Chronik der Stadt Bunzlau
Herausgegeben von Joh. G. Bergemann
Allgemeines Archiv für die Geschichtskunde des Preußischen Staates. Leopold von Ledebur. Hauptmann a. D. und Vorsteher der vaterländischen Merkwürdigkeiten am neuen Kunst-Museo zu Berlin. 1830. Erste Abtheilung. Bunzlau und Umgegend im Jahre 1829. Bunzlau, 1829. Appun‘s Buchhandlung.
Alljährlich, sobald der Frühling erscheint, beginnt der thätige Vref. Wanderungen zu machen in die reizenden Umgebungen seiner Vaterstadt Löwenberg, widmet die schöne Jahreszeit, von Dorf zu Dorf, von Stadt zu Stadt streifend, historischen Untersuchungen, indem er alle schriftlichen Denkmäler, auf Pergament, wie in Stein und Metall, in Archiven, auf Kirchhöfen und Glocken, durchforschte, auch das lebendige Wort mündlicher Ueberlieferung und der Sage nicht überhörend, und vorzüglich eine für alle historische Ermitterlungen höchst wichtige Lokalkenntniß sich verschaffend. Mit Ausbeute reichlich beladen, kehrt er im Herbste wieder heim, und benutzt nun die Ruhe des Winters zur Zusammenstellung und Ausarbeitung des Gesammelten. Auf diese Weise verdanken wir dem Fleiße dieses Mannes schon manchen schätzbaren Beitrag für Topgraphie und Geschichte seiner Heimath, und wenn auch zuweilen eine schärfere historische Kritik in den Forschungen und in der Beurtheilung der Quellen vermißt werden sollte, immer wird doch der sorgfältig prüfende und sichtende Freund der Geschichte ein reiches, sehr dankenswerthes Material zusammen gebracht finden.
Von der oben angezeigten Chronik, die in wöchentlichen Lieferungen zu 1 Bogen erscheint, liegt bloß die erste Abtheilung: Bunzlau und Umgegend im Jahre 1929 darstellend, vor mir. Die folgenden Hauptabtheilungen sollen enthalten: 2) Uebersicht der Landesherren, welche Bunzlau von seiner Entstehung bis auf gegenwärtige Zeit beherrscht haben. 3) Geschichte der Stadt von ihrer Erbauung an und aller die Einwohner betroffenen merkwürdigen Begebenheiten und traurigen Schicksale mit Rücksicht auf die Umgegend. 4) Geschichte der katholische-, 5) Geschichte der evangelischen Religion, Kirche, Schule und ihrer Lehrer. 6) Geschichte des Königl. Waisenhauses und dessen Lehrer. 7) Geschichte der Bibelgesellschaft. Jede Abtheilung wird chronologisch geordnet und zum Ganzen ein vollständiges Register geliefert.
Der Verf. scheint die nicht unbedeutenden Nachrichten, welche über die Stadt Bunzlau in S. J. Ehrhardts „neuen diplom. Beiträgen zur Niederschles. Geschichte und Rechte, Breslau, 1773. 4.“ S. 212 – 238, sich befinden, übersehen zu haben.
Von demselben Verf. wird in ähnlicher Art in Kurzem eine Chronik der Stadt Liebenthal und des daselbst gewesenen vormaligen fürstlichen Jungfrauenklosters erscheinen.
