Carl Menzel & Söhne:
Glasfabrik „Carlswerk“ Bunzlau in Schlesien
Das deutsche Eisenbahnwesen der Gegenwart. 1923
Im Jahre 1897 wurde die Firma Carl Menzel & Söhne in Lommatzsch von dem nachmaligen Kommerzienrat Carl Menzel und seinen Söhnen gegründet. Das Werk umfaßte seinerzeit zwei Schmelzöfen und einen Streckofen.
Herr Kommerzienrat Carl Menzel wurde im Jahre 1844 im Kreise Sorau geboren. Er entstammt dem Glashüttengebiet und hat von seinem 14. Jahre an sämtliche Arbeiten der Tafelglasindustrie praktisch durchgemacht, bis er im Alter von 30 Jahren leitender Beamter wurde.
Die gründliche Kenntnis der Praxis setzte ihn instand, in Lommatzsch eine Spezialität aufzunehmen, nämlich Glas für photographische Trockenplatten, die bisher nahezu ausschließlich aus dem Ausland, in der Hauptsache aus England und Belgien bezogen wurden. Herrn Kommerzienrat Menzel gelang es in kurzer Zeit, das gesamte Absatzgebiet für Trockenplattenglas in Deutschland, dank der Vorzüglichkeit seines Glases, zu erringen und festzuhalten. An dem schweren Konkurrenzkampf gegen das Ausland beteiligte sich vor dem Kriege keine der anderen deutschen Hütten im wesentlichem Umfange. Nachdem der deutsche Markt ausreichend mit Glas versorgt war, gelang es der Firma Carl Menzel & Söhne vor dem Kriege auch mit dem Ausland in Verbindung zu treten. Es wurden namhafte Lieferungen nach England gemacht, obwohl dortselbst hervorragendes Qualitätsglas hergestellt wird.
Auch nach Amerika, Italien und Österreich wurden große Lieferungen gemacht. Seit Kriegsbeginn, seitdem in Deutschland Mangel an hochwertigem Glas herrscht, ist die gesamte Produktion dem deutschen Markt zur Verfügung gestellt worden.
Die Werke in Lommatzsch sind im Laufe der Zeit auf drei Schmelzöfen und zwei Strecköfen vergrößert worden. Ferner übernahm die Firma Carl Menzel & Söhne im Jahre 1902 die Bunzlauer Glasfabrik „Carlswerk“, die seinerzeit aus zwei Schmelzöfen und einem Streckofen bestand. Auch diese Hütte wurde bis zu Kriegsausbruch erheblich vergrößert und umfaßte im Jahre 1914 vier Schmelzöfen und zwei Strecköfen.
Im Jahre 1908 gründete Herr Emil Menzel in Riesa die Riesaer Tafelglas-hüttenwerke Emil Menzel, Riesa, bestehend aus zwei Schmelzöfen und einem Streckofen, die auch im Laufe der Jahre auf drei Schmelzöfen und zwei Strecköfen vergrößert wurden.
Der Menzelkonzern hat sich durch seine intensive Arbeit vor dem Kriege und durch Erwerb des deutschen Absatzgebietes das Verdienst erworben, Deutschland im Kriege vom Auslande unabhängig gemacht zu haben.
Mit dem Glas des Menzelkonzerns konnten im Kriege die Lazarette mit Röntgenplatten zur Durchleuchtung und Pflege verwundeter und die Heeresverwaltung mit Trockenplatten für Aufnahmen der Luftflotte versehen werden.
Nächst Herrn Kommerzienrat Menzel, der die Leitung des Gesamtkonzerns innehat, liegt die technische Leitung des Lommatzscher Carlswerkes in den Händen des Herrn Richard Menzel, die kaufmännische Leitung in den Händen der Schwiegersöhne des Herrn Kommerzienrat Menzel, der Herren Paul Thieme und Carl Günther, Lommatzsch. Die Leitung des Bunzlauer Carlswerkes führte bis zum Kriegsausbruch Herr Hugo Menzel, von dieser Zeit ab mit ihm gemeinsam Herr Fritz Menzel. Die kaufmännische Leitung des Carlswerkes in Bunzlau hat Herr Otto Becker inne, der ebenfalls der Schwiegersohn des Herrn Menzel sen. ist. Die Riesaer Tafelglashüttenwerke werden von Herrn Emil Menzel, seinen Söhnen und Schwiegersöhnen geleitet.
