihe vollziehen?

Wie stark auch die Mauern des sichtbaren Baues sein mögen: sie sind aus erdgeborenem Stein, welcher der Verwitterung unterliegt: diese Steine werden morsch werden, und die Mauern werden wanken und von der heutigen Stärke des Gebäudes wird dann nur noch eine Ruine stammen; wie schön der Bau heute uns anblicken mag: eine andere zeit mit anderem Geschmacke, andern Zwecken, andern Bedürfnissen wird über ihn Gericht halten und verunzierende Verbesserungen werden seine harmonischen Maße verdunkeln; wie berechtigt sein Anspruch auf den Werth eines wahren Kunstwerkes sein mag: das wird ihn nicht schützen vor dem Schicksale aller menschlichen Schöpfungen, die in sich ihr Ziel, in sich selbst ihren letzten Zweck haben.

Die künstlerisch vollendeten griechischen Tempel und Götterbilder sind verfallen und verwittert, seit der Götterglaube des Volkes sie nicht mehr beseelte; die großartigen Bauwerke Roms verödeten und sanken in Trümmer, seit eine römische virtus und römische religio sie nicht mehr bewohnte.

Der Kunstwerth schützt das Kunstwerk nicht.

Auch dieser schöne Bau wird unwirthlich und öde werden, wenn die Seele eines höhern Zweckes aus ihm schwindet: er wird Nachtvögeln und tagesscheuem Gethier zur Wohnstätte dienen, wenn er nicht mehr Heimathsort derer ist, die in ihm Bildung suchen; er wird nur so lange Gymnasium sein und bleiben, als man in ihm geistige Gymnastik treibt; ihn wird nur die Jugend recht würdigen, welche in ihm geistig gespeist wird. Ihn kann und wird nur die Nachwelt erhalten, welche in ihm geistige Kräftigung empfing; sein wird nur das Geschlecht pflegen, welches in den geöffneten Thoren und Sälen lernte, daß kein menschliches Werk und so auch dieser Bau für sich selbst reden, sondern nur als Resonanz, die Stimme eines höhern Geisteslebens verstärken soll.

Und steht es etwa anders um den unsichtbaren Bau? – Wie stark auch die Bildungsmittel, und wie fest sie in dem ureigensten Gebiete des natürlichen Geistes gegründet sein mögen: sie sind und bleiben erdentsproßne Produkte, und an dem, nur mit ihnen auferbauten, Geiste wird es nur zu oft und oft nur zu bald offenbar, daß sie in dem Wechselwetter des natürlichen Menschen, in dem Schauer der Lust, in dem Sturme der Begierde verwittern und morsch werden, und dann von dem in der Seele auferbauten Wahren und Guten nur noch Ruinen stammeln; wie schön unsere Erziehungsmittel sein, wie sorgfältig und weise wir das Beste als eben gut genug für die Jugend ausgewählt haben mögen: eine andere Zeit nach der Schule mit andern Anschauungen, andern Gedanken, andern Erregungen wird über die Ideen einer, ihr nur gleichberechtigten, Vorzeit Gericht halten, wird ihrer Zeit Rechnung tragen und mit ihren verunzierenden Bildungserweiterungen die harmonischen Züge der echt klassischen Geistesbildung entstellen; wie berechtigt das Lehrgebäude eines Gymnasium den Anspruch auf die Bedeutung des höchsten menschlichen Kunstwerkes machen darf, welche Befriedigung die Gymnasialbildung ihren echten Jüngern gewähren mag: das wird sie nicht schützen vor dem Schicksale alles menschlichen Strebens und Wirkens, welches in sich selber seinen höchsten Zweck hat.

Die schöne Welt des Griechenthums, die Welt der starken Roma ist untergegangen, so daß ihr ja der Dichter nachklagt:

Schöne Welt wo bist Du? kehre wieder

Holdes Blüthenalter der Natur!

Ach nur in dem Feenland der Lieder,

Lebt noch Deine fabelhafte Spur.

Ausgestorben trauert das Gefilde,

Keine Gottheit zeigt sich meinem Blick.

Ach von jenem lebenswarmen Bilde

Blieb der Schatten nur zurück.

Der Kunstwerth schützt auch dieses unser Kunstwerk nicht.