Johann Gottfried Bergemann
Neuer Nekrolog der Deutschen. Sechzehnter Jahrgang, 1838. Weimar 1840. Druck und Verlag von Bernh. Fr. Voigt
Privatmann zu Breslau; geboren den 30. Nov. 1785, gest. den 1. Nov. 1837. Bergemann, geboren zu Löwenberg, wurde in der dasigen Elementarschule unter dem rühmlich bekannten Rektor Neumann tüchtig vorbereitet und in Friedeberg zum Apotheker ausgebildet, worauf er in der Hofapotheke zu Glogau konditionirte, 1806 – 9 als Feldapotheker, dann in Creutzburg und später wieder einige Jahre bei seinem Lehrherrn in Friedeberg servirte. In dieser Zeit trieb er fleißig Botanik und schrieb bereits einige Abhandlungen über Surrogate ausländischer Gewürze, des Kaffee rc. Mittel und Gelegenheit hinderten ihn, sich als Apotheker zu etabliren. Dagegen legte er 1812 einen Spezerei- und Parfümeriewaarenhandel in seiner Vaterstadt an. Seine mannichfachen Kenntnisse und seine gemeinnützige Thätigkeit veranlaßten 1811/12/13/14 seine Anstellung als Inspektor des in dieser Stadt eingerichteten Feldlazareths. Später ward er Stadtverordneter, Stadtverordnetenvorsteher und Rathmann (bis 1827), in welcher Stellung er 9 Jahre auf mehrfache Weise, namentlich auch als ihm die Forstinspektion übertragen war, nützlich wirkte. Nachdem bereits 1824 der 1. Theil seiner histor.-georgraph. Beschreibung der Stadt Löwenberg (der 2. blieb ungedruckt), mit welcher er sich seit 1817 beschäftigt hatte, erschienen war, wurde um dieselbe Zeit schriftstellerisches Arbeiten seine Lieblingsbeschäftigung, besonders das Sammeln von Materialien und Ausarbeiten von Chroniken; weshalb er auch 1824 sein kaufmännisches Geschäft ganz aufgab. Nunmehr folgte außer vielen Aufsätzen in den schles. Provinzialblättern und mehreren lokalen Zeitschriften eine Reihe von Büchern, die Zeugniß von seinem großen Fleiße geben, an welche aber freilich die Kritik keine große Forderungen machen darf. Es erschienen 1826: Schles. Garten- und Küchenbuch. 1. Jahrgang (Löwenberg. Mit Dittrich vereint herausgeb.), 1827: Beschreibung und Geschichten der alten Burgreste Gröditzberg (Löwenb.), Flinsberg und Heilquellen (Liegnitz u. Löwenb.), 1828: Beschreibung und Geschichte von Warmbrunn und seinen Heilquellen (Hirschb.); ferner Beschreib. u. Geschichte der Stadt Bunzlau, der Stadt Friedeberg a. Q.; Geschichte des Klosters Liebenthal, Sagen der alten Burgfeste Gröditzberg (Bunzlau 1835), Beschreibung und Geschichte der alten Burgfeste Greiffenstein (das. o. J.), der Christtag 1635 in Löwenberg, und: die Schreckenstage Löwenbergs. (Erzählung. (Löwenberg 1833.) Noch manche seiner Maunskripte blieben ungedruckt. Für sein erstes Werk ward ihm die die goldene Medaille. – Seine Schriften früherer Zeiten sind: Der chines Thee u. seine Surrogate. Breslau 1810. – Deutschlands wildwachsende Nahrungsmitel. Ebd. 1811. – Der Chokoladenfabrikant. Lpzg. 1812. – Maskirte Flora, oder Samml. von Räthseln, Charaden, Logogryphen u. Anagrammen, gesammelt im Tempel der Flora für Blumenfreunde. Liegnitz 1821.
Schlesisches Schriftsteller-Lexikon oder bio-biobliographisches Verzeichniß der im zweiten Viertel des 19. Jahrhunderts lebenden schlesischen Schriftsteller von Karl Gabriel Nowack. Drittes Heft. Breslau, Verlag von Wilhelm Gottlieb Korn. 1839
Bergemann, Johann Gottfried, wurde den 30. November 1783 zu Löwenberg geboren, wo seine unverehelichte Mutter damals lebte. Nachdem dieselbe bald nach seiner Geburt den Tuchmachergesellen Zatsch in Goldberg geheirathet hatte, nahm die Frau des Zimmergesellen Bergemann das Kind in Pflege und später an Kindesstatt an, nach Kräften für eine gute Erziehung sorgend. Der Knabe gewann während des Besuchs der evangel. Stadtschule namentlich die Liebe und Zuneigung des Rectors Neumann, auf dessen Empfehlung er nach seiner Confirmation vom Apotheker Mylius in Friedeberg a. Q. in die Lehre genommen wurde. Eine schon in der Schule geweckte Vorliebe für Literatur und Naturwissenschaften kam ihm hier sehr zu statten. Seine Lieblingsbeschäftigung in seinen Freistunden war Botanisiren und Ordnen der von ihm gesammelten Pflanzen. Nach beendigter Lehrzeit conditionirte er in der Hofapotheke in Glogau, diente 1806 bis 1809 als Feldapotheker, dann als Provisor in Creutzburg und später wieder einige Jahre bei seinem Lehrherrn in Friedeberg. Hier beschäftigte er sich von neuem mit der Botanik und etablirte sich 1812 in seiner Vaterstadt. Da ihm die Mittel und Gelegenheit fehlten, eine eigene Apotheke zu errichten oder zu kaufen: so legte er einen Spezerei- und Parfümerie-Waaren-Handel an, und