Im Frühjahr des Jahres 1922 zweigte sich im Einverständnis mit den Inhabern der Carlswerke Herr Hugo Menzel ab und baute in Bunzlau die Glasfabrik „Minnahütte“, die aus einem Schmelzofen und einem Streckofen besteht. Der Schmelzofen ist so eingerichtet, daß er die Leistung von zwei Schmelzöfen erreicht. Sämtliche Werke haben für die notwendige Anzahl Werkswohnungen für Facharbeiter gesorgt, die sich in unmittelbarer Nähe der Hütten befinden. Nach Inbetriebnahme der „Minnahütte“ im Monat September d. Js. umfaßt der Menzelkonzern 11 Schmelzöfen und 7 Strecköfen, mit 93 Stellen für Glas-machermeister. Insgesamt werden beschäftigt 730 Beamte, sowie Fach- und Hilfsarbeiter.
Wir Schlesier! Halbmonatsschrift für schlesisches Wesen und schlesische Dichtung. Verlag von L. Heege Schweidnitz. 2. Jahrgang 1922
Die Bunzlauer Glasfabrik „Carlswerk“ wurde im Jahre 1867 durch den Kaufmann Wilhelm Nitschke aus Bunzlau unter dem Namen „Christinenhütte“ gegründet. Herr Nitschke hatte Bunzlau gewählt, weil ihm diese Stadt für das Gedeihen der Glasindustrie besonders geeignet erschien, zumal die Rohstoffe in nicht zu großer Entfernung erreichbar waren. Das Werk bestand zunächst aus zwei Öfen, einem für Hohlglas und einem für Tafelglas und einer Schleiferei mit Dampfmaschine. Es nahm etwa 10000 Quadratmeter Flächenraum ein und beschäftigte ungefähr 80 Arbeiter und Beamte.
Doch ruhte auf dem jungen Unternehmen kein Segen, weil kein fachkundiger Leiter vorhanden war. Keiner der Aktionäre war mit den für die Glasindustrie erforderlichen Kenntnissen vertraut. Deshalb sahen sie sich genötigt, das Werk an die Gebrüder Hirsch aus Klitschdorf zu verpachten. Auch diese konnten es nicht vorwärts bringen und gaben es nach kurzer Zeit den Aktionäre wieder zurück. Ein geeigneter Leiter war immer noch nicht zu finden, und das Unternehmen verfiel dem Konkurs.
Es kam in die Hände des Herrn Lippert und seines Sohnes Oswald. Unter ihrer Leitung wurde zum ersten Male in der Glashütte ersprießlich gearbeitet; denn die beiden Inhaber verstanden die Technik. Nachdem sie das Werk zur Blüte gebracht hatten, verkauften sie es den Herren Breuer und Scharfenberg, die zwar tüchtige Kaufleute waren, aber das Gebiet der Glasfabrikation fachmännisch nicht beherrschten. Die Folgen dieses Wechsels in der Leitung konnten nicht ausbleiben. Solange noch der gute Geist der Herren Lippert nachwirkte, wickelte sich der Betrieb glatt ab. Als aber die neuen Besitzer den alten Stamm von Beamten entließen und neue heranzogen, ging das Werk unaufhaltsam zurück und kam 1901 zum zweiten Male in Konkurs.
Der Konkursverwalter hatte den klugen Gedanken, einem früheren Beamten des Werkes aus seiner Blütezeit, der sich inzwischen ein eigenes Glaswerk gebaut hatte, die „Christinenhütte“ zum Verkauf anzubieten. Es war dies der Herr Carl Menzel in Lommatzsch, ein Mann, der sozusagen „von der Picke auf gedient hatte“. Als Sohn armer Eltern geboren, ging er mit 14 Jahren völlig mittellos in die Lehre. in harter, arbeitsreicher Lehrzeit lernte er sämtliche Arbeiten, die in der Glasindustrie vorkommen, von Grund aus kennen und führte sie jahrelang selbst aus. Dank seines Fleißes, seines Geschicks und seiner technischen Anlage arbeitete er sich zum technischen Beamten empor. Besonders genoß er in Fachkreisen einen guten Ruf als Ofenkonstrukteur. Als er aus der „Christinenhütte“ schied, war sein fester Entschluß gefaßt, sich selbständig zu machen und sich eine Glashütte ganz nach seinen eigenen Ideen zu bauen. Er ging nach Lommatzsch in Sachsen, wo er seinen Plan verwirklichte, indem er dort eine ganz moderne Glashütte errichtete, die schon nach kurzer Zeit in Fach- und Geschäftskreisen gebührende Beachtung fand. Auch die sächsische Regierung wurde auf sein Unternehmen aufmerksam. Der frühere König von Sachsen besuchte Menzels Glashütte in Lommatzsch und ernannte den erfolgreichen Inhaber unter hohen Ordensauszeichnungen zum Königlichen Kommerzienrat.