Auch diese unsere Humanitätsbildung wird hohl und leer klingen, wenn nicht durch alle ihre Saiten das Engellied hindurch klingt: Ehre sei Gott in der Höhe, und friede auf Erden und dem Menschen ein Wohlgefallen: sie wird den Nachseiten des menschlichen Denkens und Empfindens zur Wohnstätte dienen, wenn sie nicht mehr Heimatsort echter Kinder Christi ist; sie wird nur so lange echte Menschenbildung und wahre höhere Volksbildung sein und bleiben, als sie in den heidnischen Baustücken das christliche Gepräge ausmeißelt, die Rundgewölbe klassischer Bildung zu Kreuzgewölben christlicher Erkenntniß umbaut, die schlanken Säulen einer heidnischen Ideenwelt zum Himmel anstrebenden Thurme christlichen Glaubens hinaufführt.

Diesen unsern Bildungsbau wird nur die Jugend recht würdigen, welche lernte, daß alle tiefere menschliche Weisheit nur eine Resonanz des Wortes von der Erlösung ist; ihn wird nur die Nachwelt erhalten, welche in ihm die Kräftigung des heiligen Geistes erfuhr, der auch das Todte lebendig macht und das Vergängliche in das Unvergängliche verklärt; sein wird nur das Geschlecht pflegen, welches hier durch das Wahre, Gute und Schöne hindurch drang zum Glauben, Lieben und Hoffen, welches hier im geistigen Ringen und sittlichen Kämpfen an sich erfuhr, um was wir für sie und für uns bitten, das ist die Gnade unsers Herrn Jesu Christi, die Liebe Gottes des Vaters und die Gemeinschaft des heiligen Geistes.

Und so sei denn dies Haus dem Dienste geweiht, daß es Allen die vor ihm weilen ein kräftiger und schöner Zeuge sei von dem Geiste, der hier in allerlei Sprachen das Wahre und Gute verkündet; daß es Allen, die in ihm weilen, eine kräftige und schöne Resonanz der Geistesprache sei, die in allen Zungen Christum bekennet.

Das walte Gott Vater, Sohn und heiliger Geist. Amen.“

Dem vortrefflich ausgeführten Chor aus Haydn‘s Schöpfung: „Die Himmel erzählen die Ehre Gottes“ schlossen sich eine lateinische, griechische und deutsche Festode, eigene Arbeiten der Primaner Puschmann, Nixdorf und Beisert an; worauf der Gymnasial-Director die Festrede *6) hielt. Ausgehend von der feierlichen Stimmung, welche die stumme Sprache der Schönheit in den eröffneten Räumen wohl jedem Herzen nahe gebracht habe, und von dem gemeinsamen Bewußtsein, daß heute ein geweihter Boden betreten worden sei, leitete er als das rechte Thema der Festrede aus demWeihespruche des neuen Hauses „Deo, Patriae, Literis,“ die Bedeutung der Religiosität, der Vaterlandsliebe und der Intelligenz für die Jugendbildung ab.

Das Wort des Psalmisten: „Wo der Herr nicht das Haus bauet, so arbeiten umsonst, die daran bauen“ empfängt eine doppelte Bedeutsamkeit in diesem Hause, außer der jedem Gottesfürchtigen naheliegenden Beziehung auf den Segen des Allmächtigen noch die besondere Hinweisung auf das ernste Werk, welches hier gefördert werden soll; denn das Herz des Knaben und Jünglings ist dem Bausteine zu vergleichen, welcher geformt werden soll zu einem Tempel, in dem der Geist Gottes wohnet. Die Bildung des Herzens treibt ihre Wurzeln in der Furcht Gottes und ihre Blüthen in der Liebe Gottes. Kein Haus hat also mehr Veranlassung das Wort „Deo“ allen anderen Bezeichnungen seiner Bestimmung voranzustellen, als das Schulhaus. Harmonische Entwickelung des Charakters durch gleichzeitige Einwirkung auf Herz, Willen und Geist ist höchste Aufgabe der Erziehung. Bildung und Läuterung des Herzens kann nur von der Religion aus erwartet werden, denn nur in der Richtung zu Gott entfaltet sich die reiche Welt des Gemüthes.

Diese Wahrheit hat zwar die Pädagogik von jeher anerkannt, doch werden ihre Maßregeln zu unsicheren Experimenten, wenn sie nicht von dem Einen ausgeben, der die Herzen der Menschen lenkt wie Wasserbäche. Auf die wichtigste der Erziehungsfragen: „Wie wird ein Jüngling seinen Weg unsträflich gehen?“ giebt allein das Buch der Bücher die richtige Antwort: „wenn er sich hält nach Deinen Worten.“ Vor diesem göttlichen Lebensgesetze weicht machtlos zurück, was Sitte und Menschenmeinung jemals zum Gesetzt stempeln wollte, sinkt der fundamentlose Bau zusammen, den Verstand und Vertrauen auf eigene Kraft zu allen Zeiten aufzurichten strebten. Darum ist es, je höheren Zielen eine Lehranstalt nachstrebt, eine desto heiligere Pflicht für sie, in dem Herzen ihrer Zöglinge jenen höchsten sittlichen Sinn zu erwecken, der in Gedanken, Worten und Thaten nach Gott frägt.