verehelichte sich mit Clara Merkel aus Creutzburg. Seine vielerlei Kenntnisse und seine gemeinnützige Thätigkeit veranlaßten, daß er 1813 und 14 als Inspector des an seinem Wohn-Orte eingerichteten Feldlazareths angestellt wurde. Auch machte er sich einige Jahre darauf als Stadtverordneter, Stadtverordneten-Vorsteher und Rathmann (seit 1818), welches Amt er 9 Jahre bekleidete, auf vielfache Weise nützlich. Mit Lust und Liebe unterzog er sich dem oft so undankbaren, ihm übertragenen Geschäfte der Armen-Verwaltung. Der „Waisenabend“, eine feierliche Vertheilung der durch freiwillige Beiträge eingesammelten Geschenke an arme Kinder, besonders Waisen, am Weihnachts-Abende, wurde von ihm gestiftet und besteht noch jetzt. Ueberall war sein Bestreben auf Verbesserung zweckmäßiger Einrichtungen und schöner Anlagen gerichtet; die jetzige freundlichere Gestalt des Kirchhofes in L. wurde von ihm zuerst begründet; auch zeigte er, nachdem ihm die Forst-Inspection übertragen worden war, eine stete und rühmliche Sorge für Bepflanzung sonst unbrauchbarer Ländereien und unbenutzter Stellen mit geeigneten Holzanpflanzungen. – Als im J. 1817 die Magisträte von der Regierung aufgefordert wurden, die vorhandenen Chroniken bis auf die neuesten Zeiten zu vervollständigen und für künftige Zeiten fortzusetzen, ward ihm dieses Geschäft übertragen, und er führte es mit seltenem Fleiße und unermüdlicher Beharrlichkeit aus.Bei der Verwaltung einiger städtischen Kassen kam er zuweilen in unangenehme Verdrießlichkeiten mit der Stadtbehörde, so daß er sein Amt als Rathmann 1827 niederlegte. Auch seinen bisher geführten Spezerei- und Parfümerie-Handel gab er bald darauf auf und widmete sich fortan allein der Schriftstellerei, besonders dem Sammeln und Ausarbeiten von Chroniken.
Unermüdet sammelte er mit Hintansetzung seines eigenen Vortheils und mit Aufopferung von Zeit, Geld und Gesundheit Materialien und chronologische Notizen zu Zeitgeschichten der Städte und Dörfer, und man sah ihn im wahren Sinne des Wortes in seinem kleinen Zimmer oft förmlich unter Papieren, Büchern und Manuscripten vergraben. Da er indeß gern viel schrieb, so nahm er es gewöhnlich mit der Richtigkeit und kritischen Sichtung nicht genau. Der lateinischen Sprache nicht gewachsen, mußte zudem manches wichtige Dokument und manche Urkunde von ihm unbemerkt bleiben und unbenutzt gelassen werden. Er sammelte, was er fand, schöpfte aus jeder, auch unreinen, Quelle, goß dann alles zusammen und trübte und verdächtigte dadurch oft auch seine besseren Arbeiten.
Selbst mit fremden Federn schmückte er sich und verschwiegt die Quelle, mitunter zu seinem eigenen Nachtheile. Aus Geldmangel übernahm er oft zu viele Arbeiten zu gleicher Zeit, bearbeitete zu vielerlei auf einmal und verlor darüber nicht selten den gehofften Gewinne. Besonders hat die von ihm so sehr beliebte bogenweise Herausgabe seiner meisten Schriften sowohl dem Werthe derselben als auch seinem pekuniären Vortheile geschadet, da viele Subscribenten vor Vollendung des Werkes wieder abgingen und zuweilen seinen Commissionairen allein der Vortheil blieb. Deshalb blieb er auch arm und hinterließ nichts, als eine ziemlich bedeutende Büchersammlung besonders vaterländ. Geschichtswerke, die leider nach seinem den 1. Novbr. 1837 erfolgten Tode in einer Auction fast als Makulatur verschleudert und zerrissen wurden. – B. liebte Geselligkeit und war selbst ein angenehmer, heitrer Gesellschafter, ordnete gern Festlichkeiten und machte dabei den Ceremoniemeister. Die „bürgerliche Resource“ war größtentheils sein Werk, und als er als Director dieses Vereins wegen Mißhelligkeiten mit den Mitgliedern ausschied, wurde durch ihn bald ein zweiter gesellschaftlicher Verein „zur Eintracht“ gestiftet, dessen Director er bis an sein Ende war. Auch zwei Privat-Theater-Vereine dankten ihm ihr Entstehen, machten ihm aber viel Arbeit und Verdruß. Er war der Eitelkeit nicht fremd, und machte sich gern bemerkbar, jagte nach Titeln und Auszeichnungen und prangte damit gern in seinen Schriften. Auf den Titel seiner Schriften nannte er sich: Inhaber der goldnen Medaille (welche ihm nach Uebersendung seiner Löwenberger Chronik an den König und Kronprinzen zu Theil ward), Rathmann und Forst-Inspector, correspond. Mitglied der Gesellsch. für vaterl. Kultur in Breslau, Ehrenmitglied des Geschichtsverein zu Groß-Glogau und der oberlaus. Gesellsch. der Wissensch. zu Görlitz. Auch war er höchst glücklich, wenn er sich der Bekanntschaft und des Umganges gelehrter oder berühmter Männer erfreuen konnte.