Der tatkräftige Leiter des Bunzlauer Glaswerkes ging sofort an die völlige Umgestaltung des Betriebes: sämtliche Öfen wurden nach eigenem System umgebaut, eine andere, in langjähriger Praxis erprobte Arbeitsmethode wurde eingeführt, durch Einbau von Ventilatoren, die für die Zufuhr kühler und frischer Luft sorgten, wurden günstigere Arbeitsbedingungen geschaffen, eine Spezialfabrikation, Anfertigung von Trockenplatten, wurde in den Betrieb aufgenommen. Herr Menzel und seine Söhne vergrößerten das Werk unausgesetzt, sodaß es vor Kriegsausbruch mit vier Schmelz- und zwei Strecköfen arbeitete und 165 Arbeiter und Beamte beschäftigte.
Das „Carlswerk“ hat das Verdienst, in der Herstellung von Trockenplattenglas Deutschland vom Auslande unabhängig gemacht zu haben. Es war bis Kriegsausbruch die einzige Glashütte in unserem Vaterlande, die diesen Artikel verfertigte, der für unsere Kriegsführung unentbehrlich wurde; denn zu Röntgenplatten für die Lazarette und zu Fliegerplatten für die Luftflotte fand er Verwendung. Und jetzt sind die Trockenplatten ein wichtiges Handelsobjekt zur Beschaffung von Lebensmitteln im Auslande und zur Hebung unserer Valuta. Das „Carlswerk“ lieferte bis zum Kriege jährlich etwa 500000 Quadratmeter Trockenplattenglas.
Seitdem hat sich die Trockenplattenindustrie in Deutschland sehr gehoben, besonders dank der Strecköfen, einer Erfindung Menzels, wodurch die Güte des Glases hervorragend beeinflußt wird. Gegenwärtig werden neue Schmelzöfen von Menzel konstruiert, erprobt, die eine bedeutende Verbesserung darstellen, sowohl bezüglich der Arbeit als auch des Erzeugnisses.
Das Werk ist mit Wasserleitung, Kanalisation und elektrischem Licht ausgestattet.
Eine ganz moderne Badeeinrichtung mit stets heißem Wasser, das ohne jede Bedienung unaufhörlich vom Glasofen zufließt, bietet den Arbeitern Tag und Nacht die Annehmlichkeit des Badens.
Zahlreiche große Flügelventilatoren sorgen für frische Luft in dem Schmelzraum. Vier große Wohnhäuser mit 40 gesunden Wohnungen stehen den Arbeitern zur Verfügung. Seit 18 Jahren leitet Kommerzienrat Menzel im Verein mit seinen Söhnen und Schwiegersöhnen das „Carlswerk“. Wenn es ihm gelang, ein hoffnungslos darniederliegendes Unter-nehmen zu solcher Blüte emporzuheben, so ist das eine Folge seines nie versagenden Fleißes und seiner entschiedenen Tatkraft; denn Arbeit ist des Bürgers Zierde, Segen ist der Mühe Preis“.
Die Schlesische Tafelglas-Industrie in Handbetrieb!
Schlesien – Bodenschätze und Industrie. 1936
Der einzige und letzte Betrieb in Schlesien, welcher mundgeblasenes Glas ausschließlich in Handarbeit herstellt, ist die Menzelhütte vorm. Carlswerk, Bunzlau.
Der Betrieb besteht schon seit fast 100 Jahren und befindet sich seit 35 Jahren im Familienbesitz der jetzigen Inhaber. Bei Übernahme wurde der Betrieb modernisiert durch Bau patentierter Öfen, und fabriziert seit dieser Zeit hochwertig Gläser als Hauptproduktion und Spezialität Glas für photographische Platten, (dieses Glas wurde durch diese Betriebe in Deutschland erstmalig fabriziert und eingeführt), sowie andere photographische als auch mikroskopische Zwecke; als besondere Spezialität große Glaskugeln (etwa einen Meter Durchmesser) als Rohglas für Rasierspiegel, Auto-Rücklichtspiegel und Uhrengläser. In den letzten Jahren fabriziert diese Firma wider wesentliche Mengen Fensterglas. Von jeher führend sind die in der Menzelhütte erzeugten Tafelgläser, qualitativ erstklassig. Das von ihr erzeugte Fensterglas kann mit dem neuerdings erzeugten Maschinenglas ohne weiteres konkurrieren, ja es besitzt dem letzteren gegenüber gewisse Vorzüge, denn es hat nicht die bekannten Ziehstreifen des Maschinenglas und ist auf Grund der chemischen Zusammensetzung unbegrenzt haltbar gegen Witterungseinflüsse und widerstandsfähiger gegen Verletzung der Oberfläche. Die Menzelhütte konnte ihren Betrieb im November 1934 durch Hinzubau eines Ofens um etwa 40 v. H. erweitern und prozentual die Arbeiterzahl erhöhen. Der Betrieb verwendet ausschließlich inländische Rohmaterialien und beliefert zum größten Teil das Inland, hat jedoch auch Export nach verschiedenen Ländern. Bunzlau hat auf Grund seiner Glasindustrie die einzige in Schlesien bestehende Glasfachschule der keramischen Fachschule angegliedert. Durch Einführung des Maschinenglases, welches qualitativ wohl besser ist als früheres minderwertigeres mundgeblasenes Glas, wird der Handarbeit nicht mehr die wünschenswerte Beachtung geschenkt. Die Erzeugnisse der Menzelhütte jedoch, welche von jeher durch ihre Spezialfabrikation auf Qualitätsarbeit eingestellt ist, werden besonders von der heimischen Verbraucherschaft gern verwendet, und ist zu hoffen, daß dieser handarbeitende Betrieb noch recht lange der schweren Konkurrenz der Maschinen standhalten wird.