Die schönste Eigenschaft der Jugend, die Pietät, erzeugt nur auf dem fruchtbaren Boden wahrer Frömmigkeit ihre köstlichen Früchte; denn die Liebe zu den Eltern ist Gottes Gebot, die Achtung vor den Lehrern leitet auf Gott zurück, der Gehorsam gegen Gesetz und Obrigkeit wird als Gottes Ordnung bezeichnet, die Liebe zum Nächsten der Liebe zu Gott gleichgesetzt, Dankbarkeit können wir nicht von dem erwarten, der Gott, dem Geber alles Guten zu danken unterläßt, und Bescheidenheit nicht von dem, dem es schwer fällt, sich vor Gott dem Allmächtigen zu demüthigen.

Doch es bedarf der Aufzählung der religiösen Tugenden nicht, als sollte ihr Werth für die Jugendbildung erst bewiesen werden. Nicht des Beweises bedarf es heute, sondern des freudigen und lauten Bekenntnisses, daß wir und unser Haus dem Herren dienen wollen. Und dies Bekenntniß thut Noth gegenüber dem hergebrachten Vorurtheile, als ob die Gymnasien die religiöse Seite der Erziehung vernachläßigten und hintansetzten. Die Gegenwart widerlegt die Anklage und bietet von Neuem einen erhebenden Beweis dar, daß religiöser und geistiger Aufschwung in einem inneren Zusammenhange stehen. Wie einst zur Zeit der Reformation, das gesteigerte Interesse für das Christenthum eine neue Aera im Schulwesen hervorrief, so hat in unsern Tagen die neu belebte Theilnahme für das Reich Gottes auf Erden den Gymnasien das Wort des Evangeliums zurückgebracht. In diesem Sinne wurde bei der Grundsteinlegung des heut vollendeten Hauses die Stiftung des Bunzlauer Gymnasiums eine christliche That genannt; in diesem Sinne wurde auf der Votivtafel das Wort „Deo“ vorangestellt. Möge es das erste sein und bleiben in Lehre und Zucht, das Licht und der Leiter des Hauses für alle Zeiten.

Die Geheimschrift des Herzens vermag nur der zu lesen, der dessen Allwissenheit die Falten der Menschenseele offen daliegen. Aber an ihren Früchten werdet ihr sie erkennen. Die Frucht des Herzens ist der Wille, und aus dem Wollen entsteht die That. Darum galt es von jeher als eine wichtige Aufgabe der Erziehung, den Willen zu bilden zu nützlicher Wirksamkeit fähig zu machen. Das ist die patriotische Bestimmung des Gymnasiums.

An sie mahnt das Wort „Patriae“ der Votivtafel. – Wie der Wille mitten inne steht zwischen Geist und Herz und, in beiden wurzelnd, dem Charakter die Richtung verleiht, so empfängt er auch von beiden die Bedingungen seiner Bildung; er muß gekräftigt und er muß gebrochen werden. Der süße Kern des Wissens ruht in harter Schaale; nur ernster und unermüdeter Fleiß vermag sie zu öffnen. Nicht freiwillig greift der bewegliche Sinn der Jugend zu dem schweren Rüstzeug angestrengter Thätigkeit; ihr Wille bedarf, um die Anstrengung lieb zu gewinnen, der steten Kräftigung.

Gleich dem Magnet, der seine wunderbare Tragkraft erst durch das täglich vermehrte Gewicht entfaltet, wird der Fleiß durch ununterbrochen sich steigernde Mühe zur Arbeitsliebe entwickelt. Wer diese auf dem geistigen Uebungsplatze der Schule errungen, der tritt als muthiger Kämpfer in die Arena des Lebens ein und wird freudig seinem Vaterlande die Dienste leisten, die es von seinen Söhnen in jedem Verhältniß zu fordern berechtigt ist.

Doch mehr noch als auf die Arbeitstüchtigkeit seiner Beamten und Bürger beruht die Wohlfahrt des Staates auf ihrem bereitwilligen Gehorsam, auf ihrer hingebenden Treue. Dem Gesetze unbedingt zu gehorchen: das ist eine Forderung der Schule, die sie zum Wohle des Vaterlandes stellt.

