Aus dem Journal des Vorstands Dezember 2024
Auch vom Chronisten der Bundesheimatgruppe Bunzlau Ihnen, liebe Besucher unseres Internet-Aufrtritts, herzliche Grüße zur Adventszeit und zum bevorstehenden Weihnachtsfest, verbunden mit zwei Ansichtskarten aus dem winterlichen Bunzlau.
Das Bild des Ausflugslokals Schweizerhaus, es hat den Krieg leider nicht überstanden, führt uns in die Welt der Vergangenheit. Die Leute vor dem Haus fegen da noch mit Reisigbesen den Schnee weg. Ganz anders die moderne polnische Grußkarte mit dem lustigen weihnachtlichen Motiv! Da ist anscheinend gerade der Nikolaus mit dem „Flieger“ auf dem Marktplatz gelandet. Ja, so ändern sich die Zeiten, überall, nicht nur in Bunzlau, auch bei uns, wie wir täglich erleben. Uns Älteren bleibt die Aufgabe, inmitten des bunten, lauten Spektakels der heutigen Zeit den Blick zu wahren und zu lenken auf das Ganze des Lebens, auf das Hier und das Dort, auf die Gegenwart und die Vergangenheit.
In diesem Sinne besuchten Peter Börner und Ferdinand Idasiak eine eindrucksvolle Veranstaltung zum Volkstrauertag auf dem Soldatenfriedhof Ittenbach im Siebengebirge.
Dort sind einige hundert oft noch ganz junge Soldaten beigesetzt. Die schlichten Steinkreuze auf dem Gräberfeld mit dem Namen der Gefallenen mahnen, sie nicht zu vergessen, und die Veranstaltungsredner forderten intensive Bemühungen um den Frieden – auch im eigenen Leben! – statt immer neuer Waffenlieferungen in die Kriegsgebiete der Ukraine und im Nahen Osten.
Jochem Birk, einer der zuverlässigsten Mitarbeiter der Heimatgruppe, hatte als „Spitteler“ noch das alte deutsche Bunzlau erlebt und den II. Weltkrieg und das Ende des deutschen Schlesiens, und er war wie Millionen anderer tatkräftig am Wiederaufbau beteiligt. Am 16. November konnte er bei erstaunlich guter Gesundheit das 95. Lebensjahr vollenden. Peter Börner und Norbert Roth fuhren nach Köln, um ihm persönlich zu gratulieren. Dabei erzählte er heitere und ernste Episoden aus seinem Leben und übergab uns die restlichen der von ihm ausgewerteten Karteikarten der Personenkartei der Heimatgruppe. Sie werden künftig die Bunzlau-Akten Im Archiv des Rhein-Sieg-Kreises ergänzen und eine nützliche Quelle für Familienforscher sein. Bei Archivar Kay Harms sind sie in guten Händen. Vor kurzem hat er einen Bericht über die hoffnungsvollen Anfänge der Kreispartnerschaft mit dem polnischen Kreis Bunzlau verfasst, den Herr Theisen gern abdruckt.
Die meisten Kontakte mit der Schar verbliebener Heimatfreunde laufen telefonisch oder über E-Mail. Als wir kürzlich mit Barbara Winde in Delmenhorst telefonierten und über die Werbeanzeigen Bunzlauer Firmen in einem alten „Hausbuch für die deutsche Familie“ sprachen, fiel ihr zur Annonce der Firma Lassmann & Brunke prompt ein lustiger Spruch von damals ein: „Lass mich und brumm nicht!“
Das „Hausbuch“ mit den Werbeseiten wurde Anfang der Dreißiger Jahre frisch vermählten Bunzlauer Paaren vom Standesbeamten überreicht. Wir erhielten es von Dr. Werner Hilbig in Petershausen bei München. Seine Eltern hatten 1932 in Bunzlau geheiratet und wohnten auf der Schloss-Straße. Die Mutter, eine geb. Elly Schacht, stammte aus Kittlitztreben. Werner Hilbig wurde 1935 in Lauban geboren. Die Familie verschlug es nach dem Krieg in den Kreis Merseburg. Schon 1963 reiste er mit dem Fahrrad durch Schlesien. Er forschte und lehrte lange als Botaniker an der Universität Halle, erforschte u.a. die Flora der Mongolei und ist Mitherausgeber des Bestimmungsbuchs der Pflanzengesellschaften Deutschlands. Kurz: Ein Schlesier, auf den wir stolz sein können und dem die Heimatgruppe durch die Zusendung des „Hausbuchs“ wertvolle Dokumente zum Bunzlauer Wirtschaftsleben verdankt. Wir werden weitere Annoncen daraus veröffentlichen.
Ein anderer Anruf mit Folgen kam aus Leipzig von Jochen Fiedler. Er wurde 1936 in Bunzlau geboren als Sohn von Herta Fiedler, geb. Perchner aus Tillendorf, und des Bäckers Kurt Fiedler. Er wollte von uns wissen, ab wann wieder Züge über den Viadukt rollen konnten (Es heißt ab 1948) und wer für die Verwüstung Bunzlaus n a c h der Eroberung durch die Rote Armee verantwortlich war. Das wurde eines der Themen unserer letzten Video-Konferenz.
Am 11. Februar 1945 floh die Mutter mit dem kleinen Jochen vor der herannahenden Front.
Unmittelbar nach Kriegsende kehrten sie unter abenteuerlichen Umständen nach Bunzlau zurück und lebten dort bis zur Ausweisung im Frühjahr 1947. Ab der dritten Klasse besuchte Jochen Fiedler die Schule in Görlitz.
Anlässlich seiner Bunzlau-Reise im Jahr 2021 verfasste er eine professionell gestaltete Schilderung seiner „Bunzlauer Kindheit 1945 -1947“. Wikipedia verrät uns: Er war einer der führenden Graphiker-Designer der DDR. https://de.wikipedia.org/wiki/Jochen_Fiedler.
Wieder eine dieser berührenden Schilderungen aus der Zeit von Flucht und Vertreibung und Neubeginn! Gern würden wir künftig mehr daraus berichten.