A. G. Werner

Veröffentlicht von Milan Koncz am

Der Meister der Geologie – Abraham Gottlob Werner

Gocke, Thomaswaldau. Erstveröffentlichung: Heimatbuch 1925

Der Meister der Geologie Abraham Gottlob Werner war der Sohn des Inspektors der Solmsischen Eisenhüttenwerke zu Wehrau und Lorenzdorf, Abraham David Werners und wurde am 25. September 1750 geboren. Bis zu seinem zehnten Lebensjahre blieb er zu Hause, wo seine Aufmerksamkeit schon früh auf das Mineralreich und auf das berg- und hüttenmännische Gewerbe geleitet wurde, kam er aber dann in die Waisenhausschule zu Bunzlau, welche er 1764 verließ. Er wurde zur Unterstützung seines Vaters als Hüttenschreiber in Wehrau eingestellt. Kränklichkeit, durch übermäßigen Fleiß herbeigeführt, nötigte den 18jährigen Jüngling, Karlsbad aufzusuchen. Er sah auf dieser Reise zum ersten Male den großen Bergbau zu Freiberg. Hier wurden einige Bergbeamte auf den für Fach begeisternd eingenommenen jungen Mann aufmerksam und bewegten ihn, die zwei Jahre zuvor errichtete Bergakademie zu beziehen, welches Ostern 1769 geschah, gerade in den Tagen, als dem achmaligen sächsischen Könige in Freiberg gehuldigt wurde, wobei man einen großen Bergaufzug veranstaltete. So lernte Werner die glänzende und poetische Seite des Bergmannslebens kennen.

Die Akademie war noch in ihren Anfängen. Werner beschränkte sich nicht allein auf das Hören der Vorlesungen und die Anfertigung der aufgegebenen häuslichen Arbeiten, sondern ließ sich das Befahren und Untersuchen der Gruben angelegen sein. Er benutzte sorgsam die Gespräche über Mineralkunde und Bergbau mit den oberen und niederen Beamten, um sich wissenschaftlich und praktisch weiterzubilden, vernachlässigte aber auch die übrigen Kenntnisse nicht. 1771 bezog W. die Universität Leipzig und wurde 1775 Lehrer der Mineral- und Bergbaukunde an der Freiberger Akademie. Hier lehrte er bis zu seinem Tode und schuf der Schule einen solch glänzenden Namen, daß aus allen Ländern Europas, ja selbst aus Amerika Schüler und Lehrer, Mineralogen und Bergbaubeflissene herbeieilten, um den berühmten Werner zu sehen und von ihm zu lernen. Ein englischer Hörer, Professor Jameson, begründete in seinem Heimatlande sogar eine Werners Namen tragende gelehrte Gesellschaft. Der Name Werner war zu jener Zeit in allen Ländern der gebildeten Welt bekannt, was daraus hervorgeht, daß er einst einen Brief unter der Adresse „Werner in Europa“ erhielt. Alexander von Humboldt und Leopold von Buch gehörten zu seinen Schülern. Werner ist der Begründer der naturhistorisch-beschreibenden Richtung der Mineralogie und Geologie als Wissenschaft. Nach ihm ist auch eine Gesteinsart benannt, der „Wernerit“ (Skapolith).

Werner war sehr bescheiden, anspruchslos und als Mensch liebenswürdig. Mit ganzer Seele hing er an seinem Vaterlande, lehnte mehrere vorteilhafte Rufe ins Ausland ab, schlug auch eine von der Pariser Akademie ihm zugedachte Ehrung aus, und begnügte sich mit seinem mäßigen Einkommen. Er blieb unverheiratet und starb zu Dresden am 30. Juni 1817 in den Armen seiner Freunde und seiner einzigen Schwester. Sein Leichnam wurde auf Staatskosten nach Freiberg überführt und in dem dortigen uralten Dom beigesetzt. An der Freiberger Straße in Dresden steht sein Denkmal. Seine verwitwete Schwester (Pastorin Glaubitz in Hirschberg) ließ ihm 1823 auf seinem Grabe ein Denkmal errichten.

In Wehrau ist sein Andenken durch eine an seinem Geburtshause angebrachten steinernen Gedenktafel gesichert, auf der zu lesen steht:

Te Saxa loquentur (d. h. von dir reden die Steine). Zur Erinnerung an Abraham Gottlob Werner, geboren in diesem Hause als Sohn des Gräfl. zu Solmsischen Hütten-Inspektor Werner am 25. September 1750, begann hier im 14. Jahre als Hüttenschreiber seine ehrenvolle Laufbahn, die ihm als Gründer der Geognosie und Geologie, sowie des Weltrufs der Freiberger Bergakademie die Weihe der Unsterblichkeit verlieh. Er starb am 30. Juni 1817.