Wenn sie den Eigenwillen der Jugend bricht, den Gehorsam als unerläßliche Pflicht fordert: dann erzieht sie ihr jene Energie des Willens an, die durch Selbstüberwindung zur sittlichen Freiheit führt. Diese ist es, die Staaten und Völker groß und glücklich macht. Gehorsam gegen die bestehenden Gesetz verlangt und erreicht von seinen Bürgern jeder geordnete Staat; aber nur das Volk kann sich zu einer höheren nationalen Würde erheben, welches die Pflicht des Gehorsams zu einer Tugend geadelt hat.

Der freudige und freie Gehorsam ist die lauterste Quelle des ächten Patriotismus, der für die Ehre des Vaterlandes einsteht mit Gut und Blut, der dem Könige die Huldigung der Liebe und Treue darbringt, der die Achtung vor Recht und Gesetz heilig hält. – Und in welchem Lande könnte die Flamme patriotischer Begeisterung höher aufschlagen, als in dem Preußenlande?

Seit die Vorsehung die Geschicke der Mark Brandenburg dem hochbegabten Geschlechte der Hohenzollern übergab, ist Preußen einen Ruhmesweg sonder Gleichen gewandelt. Jedes Blatt seiner Geschichte das wir aufrollen, enthält die Segnungen weiser, kräftiger und gottesfürchtiger Regenten. Seinem erlauchten Fürstenhause verdankt unser Vaterland, daß es einen ehrenvollen Platzeinnimmt in dem Großrathe der europäischen Völker, daß seine Schöpfungen und Institutionen in Krieg und Frieden, Verwaltung und Gesetzgebung, Kirche und Schule, Verkehr und Gewerk die Bewunderung und das Muster anderer Nationen geworden sind.

Ja, dankbar und reich belohnend wird stets die Aufgabe sein, unsrer Jugend die Verpflichtung der Liebe zu König und Vaterland mit den großartigen Schriftzügen der 400jährigen Regentengeschichte des Hohenzollern‘schen Fürstengeschlechts in‘s Herz zu schreiben. – Und das Haus, welches wir heute weihen, es hat sich mit der Gründung und mit dem Tage der Eröffnung mitten hineingestellt in das nationale Bewußtsein, damit es, wie seine Stiftung eine patriotische That gewesen, eine Stätte vaterländischer Gesinnung werde und bleibe. Der 18. Oktober, dem Preußenvolke geheiligt als mahnender Blutzeuge einer ruhmvollen Vergangenheit, er hat durch sein Segens- und Rettungswort: „Mit Gott, für König und Vaterland“ der Grundsteinlegung des Gymnasiums eine bedeutungsvolle Weihe verliehen; der 3. August, noch jetzt ein werthgehaltener Erinnerungstag dankbarer Volksliebe, der hat die Pforten des Gymnasiums eröffnet mit der Hinweisung auf eine große und lehrreiche Zeit.

Umringt von Noth und Gefahr mit unerschüttertem Vertrauen den gebrochenen Muth des Landes wieder aufzurichten und die Willenskraft des gesammten Volkes der Befreiung des Vaterlandes zuzulenken; – das war Hohenzollern-Sinn, bewundernswerther als die zahlreichen Siegestrophäen des fränkischen Schlachtenmeisters. Die erlauchten Söhne haben das Vermächtniß des edlen Vaters treu bewahrt und unbeirrt von hochgehenden Wogen der Zeit den kostbaren Schatz vaterländischer Gesinnung in ihrem Volke gehütet und gemehrt.

Die jüngste Vergangenheit ließ uns einen ermuthigenden Blick thuen in die Fülle und den Segen dieses Schatzes. Die glänzenden Waffenthaten unsers tapfern Heeres haben nicht nur den Uebermuth eines hinterlistigen Feindes gedemüthig und geheime Wünsche mächtiger Gegner in staunende Bewunderung verwandelt; – sie haben, was uns schwerer wiegt, im eigenen Lande überall den erwärmenden Strahl patriotischer Begeisterung wieder wach gerufen, vor dessen hellem Lichte so manche dunkle Wolke dahingeschwunden ist.

Auch unsre Jugend blickt mit Stolz auf das leuchtende Vorbild ihrer älteren Brüder. Gehoben von den großen Erinnerungen eines ruhmreichen Jahres führen wir sie in dieses dem Dienste des Vaterlandes geweihte Haus.