Glasindustrie
Karl Bessrich: Bunzlau – Eine wirtschaftsgeographische Betrachtung. 1936 Volk und Reich Verlag/Berlin. Zur Wirtschaftsgeographie des deutschen Ostens. Untersuchungen und Darstellungen. Herausgegeben von Professor Dr. Walter Geisler-Breslau/Band 9
Typische Industrien der Heide sind Glas- und Eisenwerke. Freilich, die alten Grundlagen können einem modernen Betrieb nicht mehr genügen. Die Unternehmungen mußten ihre Bodenständigkeit teilweise aufgeben.
Die Quarzsande der diluvialen Decken und Dünen leiteten die Glasbläserei ein. Der Reichtum an Wald lieferte billiges Holzfeuer. Die Glashütte in Bunzlau, das Carlswerk, die einzige, die noch arbeitet, wurde im Jahre 1867 gegründet. Da die hiesigen Sande jetzt zu minderwertig, zu unrein sind, wird Glassand aus Hohenbocka (Niederlausitz) bezogen. Kalkspat kommt aus dem Erzgebirge. Als Kraftstoff werden Braunkohlenbriketts oder Rohbraunkohle aus Siegersdorf Ort verwendet, die qualitativ besser geeignet sind als die Niederlausitzer und wegen der nahen Entfernung auch frachtlich günstiger stehen.
Die Arbeiter, die aus der Lausitz, aus Sachsen und Bayern herangezogen worden sind, sind schon lange ansässig und erhalten keinen neuen Zuzug.
Sie leben größtenteils in Werkswohnungen. Diese Spezialarbeiter machen das Werk arbeitsständig.
Es werden Qualitätsgläser hergestellt nach dem Mundblasverfahren. Nur noch sehr wenig Glasfabriken in Deutschland gibt es, in denen der Mensch nicht durch die Maschine verdrängt worden ist.
Die Güte des Glases, das durch die Mundbläserei entsteht, wobei Empfinden und Können des einzelnen Bläsers aus-schlaggebend ist, kann durch keine rein maschinelle Herstellung erreicht werden. Dieses Qualitätsglas findet Verwendung für photographische Trockenplatten, mikros-kopische Gläser, Mattscheibenglas, Kugelglas für Vergrößerungs- und Verkleinerungszecke usw. Wegen Mangel an Aufträgen in diesen Spezialartikeln muß auch Fensterglas produziert werden.
Ein Ofen ist in Betrieb. Die Produktion beläuft sich durchschnittlich im Monat auf 25000 qm in einer Dick von 0,4 bis 6 mm. Das Carlswerk beschäftigt jetzt wieder 105 Arbeiter bei einer Kapazität von 190. Die Absatzgebiete sind dieselben geblieben, nur ist schwere tschechische Konkurrenz auf dem Absatzmarkt hinzugekommen. Fensterglas wird im Inland hauptsächlich in Niederschlesien verbraucht.
Die Sepzialartikel finden ihren Weg über ganz Deutschland; 10 – 15 % werden exportiert nach England, Frankreich, Holland, Schweiz, nach Ländern, die auf hoher Kulturstufe stehen.
In Bunzlau lieben 2 Glasfabriken still, die Amalien- und die Minnahütte. Diese beiden Fabriken konnten 70 bzw. 150 Arbeiter beschäftigen. Für die Minnahütte sind Bestrebungen im Gange, den Betrieb wieder aufzunehmen.
Im Jahre 1931 wurde an die keramische Fachschule eine Glasfachschule angebaut und angegliedert, was sich als sehr zweckmäßig für beide Schulen erwies. Die Glasfachschule spielt für die Glasindustrie eine ähnliche Rolle wie die keramische Schule für die Tonindustrie.