Werner in Europa

Artur Schiller. Erstveröffentlichung: Neuer Görlitzer Anzeiger Nr. 31, 1932.

Wenn man in Klitschdorf mittels der Fußgängerbrücke unter dem Teufelswehre, der sogenannten Jennybrücke, den Queis überschreitet und die romantische Felsgruppe der „Kaffeekanne“ rechts liegen läßt, die gewiß einst die alten Bunzlauer Töpfer auf die Form ihrer berühmten Kaffeekannen gebracht hat, so gelangt man auf der Lausitzer Seite des Flusses nach dem Dorfe Wehrau und zunächst in eine terrassenartig aufsteigende Häusergruppe der Schlesischen Pappenfabrik. In der Mitte des Fabrikhofes liegt ein altertümliches, langgestrecktes Verwalterhaus in einem freundlichen Gärtchen. Über der Haustür befindet sich eine Sandsteintafel, die ihr Dasein 1884 der Munifizienz des Grafen Friedrich zu Solms-Baruth verdankt. Die stolze Inschrift lautet:

Te saxa loquentor.

Zur Erinnerung an Abraham Gottlob Werner, geboren in diesem Hause als Sohn des Gräfl. zu Solms‘schen Hütten-Inspektors Werner am 25. September 1750, begann hier im 14. Jahre als Hüttenschreiber seine ehrenvolle Laufbahn, die ihm als Gründer der Geognosie und Geologie sowie des Weltrufes der Freiberger Bergakademie die Weihe der Unsterblichkeit verlieh. Er starb am 30. Juni 1817.

Te saxa loquentor! Ja, von dir sollen die Steine reden, wenn es etwa die später lebenden Geschlechter nicht mehr tun sollten! Hier in diesem Häuschen erblickte der berühmteste Geologe aller Zeiten das Licht der Welt, umgeben von sonderbaren Naturgebilden, die schon in frühester Jugend den beweglichen Sinn des Kindes für die Wunder der Natur schärften. Sein Vater, Abraham David Werner, ein bibelfrommer Mann, war 1708 in Ludwigsstadt geboren und bei der Geburt seines Sohnes Inspektor der Gräfl. zu Solmschen Eisenhüttenwerke zu Wehrau und Lorenzdorf. Seine Mutter, eine geborene Schilling, stammte aus dem nahen schlesischen Städtchen Bunzlau; dort kommt einer ihrer Vorfahren, Niclas Schilling, schon 1432 als Pächter einer Bobermühle vor.

Die Familie Werner war ins dritte Jahrhundert dem praktischen Hüttenwesen ergeben. Zu Anfang des 16. Jahrhunderts besaß ein Johann Christoph Werner ein Eisenhüttenwerk bei Weida, das sich durch mehrere Generationen vererbte. Werner selbst spielte schon als kleines Kind sehr verständig mit Mineralien und besaß, von seinem Vater darin gern untestützt, eine recht artige Sammlung von glitzernden Steinen. Der erste Lehrer des Kindes war der Predigtamtskandidat Andreas Rothe aus Lissa bei Görlitz, der seit 1739 als Geistlicher in dem nahen Thommendorf beschäftigt war; Rothe ist als Dichter des schönen Kirchenliedes „ich habe nun den Grund gefunden“ in evangelischen Kreisen bekannt. Der Knabe Werner kam in seinem neunten Lebensjahre auf das Bunzlauer Waisenhaus, wo er bis zu seiner Konfirmation im Jahre 1764 verblieb. Trotz dieser Erziehung war er zwar sein Leben lang ein kindlich frommer, aber keineswegs strenggläubiger Mann, was ihm sein Biograph, der Prediger und Seminardirektor Christian Samuel Weiß, in Freiberg, sein intimster Freund, in seiner 1825 erschienenen Lebensbeschreibung ein wenig übelnimmt. Nachdem Werner die Schule verlassen hatte, kehrte er in das damals zu Sachsen gehörende Wehrau zurück. Sein Vater beschäftigte ihn mit der ziemlich eintönigen Arbeit eines Hüttenschreibers. Diese hatte für ihn aber den Vorteil, daß er seine gewaltige Anlage für Ordnen und Registrieren aufs beste ausbildete.

Nach einem hübschen Pastellbilde, das ihn als Jüngling darstellt, war er ein hübscher Mann, mittlerer Natur, von zarter Gesichtsfarbe und flachsgelbem Haarwuchs.

Das Schönste an ihm waren aber seine hellen, blauen Augen, aus denen hohe Geisteskraft und Menschenfreundlichkeit strahlte.