Möge sie unter dem segensreichen Eindrucke eingedenk bleiben, daß sie hier die sittliche Kraft des Wollens empfangen soll, welche sie befähigen wird, in ihrem einstigen Berufe den Zuruf des Dichters zu erfüllen:

An‘s Vaterland, an‘s theure, schließ Dich an,

Das halte fest mit Deinem ganzen Herzen,

Hier sind die starken Wurzeln deiner Kraft.“

Von der erziehenden Aufgabe des Gymnasiums, – der Läuterung des Herzens und der Kräftigung des Willens, – wenden wir uns dem 3. Worte der Votivtafel zu – „Literia.“ Das Gymnasium trägt von ihm seinen Namen, es ist die Ringschule des Geistes, die Uebungsstätte des Denkens, die Vorhalle die in den Tempel der Wissenschaft einführt. Die kostbarste Gabe unter den Gütern des Lebens ist die geistige Bildung. Sie beruht auf der Entwickelung des Denkvermögens.

Die angeborne Kraft zu denken ruht ungeachtet gleich der werthvollen Perle in fest verschlossener Muschel, bis Uebung die fesselnde Hülle gesprengt. Daher gilt es mit Recht als höchstes Ziel einer wahren Lehranstalt, das Denken von seinen natürlichen Banden zu bestehen und seine schlummernde Kraft durch die hineinleuchtenden Sonnenstrahlen der Wissenschaft zu eigener Thätigkeit zu erwecken.

Die Schule des Lebens vermag dies nicht zu leisten; sie gewährt Erfahrung, praktisches Geschick, aber nicht den freien Blick, der zum selbstständigen Schaffen erforderlich ist. Selbst die gewöhnlichsten Erfindungen waren selten Werk empirischer Fertigkeit, sondern Schöpfungen geübter Denkthätigkeit. Nur die Gedankenkraft des Geistes führte an dem Horizonte der Völker die leuchtenden Sterne der Künste und Wissenschaften empor; nur aus ihrer Pflege eröffneten sich die reichen Quellen der Cultur.

Die fruchtbarste Schöpfung entwickelter Gedankenkraft ist die Wissenschaft, sie faßt zu einem bleibenden Resultate zusammen, was der Geist Einzelner von jeher gedacht und geschaffen und erhält somit der Menschheit als nutzbares Eigenthum, was sonst die Wogen der Zeit mit sich fortgerissen hätten, sie giebt den höchsten Interessen der Völker und Staaten Anregung und Nahrung; denn Großes kann nirgends und niemals geschaffen werden ohne Begeisterung, begeistern aber kann der Mensch sich nur für Ideen und Ideen sind Strahlen vom Lichte der Wissenschaft.

Das Gewicht dieser Sätze stellt die Bildungsanstalten des Geistes in unmittelbare Beziehung zur Wissenschaft. Können sie auch dem jugendlichen Verständniß noch nicht die reife Frucht derselben darreichen, so lockern sie doch den Boden, auf dem sie gedeiht und streuen die Saat, aus der sie hervorkeimt. Der Erfolg von Jahrhunderten hat nicht nur diese Aufgabe des Gymnasiums, sondern auch den Weg, auf dem sie dieselbe zu lösen versucht, gerechtfertigt, und der Angriff eines den klassischen Studien feindseligen Zeitgeistes vermochte den fest gegründeten Bau nicht zu erschüttern.

Die Realschule, die rasch emporgeblühte Tochter der Industrie, strebt nur auf neuen Bahnen demselben Ziele wissenschaftlicher Vorbildung zu, und die anfängliche Gegnerin wurde zur freundlich gesinnten Schwester, denn längst verklungen ist der auf dem geweihten Boden der Jugendbildung unbefugte Panteruf(?) vom „praktischen Nutzen“. Mag er nie wieder ertönen! Warnender als je haben wuchernde Auswüchse des Materialismus die Nothwendigkeit vor Augen gestellt, an den idealen Gütern des Geistes und Gemüthes festzuhalten, und diese Erkenntniß wird Wächter und Hüter bleiben für den wahren Hort jeder höheren Bildungsanstalt, – ihr ideales Streben.

Es ist der anerkannte eigenthümliche Vorzug der alten Sprachen, der klassischen Schriftwerke der Römer und Griechen durch logische Klarheit und plastische Schönheit der Darstellung das Herz der Jugend für das Reich des Idealen zu gewinnen.

Doch bedarf es einer Lobrede auf das klassische Alterthum in diesen Räumen? Die ehrwürdigen Zeugen, welche diese Wände schmücken, verkünden es beredter, als dieLippe vermag, daß die Heroen der Wissenschaft und Kunst zu den Füßen der alten Meister gesessen. Aus ihren Werken soll auch fernerhin unsere Jugend den nährenden Stoff idealer Anschauungen gewinnen.

