Die Bunzlauer Artilleriekaserne
Schmucke Gebäude mit hellen Räumen
Bunzlauer Stadtblatt. 1. Juli 1937
Wo vor fünfviertel Jahren noch die Saaten grünten, stehen heute stolz und mächtig die Bunzlauer Kasernen. Wir erinnern uns noch des ersten Spatenstiches und der Richtfeste, an denen Arbeiter und Handwerker mit den Architekten, Baumeistern und Ratsherren mit froher Musik durch die Stadt marschierten. Spätere Generationen werden einst das Volk bewundern, das nach einem verlorenen Kriege in wirtschaftlich schwerster Zeit dennoch die Mittel und Wege fand, seine Wehrmacht wieder stark zu machen und ihr helle und freundliche Unterkünfte zu schaffen, wie sie kaum ein zweites Volk aufzuweisen hat.
Unsere Artilleriekaserne ist heute von der I./Artillerie-Regiment 18 bezogen worden. Die Gesichter der jungen Soldaten haben gestrahlt, als sie die breiten sauberen Treppen betraten und über die schmucken, mit Steinfließen belegten Treppenflure in ihre geräumigen Stuben kamen, in denen alles zweckmäßig und behaglich eingerichtet ist. Jede Batterie ist in einem Block untergebracht, der Namen aus den Befreiungskriegen, wie Leipzig, Waterloo und Caub, trägt und auch an den Sieg des Großen Königs an der Katzbach erinnert. Jeden Eingang ziert ein Kopf eines Artilleristen aus jener Zeit.
Es ist vieles anders geworden in den Kasernen. Das Kohlen- und Wasserholen hat aufgehört. Die Heizung versieht eine riesige Heizungsanlage, die in einem Gebäude untergebracht ist und in ihren gewaltigen Ausmaßen an den Maschinenraum in einem großen Ozeandampfer erinnert. Zum Waschen stehen nicht mehr die bekannten braunen Näpfe mit den Wasserkannen in den einzelnen Stuben, sondern Soldat geht nach den Waschräumen und kann sich dort unter den Brausen einer gründlichen Reinigung unterziehen. Wem es zu Hause nicht beigebracht ist, der wird es hier lernen, sich richtig zu waschen und die Sauberkeit schätzen zu lernen.
Auch das Essenholen gibt es nicht mehr. In den alten Kasernen ging jeder Soldat mit seinem Napf und einigen anderen Behältern nach der Küche und verzehrte dann sein Essen auf der Stube. Darauf lief er wieder mit dem leeren Napf in den Hof, um unter der Druckpumpe sein Eßgeschirr zu waschen. Jetzt begibt er sich mittags in den Speisesaal, der etwa die Größe unseres Odeonsaales hat, und holt sich sein Essen am Küchenschalter ab. Wenn er an einem der langen Tische gegessen hat, gibt er das Geschirr in die Küche zur Reinigung zurück. Die geräumige Küche weist drei Dampfkessel, einen Herd und einen Fischbratofen auf.
Von hier aus wird außer dem Mannschaftsspeisesaal auch der Unteroffizierspeisesaal versorgt. Darüber befinden sich die Kantinenräume, die ebenfalls sehr hell und freundlich sind und mit den Wappen schlesischer Städte geziert sind.
Die einzelnen Gebäude stehen nicht kahl und nüchtern in Backstein da, sondern sind sämtlich verputzt und mit kunsthandwerklichen Arbeiten geschmückt. Am Wirtschaftsgebäude fallen große Darstellungen der Artillerie ins Auge. Wir sehen über dem Portal den Artilleristen zu Pferde und ein Geschütz im Augenblick des Abprotzens, und an den Seitenwänden umfangreiche Zifferblätter und Verzierungen, die durch ein besonderes Verfahren in den Fassadenputz eingelassen sind.
An zwei anderen Gebäude reichen lange, in Braun gehaltene Spruchbänder vom Gesims bis hinunter zum Haussockel. Bei gutem oder einigermaßen erträglichen Wetter werden der Fußdienst und das Geschützerxerzieren auf dem Kasernenhof abgehalten, der in ausreichender Größe vorhanden ist.
Bei Regen und Schnee wird eine Exerzierhalle benutzt werden, die mit ihre Glaswand an der einen Seite von weitem wie ein großes Palmenhaus auf einer Gartenausstellung wirkt. Auch die Reithallen und Pferdeställe sind hell und luftig gehalten. Zwischen de Reithallen und Ställen befinden sich die offenen Reitbahnen. Wer in die Kaserne hinein will, muß natürlich die Wache passieren. Eine Wachstube mit breiten Fenstern befindet sich am Haupteingang, der durch ein schmiedeeisernes Tor abgeschlossen ist. Neben der Wache sind die Arrestzellen untergebracht, mit denen hoffentlich die wenigsten unserer Soldaten Bekanntschaft machen.
Der Kasernenhof und Vorhof wurden in den letzen Tagen noch eifrig bearbeitet. Es soll nicht nur Sand darauf liegen, sondern es werden auch weite Grünflächen für den Sport geschaffen werden.