Mit 18 begann er etwas zu kränkeln. Es wurde eine Kur in Karlsbad nötig, das er sehr lieb gewann und in seinem späteren Leben, auch zu Studienzwecken, an dreißigmal aufsuchte. Die Reise führte über Freiberg, wo zwei Jahre vorher unter dem Berghauptmann Pabst von Ohain als Kurator eine Bergakademie errichtet worden war. Ein kurzer Aufenthalt in Freiberg, verbunden mit genauer Besichtigung der Berganlagen, war für das weitere Leben Werners bestimmend. Er beschloß sofort, Bergmann zu werden.

Die Fachleute, die den jungen Mann unterstützten, konnten sich nicht genug über dessen bedeutende, offen zutage tretende Begabung für dieses edle Fach wundern.

Werner bezog 1769 die Akademie. Hier wurden damals alle Studienfächer nur schulmäßig, rein praktisch behandelt; von einer Bergwissenschaft war noch kaum die Rede. Der junge Eleve arbeitete und forschte mit geradezu ungeheurem Fleiße, so daß Herr von Ohain bald sein Gönner wurde.

Ohain war im Besitze einer weitberühmten Mineraliensammlung, die unserm Werner als Grund seines Studiums diente. Er lieferte auch später, 1791/92, eine tüchtige, wissenschaftliche Beschreibung derselben. Aber bereits auf der Akademie muß er sich durch wissenschaftliche und schriftstellerische Leitungen hervorgetan haben, denn schon 1770 ernannte die Leipziger Ökonomische Gesellschaft den 20 Jahre alten Bergschüler zu ihrem Ehrenmitgliede!

Auf der hohen Schule studierte er neben Mineralogie und Bergwesen höchst eifrig mehrere fremde Sprachen, als wenn er vorausgeahnt hätte, daß er dereinst Schüler aus allen Teilen der Erde heranzubilden haben würde. Sogar Schwedisch erlernte er, um ein wissenschaftliches Werk in dieser Sprache übersetzen zu können. Da er sich als Lausitzer fühlte, blieb ihm auch die wendische Sprache nicht fremd.

An den langen Abenden vergnügte er sich auch mit deutscher Literatur. Anstatt sich an Vegnügungen und Gelagen zu beteiligen, las er als junger Bergschüler seiner alten intelligenten Quartierwirtin die Meisterwerke der Dichtkunst vor.

Einen solchen Schüler hätte von Ohain am liebsten gleich als Lehrer auf der Akademie behalten. Dessen Streben ging aber höher. Er bezog 1771 die Universität Leipzig, wo er die zwei ersten Jahre jura et cameralia hörte. Schon 1774 veröffentlichte er sein allgemeines aufsehenerregendes Erstlingswerk über die äußeren Kennzeichen der Fossilien. Er schuf darin als erster eine mineralogische Kunstsprache, indem er Bezeichnungen suchte und fand, die kurzerhand zur Förderung der internationalen Wissenschaft in fremde Kultursprachen übernommen werden konnten.

Er stellte auch die Forderung auf, daß ein Mineraloge seine Objekte ohne anderweitige Untersuchung allein schon durch die äußeren Merkmale unterscheiden können müsse. Darin hatte er es selbst freilich zu einer erstaunlichen Fertigkeit gebracht. Einmal geriet er in Halle in eine Versammlung von Naturforschern, die eine Menge Stücke Bernstein vor sich liegen hatten und sich baß wunderten, daß eines dieser Stückchen nicht elektrisch reagierten wollten. Werner trat dazu, nahm das Stück nur in die Hand und sagte: „Weil es gelber Chaledon ist!“

Er hatte es an der Kühle und an der größeren Schwere sofort erkannt. Nach dem große Erfolge der erwähnten Schrift konnte es nicht ausbleiben, daß ihn Ohain nunmehr an die Akademie zog. Im Jahre 1775 wurde er an dieser Inspektor und Lehrer der Mineralogie mit einem Jahresgehalt von 300 Taler. Von 1779 ab hielt er Vorlesungen über die Gebirgslehre, für die er 1785 die Bezeichnung „Geognosie“ erfand. Unter Oryktognosie (von dem griechischen orüsso = ich grabe) verstand er die Lehre von den Fossilien.

Goethe sagte über Werner: „Sein Oryktognosie ist mehr als eine Kunst, als eine Wissenschaft; sie wird von ihm mehr nach einem feinen Takte geübt, als durch Belehrung auf andere übertragen.“

Seine blendende Lehrmethode und seine persönliche Hingabe für seine Anhänger und Schüler, die er,  der Unverheiratete, ihnen ständig entgegenbrachte, zogen der Akademie Schüler aus aller Welt zu. Auch der Dichter Theodor Körner und seit 1797 Novalis (Friedrich v. Hardenberg) zählten zu diesen.