In kurzen Umrissen habe ich versucht, Ziel und Bestimmung des Gymnasiums vorzuführen. Schwieriger war es, die Fülle des Stoffes auf Andeutungen zu beschränken, als die Bedeutsamkeit des neu begründeten Hauses nachzuweisen.

Die Väter der Stadt haben diese Bedeutung wohl erwogen und gewürdigt. Der herrliche Bau ist ein weithin leuchtendes Ehrendenkmal ihrer Gesinnung geworden. Der Anerkennung, die ihrer That von allen Seiten dargebracht wird, füge ich tiefbewegten Herzens das Wort des Dankes hinzu im Namen der hier zum erstenmal versammelten Jugend. – Ihr, geliebte Knaben und theure Jünglinge, bewahret in reinem und willfährigem Herzen den weihenden Eindruck dieser Feierstunde.

Ihr könnt die Verpflichtung des Dankes, die Ihr jetzt übernehmet, nur dadurch lösen, daß Ihr dieser schönen Bildungsstätte würdig zu werden strebet. So wachet denn von Allem und betet, daß Ihr Eure Wege unsträflich gehet und Euch haltet nach Gottes Wort. Bewähret durch angestrengten Fleiß´und rüstige Arbeit, daß Ihr wackere Bürger des Staates, durch pünktlichen Gehorsam gegen die Gesetze, auf denen Zucht und Ordnung beruht, daß Ihr treue Diener des Königs werden wollt. Aechtet aus Euren Kreisen jede niedrige und gemeine Regung und bezeugt durch ideale Gesinnung, daß Ihr reine und empfängliche Jünger der Wissenschaft seid.

Wahret die Ehre dieses Hauses, wie die eigene. Wem viel gegeben ist, von dem wird viel gefordert werden. Eltern und Lehrer setzen ihre Hoffnung auf Euch; die Obrigkeiten der Stadt und des Staates wenden Euch ihre Aufmerksamkeit zu in der Erwartung, daß Ihr den dargebrachten Opfern und dem bewiesenen Wohlwohllen entsprechen werdet. Nun wohlan!

Die Pforten eines herrlichen Hauses sind Euch eröffnet, Losung und Wahrzeichen habt Ihr empfangen. So segne denn Gott der Allmächtige Euren Eintritt für und für! Amen.“

Der Chorgesang „O. heil‘ger Geist, kehr‘ bei uns ein“ bereitete auf das Weihegebet des General-Superintendenten der Provinz Schlesien, Herrn Dr. Erdmann vor. Die ganze Versammlung erhob sich von ihren Sitzen und vernahm stehend mit Andacht die Gebetes- und Segensworte des geistlichen Oberhirten. Sie lauteten:

„Herr, unser Gott: Wir kommen mit Freuden vor Dein Angesicht und bitten Dich im Namen unseres Herrn Jesu Christi: „Heilige unsere Herzen in Deiner Wahrheit, daß die Opfer unserer Lippen Dir wohlgefallen und nimm unser Gebet gnädiglich an, welches wir mit Dank und Bitte vor den Thron Deiner Gnade bringen, ihm diese Stätte Dir zu weihen als einen Ort, wo nur Deine Ehre wohnen und nur Dein Name verherrlicht werden soll.

Als Deine Hand vor wenigen Jahren diese junge Schule gründete, nachdem Du die Väter dieser Stadt als Deine Werkzeuge dazu berufen und erwählet, da ward sie von Deinem Knecht, den Du ihr zum Leiter gesetzt, mit dem Ruf: Gott helfe uns! Deiner gnädigen Obhut und Pflege befohlen.

Und Du hast, getreuer Gott, diesen Hülferuf so freundlich erhört und hast so wunderbar geholfen, daß die Pfleger und Lehrer dieser Anstalt sammt der Jugend, die darin in heiliger Zucht und Verwahrung zu Dir gebildet und erzogen werden soll, und mit uns von nah und fern herbeigekommenen Festgenossen an diesem Tage das Opfer freudigen Dankes Dir darbringen können für das Wachsthum und Gedeihen, welches Du ihr geschenket und für die herrliche Wohnstätte, welche Du ihr hier bereitet hast.

In Deinem Namen, o Herr, ward der Grund zu diesem Hause gelegt mit der Bitte um Deinen Schutz und Segen für diesen Bau; und Du hast das Werk gefördert, über manche Schwierigkeiten und Hindernisse hinweggeholfen, Deine allmächtige Hand schirmend darüber gehalten, die Bauleute behütet und Alles, Alles wohlgelingen lassen, daß wir heute rühmen dürfen: der Herr hat Großes an uns gethan, an dieser Stadt und an dieser Schule, – daß sind wir fröhlich, daß wir zu Deinen Thoren mit Danken eingehn können und zu Deinen Vorhöfen mit Loben.