Die Soldaten sollen sich während ihrer Dienstzeit wohlfühlen und gesund werden an Leib und Seele. In einem gesunden Körper steckt auch ein gesunder Geist. Dieses Ziel gilt es anzustreben, und das wird mit Hilfe dieser vorbildlichen Einrichtungen, die unserer Artilleriekaserne aufweist, auch erreicht werden. Karl Wiechmann
Einzug der Artillerie in die Blücher-Kaserne
Konzert des Trompeterkorps – Jeder durfte die Kaserne besichtigen – Tausende beim Volksfest
Bunzlauer Stadtblatt. 2. Juli 1937
Nach den Veranstaltungen auf dem Marktplatz rückte gestern die Truppe mit Musik in die Blücherkaserne. Überall auf den Straßen standen dichte Menschenmauern; blumengeschmückt waren Soldaten, Pferde und sogar die Fahrzeuge. An den Kasernen hatten sich inzwischen zahlreiche Zuschauer eingefunden. Noch war das große eiserne Kasernentor mit grünen Girlanden geschmückt, verschlossen. Auf den beiden vorderen großen Gebäuden standen bereits Soldaten im Stahlhelm auf dem Dach am Fahnenmast, bereit, die Reichskriegsflagge bei der Kasernenübergabe zu hissen. Am Kaserneneingang stand bereits der Posten unter Gewehr.
Nach dem Anmarsch der Truppe begrüßte ein Vertreter des Heeresamts Görlitz die Truppe und die Gäste. Diplomingenieur Mauke von der Heeresbauleitung Bunzlau übergab dann der Heeresstandortverwaltung Bunzlau die Kasernenanlagen; dem Kommandeur der Truppe wurden die Schlüssel der Kaserne überreicht. Nach der inzwischen erfolgten Flaggenhissung marschierte dann die Truppe in ihr neues Heim ein, voran wieder das Trompeterkorps.
Jetzt konnten die vielen Volksgenossen, die auch hier in dichten Reihen, auf Zäunen und überall dem Akt der Kasernenübergabe bewohnten, in den Kasernenhof. Tausende von Menschen kamen nach den Kasernen und bestaunten die Pferdeställe, Schuppen, Reithallen usw., während die eigentlichen Mannschaftsgebäude vorerst noch nicht zur Besichtigung freigegeben werden konnte, weil sich die Truppe erst einrichten muß. Nachmittags spielte das Trompeterkorps auf dem Kasernenhofe. Unterdessen hatte sich auch auf dem Schützenplatz ein richtiges Volksfest entwickelt. Bei dem guten Wetter waren auch hier wieder Tausende von Volksgenossen zusammengekommen, zumal der Zustrom von den Dörfern und Ortschaften des Kreises nach der Stadt unverändert anhielt. Soviel Menschen wie gestern hat der Schützenplatz noch nicht gesehen. In den Abendstunden war stellenweise einfach nicht durchzukommen. Die Stadtverwaltung ließ auf dem Schützenplatz abends die Soldaten, die mit Musik von den Kasernen nach dem Schützenplatz marschiert kamen, mit Speise und Trank bewirten. Große Zelte und Gartensitzgelegenheiten und der ganze große Platz waren voll von Menschen. Besonders dicht umlagert war das Podium, auf dem das Trompeterkoprs unter Leitung von Obermusikdirektor Otto, Liegnitz, konzertierte. Jeder hatte hier seine Freude an den schneidigen Märschen, und immer wieder konnte man lebhafte Beifallskundgebungen hören.
Über den Lautsprecher wurden später einige schriftlich eingegangene Glückwünsche für die Truppe bekanntgegeben.
Und dann wurde getanzt. Mehrere Tanzdielen standen zur Verfügung; aber trotzdem ging es bei der großen Menschenfülle natürlich teilweise recht eng zu. Wo man hinsah, war fröhliches Treiben, auch an den Pasch- und Schießbuden, Karussells und der Luftschaukel. In den Bierzelten und den Wurstbuden herrschte ebenfalls großer Andrang. Überall konnte man bemerken, daß die Soldaten mit den Einwohnern – und nicht zumindest auch mit den Bunzlauer Mädels – bald gute Freundschaft geschlossen hatten. Die fröhliche Stimmung unter allen Besuchern ließ auch dann nicht nach, als gegen 10 Uhr ein Regenschauer niederging. Bis weit in die Nacht hinein hielt der Betrieb.
Ja, Bunzlau hat gestern ein wirkliches Volksfest erlebt; die so überaus zahlreiche Anteilnahme aller Bevölkerungsschichten von Stadt und Land beweist deutlich die herzliche Freude über das Einrücken der Truppe in ihren neuen Standort.
Erstveröffentlichung: Bunzlauer Stadtblatt. 1. Juli 1937
Erstveröffentlichung: Bunzlauer Stadtblatt. 2. Juli 1937
Verfasser beider Texte vermutlich Karl Wiechmann