Natürlich fehlte es ihm nicht an Neidern und Kritikern. Ein sonst wenig bekannter Franzose Chenevix behauptete, in einer Vorlesung von Werner die Worte gehört zu haben, um des Studiums der Mineralogie halber wäre die Erschaffung der Erde und dann die des Menschen nötig gewesen. Der gute Mann hat, wenn die Äußerung gefallen ist, diesen Professorenscherz eben nicht verstanden.

Werner begann nach etwa fünfjähriger Tätigkeit, in Freiberg seine Mineraliensammmlung auszubauen. Sie wurde so umfangreich, daß er die auf 60000 Taler geschätzte schließlich der Akademie für 40000 Taler überließ, wovon er sich aber nur ein Angeld von 7000 Taler ausbat. Der Rest sollte teilweise seiner Schwester, verw. Pastor Christianie Sofie in Hirschberg i. R. zufallen, dann aber auch der Akademie. Mit Doppelstücken war er freigiebig. Solche erhielten z. B. die Gymnasien in Görlitz und Bautzen. Bezüglich der Gebirgsbildung verfocht er den Neptunismus, d. h. die Bildung durch Wasser. Die Gegner, die Plutonisten, die besonders für den Basalt die Einwirkung des Feuers voraussetzten, waren die Stärkeren.

Als er am 10. März 1792 Bergkommissionsrat und Mitglied des Oberbergamts Freiberg geworden war, mußte er wegen der nunmehr auf ihm lastenden umfassenden bergmännischen Organisationsarbeit eine literarische Tätigkeit erheblich einschränken. 1799 wurde er Königlicher Bergrat.

Werner stand im Zenit seines Ruhms. Einer seiner Schüler, Jameson, gründete in Edinburg eine Wernerian Natural History Society. Der europäische Spaziergänger Seume erhielt in Finnland ein besonders schönes Stück Rosenquarz n den Tornister gesteckt und überbrachte es persönlich nach Freiberg. Ja, aus Amerika sandte ein früherer Schüler von ihm, als seine Schmeichelei, einen Brief an ihn ab, der nur die berühmte Adresse trug: „An Werner in Europa“ und trotzdem postalisch richtig zugestellt wurde, ein Beweis seiner internationalen Popularität. Eine Schrulle des großen Mannes war, auf Briefe, die ihm eine Ehrung meldeten, nicht zu antworten. Privatbriefe waren ihm gar zuwider. Deshalb sandte seine Schwester, die diese seine Schreibunlust kannte, ihm einmal wegen einer notwendigen Anfrage einen besonderen Boten nach Freiberg. Werner empfing den Boten sehr freundlich, hielt ihn aber acht Wochen hin und beherbergte ihn solange im Gasthotel.

1817 wurde Werner schwer krank. Die Krankheit hatte ihn in Dresden festgehalten. In seinem Testament vermachte er seinen literarischen Nachlaß und seine übrigen Sammlungen von Büchern, Münzen usw. der Bergakademie. Am 30. Jui 1817 endete sein reich gesegnetes Leben.

Die Kosten der Beerdigung trug auf Befehl des Königs der Staat. In der Nacht vom 2. zum 3. Juli wurde seine Leiche auf einem sechsspännigen Wagen unter fürstlichen Ehrungen nach Freiberg übergeführt. An der Stelle in der Nähe von Dresden, wo die Freiberger Abordnung den Leichenkondukt übernahm, und wo später ein Denkmal mit der Inschrift „Werners Ruh“ errichtet worden ist, wurde noch eine würdige Gedenkfeier gehalten. Einer seiner Freunde, Hofrat C. A. Böttiger, hielt dort eine ergreifende Rede, die in Dresden 1817 im Druck erschienen ist. Werners Leichnam wurde im Dom in Freiberg, im Kreuzgange, unweit des Grabes des Berghauptmanns von Ohain bestattet. Seine Schwester hat dort 1823 eine einfache Gedenktafel anbringen lassen.

Noch im Jahre 1816 war unter Mitwirkung von Werner selbst in Dresden eine Gesellschaft für Mineralogie gegründet worden. Dem ersten Bande ihrer Veröffentlichungen ist ein Bild Werners, ein Stich von Fr. Fleischmann, vorgeheftet, der als Geburtsjahr Werners im Gegensatz zu der Biographie von Chr. S. Weiß und der Wehrauer Tafel 1749 angibt, nicht 1750. Natürlich ist er auch sonst oft gemalt und gezeichnet worden. Meißen fertigte Porzellanbüsten von ihm, die Königliche Hütte in Gleiwitz solche aus Gußeisen. In Freiberg besitzt er eine Büste auf einem Postamente.

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