In Deine Thore, o Herr, sind es und sollen es bleiben, die Lehrern und Schülern sich hier erschließen, Deine Vorhöfe, zu denen die Jugend der kommenden Geschlechter als Deine Kinderschaar, als Deine Gemeinde aus- und eingehn soll, in denen Du von einer Zeit zur andern Dein Volk Dir bereiten willst, daß es Dir williglich opfere in heiligem Schmuck, und Deine Kinder Dir geboren werden sollen, wie der Thau aus der Morgenröthe.

Dir allein, o heiliger Gott, soll dieses Haus geheiligt und geweiht sein, daß es Dein Haus sei, in welchem die Knaben und die Jünglinge in Deiner Furcht, die aller Weisheit Anfang ist, gebildet und erzogen werden, und als Deine Hausgenossen das Eine, was Noth thut, und das Höchste, was für Zeit und Ewigkeit sie selig macht, lernen mögen, wie sie nämlich in Christo Jesu, Deinem lieben Sohne, Deine Kinder werden und in der Heiligung Deines Vaternamens in Deinem Reich mit allem menschlichen Wissen und Können, das sie hier gelernt, Dir dienen und als Dein Kinder Deinen heiligen Vaterwillen dereinst in jeglichem Berufe, dazu sie hier sich vorbereiten, in freiem und freudigem Gehorsam erfüllen sollen.

Das soll, lieber himmlischer Vater, unser Gelübde sein, mit welchem wir dieses Haus an seinem Weihetage, den Du ihm gemacht, sammt dem Werk, das in ihm fortan gethan und ausgerichtet werden soll, Deiner schirmenden und segnenden Gnade befehlen und unser Dankopfer Dir darbringen.

Aber darum rufen wir Dich nun auch in kindlichem Bitten und Flehen an: Du wollest nach Deiner Gnade mildiglich verleihen, daß das geistliche Bauwerk, welches hier fortan soll ausgeführt werden, allezeit sich gründe auf den lebendigen Eckstein, den Du in Zion gelegt, der von den Menschen verworfen, aber bei Dir auserwählt und köstlich ist. Laß die Bauleute, welche Du bisher berufen hast und ferner berufen wirst, Dir innerhalb dieser Räume in den jungen Seelen, deren Bildung zu Deinem Ebenbilde Du auf ihr Gewissen legst, eine Behausung im Geiste zu erbauen, laß sie bei diesem ihrem Werke allezeit bedenken, daß einen andern Grund Niemand legen kann außer dem, der gelegt ist, welches ist Jesus Christus, und daß sie nichts Anderes sein sollen, als Deine, des himmlischen Baumeisters, Werkzeuge und Handlanger, welcher Deine Hand anweiset, was sie bauen und womit sie bauen sollen.

Hilf, daß sie auf jenem ewigenGrunde nichts Anderes bauen, als das Gold und Silber und die Edelsteine Deiner Gnade und Wahrheit, die Du in Christo Jesu uns geoffenbaret hast, in welchem verborgen sind alle Schätze Deiner Weisheit und Erkenntniß.

Und wenn darunter das Holz und Heu und die Stoppeln irriger Lehre und eitelen Wahnes sich mischen wollen, so laß das Feuer Deines heiligen Geistes entbrennen, damit es das Werk, das vor Dir nicht bestehen kann, verzehre und dagegen bewähre, was mit Gold und Silber und Edelstein gebauet ist auf dem ewigen Grunde Deiner Gnade, der fest und unbeweglich steht, ob Erd‘ und Himmel untergeht.

Stärker und mächtiger als die Mauern, die fortan diese Schulgemeinde hier umschließen werden, laß, Herr unser Gott, die unüberwindliche Mauer und Wehr Deiner allmächtigen Liebe und Wahrheit das in diesem Hause von nun an zu treibende Werk der christlichen Jugendbildung und Erziehung zur Bürgerschaft in Deinem Reiche umschirmen.

Laß auf dieser geistigen Baustätte keinen anderen Geist schalten und walten, als Deinen heiligen Geist, den Geist der Weisheit und des Verstandes, des Rathes und der Stärke, den Geist der Erkenntniß und der Furcht des Herrn. Gieb, daß er in dieser Schule allezeit seine Werkstätte habe, und daß Lehrer und Schüler in seinem Lichte und seiner Kraft als lebendige Steine sich erbauen zu einem geistlichen Hause und heiligen Priesterthum, zu opfern geistliche Opfer, die Dir angenehm sind, durch Jesum Christum unsern Herrn. Erleuchte dazu mit Deinem Geiste die Lehrer, die von nun an hier lehren werden, und thue sie an mit der Kraft aus der Höhe, daß sie ihren schweren, aber herrlichen Beruf, das Herz, den Geist und Willen der ihnen befohlenen Jugend christlich zu bilden und für den Dienst in Deinem Reich tüchtig zu machen, zu Deinem heiligen Wohlgefallen in rechter Treue, in liebreicher Geduld und mit Freudigkeit erfüllen.