Schriften: Der chines. Thee u. seine Surrogate. Bresl., 1810. 8. – Deutschlands wildwachsende Nahrungsmittel. Ein Handb. f. Stadt- u. Landsch. u. jed. Patrioten. 1. Abth. enth. die Surrogate f. Getreide, Brod, Gemüse, Salat u. Gewürze. Bresl., 1811. gr. 8. – Der Chocoladenfabrikant, oder gründl. Anweis., wie man Mailänd., Wiener u. alle andre Sorten Chocolade zubereiten muß, und ihre Güte und Aechtheit prüfen kann. Nebst Anzeige der mögl. Surrogate der Cacaobohnen. Leipzig, 1812. 8. – Maskirte Flora, oder Samml. von Räthseln, Charaden, Logogr. u. Anagr., gesammelt im Tempel der Flora für Blumenfreunde. Mit 1 Steindr. Liegn., 1821. 8. (Diese 4 Schriften sind in der von B’s Hand vorliegenden Notiz über seine schriftstell. Thätigk. nicht vermerkt.) – Histor.-topogr. Beschreib. der Kreisstadt Löwenberg und Umgegend. Aus Urkunden, Acten, Chroniken u. Handschr. gesammelt. 1. Band. Hirschberg, 1824. VIII u. 806 S. gr. 4. – (Im Verein mit Dittrich) Schlesisches Garten u. Küchenbuch. 1. Jahrg. Löwenberg, 1826. 8. – Beschreib. u. Geschichte der alten Burgveste Gröditzberg. Löwenberg (1827). X (XL) u. 191 S. 8. – Flinsberg u. seine Heilquellen. Liegn. u. Löwenberg, 1827. VIII u. 262 S. 8. – Waidmanns-Curiositäten. Zur Unterhalt. z. Erheiter. f. Jäger u. Jagd-Liebhaber. Herausgeg. von J. G. Dittrich. Bunzlau, (1828). 6 Bg. 8. – Beschrieb. u. Gesch. der Stadt Friedeberg a. Q. Hirschberg, 1829. VI u. 712 S. 8. Nebst 4 S. Verbess. u. Nachtr. – Chronik der Stadt Bunzlau. 1. Abth. Bunzlau und Umgegend im Jahre 1829. Bunzl., 1829. 124 S. 2. Abth. Bunzlau’s Beherrscher von Erbauung bis zur Gegenwart. Das. 1830. 53 S. 3. Abth. Geschichte der Stadt von ihrer Gründung an u. aller die Einw. betroffenen merkwürd. Begebenheiten und traurigen Schicksale, mit Rücks. auf die Umgegend. Das. 1830. 467 S. 4. Abth. Gesch. der kath. Religion, Kirchen, Schulen u. ihrer Lehrer. Das. 1831. 52 S. 5. Abth. Gesch. der evang. Religion, Kirchen, Schulen u. ihrer Lehrer. Das. 1831. 42 S. 4. – Beschreib. u. Gesch. von Warmbrunn u. seinen Heil-Quellen. Hirschberg, 1830. XIV u. 378 S. 8. – Der Christtag im Jahre 1635 zu Löwenberg, oder: die Gründung von „Schöpsens Linde“ unweit dieser Stadt. Eine histor.-trag. Erzähl. Löwenb. (1832). 142 S. 8. – Otto und Clara, oder: das Jungfernstübchen unweit Löwenberg. Eine histor.-trag. Erzählung aus der Zeit des Hussiten-Krieges. Das. 1832. (VI) 199 S. 8. – Die Schreckens-Tage Löwenberg’s. Eine histor.-trag. Erzähl. aus dem 30jähr. Kriege. Das. 1833. VI u. 352 S. 8. – Sagen der alten Burgfeste Gröditzberg. In ein romant. Gewand eingekleidet. Bunzlau (1835) III (XVI) u. 288 S. 8. – Sagen der alten Burgfeste Greiffenstein, herausgeg. Bunzlau, o. J. 190 S. 8. – Beschr. u. Geschichte der alten Burgfeste Greiffenstein. Bunzlau (1836). (VI) 364 S. 8. – Auch soll eine Geschichte des Klosters Liebenthal von B. erschienen sein, sowie er eine Geschichte u, Beschreib. von Fischbach, Thomaswaldau, Erdmannsdorf, Holstein, der Burg Kynast und den zu ihr gehörigen Ortschaften im Manuscript fertig hatte. Außerdem hat er in den schles. Prov.-Blättern u. einigen Lokal-Blätt. der Provinz viele kleine Aufsätze veröffentlicht.