Die Schüler aber, welche von nun an in diesem Hause eine neue Heimath finden werden, wollest Du, o Herr unser Gott, allezeit in die Zucht Deines heiligen Geistes, des himmlischen Lehrmeisters, der in alle Wahrheit leitet, nehmen, daß sie ihren Weg unsträflich wandeln in Deiner Furcht und sich führen lassen zu dem, der da ist der Weg, die Wahrheit und das Leben, und in ihm, dem Sohne, Dich den Vater finden und als Deine Kinder dem Allen, was wahrhaftig ist, was ehrbar, was gerecht, was keusch, was lieblich, was wohllautet, ist etwa eine Tugend, ist etwa ein Lob, mit ernstem treuem Fleiß nachdenken und nachjagen lernen.

Den Vätern und Müttern, die ihre Söhne von nah und fern hierher führen werden, gieb den Geist des Gebets und der Fürbitte, daß sie um Heiligung und Bewahrung ihrer Kinder in Deiner Gnade und Wahrheit und in der Gemeinschaft Deines lieben Sohnes, der sie mit seinem theuern Blut zu seinem Eigenthum erkauft, Dich inbrünstig anflehen, und auch für die Lehrer Dich anrufen, daß Du in ihren Kindern mit vielem Segen sie schmücken und einen Sieg nach dem andern ihnen verleihen wollest.

Erleuchte und regiere endlich auch die Obrigkeit dieser Stadt mit Deinem Geiste, daß sie auch der Schule Bestes allezeit suche nach Deinem heiligen Willen und Wohlgefallen, auf daß durch ihren Dienst von dieser Stätte aus Dein Name verherrlicht und Dein Reich gefördert werde. So hebe dann, Du treuer barmherziger Gott, mit diesem Tage von Neuem an zu segnen, wie Du bisher gesegnet hast und gewähre der Schulgemeinde, die jetzt und zukünftig in diesem Hause vor Deinem Angesicht sich sammeln wird, allezeit die gnadenreiche Erfüllung Deiner Verheißung: Ich will Dich segnen und Du sollst ein Segen sein! Erhöre unser Gebet um Jesu Christi, Deines lieben Sohnes, unseres Herrn und Heilandes willen, Amen!“

Das von allen Anwesenden gemeinsam gesungene Lob- und Dankeslied: „Nun danket Alle Gott“ beschloß um 121/2 Uhr die erhebende Feier, deren Würde und Eindruck den schönen Rahmen, in welchen sie abgehalten wurde, auf das angemessenstes entsprochen hatte.

*1) Die in den Zeitungen erschienenen Berichte waren auf das auffälligste falsch und entstellt.

*2) Die erhebende Feierlichkeit fand die ihr gebührende Darstellung in dem Programm von 1862.

*3) Der Königl. Baumeister Herr Jacob starb bald nach der Grundsteinlegung. Sein Nachfolger, der Königl. Baumeister Herr Vogelsang, wurde nach Jahresfrist zu einem anderweitigen Wirkungskreise abberufen, als das Gebäude kaum bis zum Dache geführt war. Die Vollendung und den inneren Ausbau übernahm der Königl. Kreisbaumeister Herr Wronka.

*4) Zu der am 3. August 1864 stattfindenden Einweihung des Gymnasialgebäudes ladet im Namen des Lehrer-Collegiums ehrerbietigst und ergebenst ein der Director Dr. F. W. Beisert. Inhalt: 1. Untersuchungen über den Zweck und Zusammenhang der Horazischen Epistel lib. I. 2. 3. Geschichte des Gymnasiums. Bunzlau 1864. Druck von C. A. Voigt. 35 Seiten Quart.

*5) Wir heben aus derselben den ebenso sinn- als verheißungsvollen Segenswunsch hervor: „Wie Gottes schützende Hand über die Bauleute gewaltet und alles Unglück abgewendet, denn auch nicht Einer derselben ist bei dem Werke zu Schaden gekommen; so möge dies auch geistig wie körperlich bei denen künftig der Fall sein, welchen diese Stätte gewidmet ist. Das walte und verleihe der allerhöchste Baumeister.“

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